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Energie für Kolonien im All Forscher entwickeln Mondstaub-Solarzelle

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Die grafische Darstellung zeigt ein Konzept für die Herstellung von Solarzellen auf dem Mond.

Die grafische Darstellung zeigt ein Konzept für die Herstellung von Solarzellen auf dem Mond.

(Foto: Sercan Özen)

Wissenschaftler finden eine Methode, um aus Mondstaub Solarzellen herzustellen. Das könnte die Transportkosten um 99 Prozent reduzieren und dadurch den Bau von Mondkolonien erleichtern. Zwar sind die Zellen nicht besonders effizient - doch sie haben einen anderen Vorteil.

Die Energieversorgung ist eine große Herausforderung bei zukünftigen Missionen zum Mond. In einer Studie, die in der Zeitschrift "Device" veröffentlicht wurde, hat ein Forscherteam von verschiedenen Forschungseinrichtungen in Deutschland Solarzellen aus simuliertem Mondstaub hergestellt. Die Zellen sollen das Sonnenlicht effizient in Energie umwandeln und gleichzeitig robust gegenüber Strahlungsschäden sein. Ziel ist es, die Menge an Material, die dafür in den Weltraum transportiert werden muss, erheblich zu verringern.

"Die Solarzellen, die derzeit im Weltraum eingesetzt werden, sind erstaunlich und erreichen Wirkungsgrade von 30 bis sogar 40 Prozent. Aber dieser Wirkungsgrad hat seinen Preis", sagte der leitende Forscher Felix Lang von der Universität Potsdam. "Sie sind sehr teuer und relativ schwer, weil sie mit Glas oder einer dicken Folie abgedeckt sind. Es ist schwer zu vertreten, all diese Zellen in den Weltraum zu befördern."

Glas aus Mondstaub

Anstatt Solarzellen von der Erde zu transportieren, sucht das Team um Lang nach Materialien, die auf dem Mond selbst verfügbar sind. Dadurch wollen sie das auf der Erde hergestellte Glas durch Glas aus Mondregolith ersetzen - so wird das lockere, staubige Oberflächenmaterial des Mondes genannt. Allein durch diese Änderung könnte die Startmasse eines Raumfahrzeugs um 99,4 Prozent reduziert und 99 Prozent der Transportkosten eingespart werden und langfristige Mondkolonien könnten realisierbarer werden.

Um die Idee zu testen, schmolz das Forscherteam eine Substanz, die Mondstaub simulieren soll, zu Mondglas und stellte daraus eine neue Art von Solarzelle her. Dabei wurde das Mondglas mit dem Mineral Perowskit kombiniert, einer Klasse von Kristallen, die billiger, einfacher herzustellen und sehr effizient bei der Umwandlung von Sonnenlicht in Elektrizität ist.

Die Rechnung der Forscher: Für jedes Gramm Material, das in den Weltraum geschickt wurde, produzierten die neuen Paneele bis zu 100-mal mehr Energie als herkömmliche Solarmodule. "Wenn man das Gewicht um 99 Prozent reduziert, braucht man keine hocheffizienten 30-Prozent-Solarzellen, sondern stellt einfach mehr davon auf dem Mond her", sagt Lang. "Außerdem sind unsere Zellen stabiler gegen Strahlung, während die anderen mit der Zeit an Leistung verlieren würden."

Robust gegen Weltraum-Strahlung

Als das Team die Solarzellen Strahlung wie im Weltraum aussetzte, übertrafen die Mondglasversionen die auf der Erde hergestellten Solarzellen bei der Haltbarkeit: Normales Glas wird im Weltraum mit der Zeit braun, blockiert das Sonnenlicht und verringert dadurch die Effizienz. Mondglas hingegen hat eine natürliche Brauntönung durch Verunreinigungen im Mondstaub. Diese stabilisiert das Glas, verhindert eine weitere Verdunkelung und macht die Solarzellen strahlungsbeständiger.

Die Herstellung von Mondglas ist, wie das Team herausfand, zudem überraschend einfach. Es sei keine komplexe Reinigung erforderlich, und konzentriertes Sonnenlicht allein könne die extremen Temperaturen erzeugen, die zum Schmelzen von Mondregolith zu Glas erforderlich sind, schreiben die Forscher. Durch die Anpassung der Dicke des Mondglases und die Feinabstimmung der Zusammensetzung der Solarzelle gelang es dem Team, einen Wirkungsgrad von 10 Prozent zu erreichen.

Experiment soll Gewissheit bringen

Der Mond birgt jedoch Herausforderungen, die es auf der Erde nicht gibt. Die geringere Schwerkraft könnte die Formung von Mondglas verändern. Zudem wirken die derzeit zur Verarbeitung von Perowskit verwendeten Lösungsmittel im Vakuum des Mondes nicht. Starke Temperaturschwankungen könnten außerdem die Stabilität der Materialien gefährden. Um herauszufinden, ob ihre Mondstaub-Solarzellen wirklich brauchbar sind, hofft das Team daher, ein kleines Experiment auf dem Mond durchführen zu können, um sie unter realen Mondbedingungen zu testen.

"Von der Gewinnung von Wasser als Brennstoff bis hin zum Bau von Häusern mit Mondziegeln haben Wissenschaftler Wege gefunden, Mondstaub zu nutzen", sagte Lang. "Jetzt können wir ihn auch in Solarzellen umwandeln und so möglicherweise die Energie liefern, die eine zukünftige Mondstadt benötigen wird."

Quelle: ntv.de, kst

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