Mama, Papa, Spenderin Gesunde Babys mit DNA von drei Personen geboren


Bei dem neuen Verfahren handelt es sich um die sogenannte Mitochondrien-Ersatztherapie.
(Foto: picture alliance / Zoonar | Christoph Burgstedt)
Eltern wollen, dass ihre Kinder gesund sind. Doch was, wenn die Gefahr besteht, mit den Genen auch unheilbare Krankheiten zu übertragen? Fachleute in Großbritannien berichten von einem bahnbrechenden Ausweg.
Forschenden in Großbritannien ist es gelungen, mit einem neuen In-Vitro-Verfahren Babys vor schweren und unheilbaren Erbkrankheiten zu bewahren. Dabei handelt es sich um die sogenannte Mitochondrien-Spende. Mit dem auch als Mitochondrien-Ersatztherapie bezeichneten Verfahren seien bisher acht gesunde Babys entstanden, heißt es in der Mitteilung der Newcastle University. Dabei wurde Erbgut von drei Menschen miteinander kombiniert: die Eizelle der Mutter, Spermien des Vaters und die Eizelle einer gesunden Spenderin, aus der der Zellkern entfernt wird.
Der Hauptteil der Erbinformationen steckt im Zellkern der Zelle. Doch auch die Mitochondrien, die oftmals als Kraftwerke der Zellen bezeichnet werden, tragen eigene DNA. Obwohl diese lediglich 0,1 Prozent der gesamten Erbinformationen ausmacht, kann es bei Defekten der mitochondrialen DNA zu einer Reihe von schweren, unheilbaren und lebensgefährlichen Erkrankungen kommen - darunter Herzmuskel- und Lebererkrankungen oder Störungen des Stoffwechsels.
Jedes Jahr sei 1 von 5000 Neugeborenen davon betroffen, so die Fachleute. Obwohl Frauen und Männer gleichermaßen diesen mitochondrialen Gendefekt in sich tragen können, werden die Mutationen ausschließlich von Müttern an ihre Kinder weitergegeben.
Sehverlust und Herzprobleme
Das Team um Louise Hyslop und Robert McFarland vom Newcastle Fertility Centre hatte für ihre Forschung Frauen gesucht, bei denen diese Veränderungen im Erbgut der Mitochondrien festgestellt wurden. Einige der Frauen litten bereits zu Beginn der Studie unter den Symptomen einer mitochondrialen Erkrankung, darunter Sehverlust und Herzprobleme. Andere hatten erkrankte Familienmitglieder und waren selbst gefährdet, im Laufe ihres Lebens Symptome zu entwickeln und die Krankheit an die Nachkommen weiterzugeben.
Um das auszuschließen, befruchteten die Reproduktionsmediziner zunächst die Eizelle der zukünftigen Mutter mit dem Spermium des zukünftigen Vaters. In einem weiteren Schritt wurden die sogenannten Vorkerne, die daraus entstanden sind, aus der Eizelle entnommen und in die vorher entkernte Eizelle der gesunden Spenderin transferiert. Einige Tage danach wurde die so behandelte Eizelle in die Gebärmutter der Mutter verpflanzt.
Alle acht Babys, die mit dieser besonderen Mitochondrien-Ersatztherapie und künstlicher Befruchtung entstanden seien, zeigten nach 18 Monaten keine Anzeichen einer mitochondrialen DNA-Erkrankung, heißt es in der Mitteilung der Universität. Die Babys, vier Mädchen und vier Jungen, darunter ein Paar eineiiger Zwillinge, seien von sieben Frauen geboren worden. Die Entwicklung und Gesundheit der Kinder sollen bis zum fünften Lebensjahr weiter beobachtet werden. Auf diese Weise sollen mögliche Spätfolgen sowie Nebenwirkungen der neuen Methode erkannt werden.
Bahnbrechend für Betroffene
Eine Mutter, die sich über ihren gesunden kleinen Jungen freut, sagte laut Mitteilung: "Wir sind jetzt stolze Eltern eines gesunden Babys ... Die emotionale Belastung durch den Mitochondrien-Defekt ist verschwunden und an ihre Stelle treten Hoffnung, Freude und tiefe Dankbarkeit."
Bereits seit Jahrzehnten sind Forschende auf der Suche nach Behandlungsmöglichkeiten bei mitochondrialen Gendefekten. Schon in den 1980er Jahren wurden Mitochondrien-Spenden an Mäusen im Labor ausprobiert. Nachfolgende Studien an menschlichen Embryonen scheiterten aus verschiedenen Gründen. Erst nach einer umfassenden öffentlichen Debatte im Land, wissenschaftlicher und ethischer Prüfung konnte 2015 für Großbritannien gesetzlich die Mitochondrien-Spende und das Auswahlverfahren für deren Einsatz geregelt werden. Die aktuellen Ergebnisse wurden im "New England Journal of Medicine" veröffentlicht.
Was für Betroffene nun viel mehr als nur ein Hoffnungsschimmer ist, könnte aus medizinischer Sicht ein echter Durchbruch sein, wirft allerdings noch eine Reihe von verschiedenen Fragen auf. So ist bisher nicht geklärt, ob der Spenderin auch der Status als Elternteil zuerkannt werden sollte oder nicht.
In Deutschland ist die mitochondriale Ersatztherapie derzeit nicht erlaubt. Das deutsche Embryonenschutzgesetz verbietet gezielte Keimbahn-Eingriffe und die Mitochondrien-Spende wird dazugezählt.
Quelle: ntv.de