Studie an Mäusen Forscher finden Ausschalter für Appetit im Gehirn
19.02.2025, 15:13 Uhr Artikel anhören
Neuronen sind spezialisierte Zellen im Nervensystem, die elektrische Signale übertragen und Informationen verarbeiten. Sie spielen eine entscheidende Rolle in der Kommunikation zwischen dem Gehirn und dem restlichen Körper.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
Neuer Durchbruch in der Adipositasforschung? Wissenschaftler der Columbia-Universität finden spezielle Neuronen im Gehirn von Mäusen, die das Essverhalten regulieren. Diese Zellen existieren wahrscheinlich auch beim Menschen und könnten zur Behandlung von Übergewicht genutzt werden.
Jeder kennt es: Wenn das Essen besonders gut schmeckt, ist es manchmal schwierig, damit aufzuhören. Da holt man sich Nachschlag, obwohl man längst satt ist. Doch irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem wirklich nichts mehr in den Magen geht. Aber woher weiß das Gehirn, wann der Körper genug hat - und wie reagiert es auf diese Information, um mit dem Essen aufzuhören?
Eine mögliche Antwort haben nun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Columbia-Universität im Gehirn von Mäusen gefunden. Dort entdeckten sie spezielle Neuronen, die die Tiere dazu bringen, mit dem Fressen aufzuhören. Da Menschen wahrscheinlich die gleichen Zellen besitzen, könnte man diese eines Tages so manipulieren, dass sie bei der Behandlung von Adipositas helfen, schreibt das US-Forschungsteam im Fachmagazin "Cell".
Für ihre Studie führte das Team eine Art molekulares Profiling durch, um zwischen verschiedenen Typen von Zellen im Gehirn von Mäusen zu unterscheiden. In einem Teil des Hirnstamms, der mit Funktionen wie Essen, Stimmung und Schlaf in Verbindung steht, wurden sie schließlich fündig: Dort entdeckten sie ein Neuron, das ein Hormon namens Cholecystokinin produziert, das bei der Regulierung des Appetits hilft.
Nun wollten die Forscher herausfinden, wann und wie diese Zellen funktionierten. Dafür analysierten sie die Zellaktivität, während die Mäuse ihrem Tagesablauf nachgingen. "Jedes Mal, wenn die Tiere einen Bissen Futter zu sich nahmen, stieg die Aktivität an und ließ dann wieder nach", erklärt Studienleiter Alexander Nectow von der Columbia University in einer Mitteilung. "Wir können zeigen, dass diese Neuronen unter anderem den Geruch, das Aussehen und den Geschmack von Nahrung sowie das Gefühl von Nahrung im Darm wahrnehmen können - und diese Informationen nutzen, um zu entscheiden, wann es genug ist."
Essen per "Knopfdruck" beenden?
Um zu sehen, wie die Neuronen das Fressen beeinflussen, wandten die Forscher eine Technik namens Optogenetik an, bei der die Neuronen so verändert werden, dass sie mit Licht ein- und ausgeschaltet werden können. Wenn die Neuronen durch das Licht aktiviert wurden, fraßen die Mäuse langsamer. Je intensiver die Aktivierung war, desto schneller verlangsamten die Tiere ihr Fressen und hörten schließlich ganz auf. "Interessanterweise signalisieren diese Neuronen nicht nur ein sofortiges Aufhören; sie helfen den Mäusen, ihr Fressen allmählich zu verlangsamen", resümiert Co-Autor Srikanta Chowdhury.
Die Forscher entdeckten außerdem, dass ein appetitanregendes Hormon die Neuronen ausschaltet und Medikamente gegen Fettleibigkeit und Diabetes wie Ozempic und Wegovy sie aktiviert. Dadurch konnten die Forscher kontrollieren, wie viel die Mäuse fraßen.
Ob das auch bei Menschen funktioniert, muss nun erforscht werden. Nectow und sein Team sind zuversichtlich: "Auch wenn wir es noch nicht bestätigt haben, würde ich vermuten, dass Menschen diese Neuronen ganz sicher haben." Sie sitzen in einem Teil des Gehirns, den es bei allen Säugetieren gibt. "Wenn diese Neuronen beim Menschen dieselbe Funktion haben, könnten wir sie theoretisch modulieren, um die Essgewohnheiten von Menschen mit Adipositas zu kontrollieren", sagt Nectow. Es sei vorstellbar, dass man so die Nahrungsaufnahme per "Knopfdruck" beenden könnte. Bis dahin brauche es aber noch viel Forschungsarbeit.
Quelle: ntv.de, hny