Von Entzündung bis Krebsrisiko Künstliche Wimpern können dem Auge massiv schaden
24.07.2024, 17:11 Uhr Artikel anhören
Viele Frauen sind mit ihren natürlichen Wimpern unzufrieden und greifen zu künstlichen - das hat oft Konsequenzen.
(Foto: picture alliance / dpa Themendienst)
Je länger und dichter, desto besser: Künstliche Wimpern liegen derzeit im Trend. Doch der Wunsch nach einem verführerischen Augenaufschlag birgt gesundheitliche Risiken. Nicht selten enden Wimpernverlängerungen mit roten geschwollenen Augen.
Lange, dichte Wimpern gelten als attraktiv und sexy - vor allem bei Frauen. Doch nicht jeder und jede ist von Natur aus mit einem voluminösen Augenaufschlag gesegnet. Daher liegen Wimpernverlängerungen voll im Trend. Fast jedes Kosmetikstudio bietet inzwischen sogenannte Lash Extensions an, Drogerien verkaufen Sets von "natürlich" bis "Schmetterling" und in sozialen Medien findet man unzählige Anleitungen, wie man die künstlichen Härchen am besten ums Auge drapiert. Doch Expertinnen und Experten warnen: Kunstwimpern bergen gesundheitliche Risiken.
In erster Linie dienen Wimpern nicht dem Aussehen, sondern erfüllen wichtige Funktionen. Das Auge ist stets Umwelteinflüssen ausgesetzt und damit eine Eintrittspforte für Bakterien und Viren. Wimpern, auch Zilien genannt, sind daher eine Art Schutzmauer. Sie verhindern, dass Erreger, Staubpartikel und andere Fremdkörper ins Auge gelangen, indem sie die Luft von der Oberfläche des Augapfels ableiten.
Dass einzelne Härchen hin und wieder ausfallen, ist vollkommen normal. Der Wachstumszyklus von Wimpern beträgt vier bis sechs Monate, die Lebensdauer 100 bis 150 Tage. Wimpern wachsen also ständig nach, aber vielleicht nicht ganz so üppig, wie manche Frau es gerne hätte. Daher greifen viele zu künstlichen Alternativen.
Allergien und Entzündungen
Wimpernverlängerungen können aus verschiedenen Materialien bestehen. So werden beispielsweise synthetische Fasern wie Nylon oder Kunststoff verwendet. Es gibt aber auch künstliche Wimpern aus natürlichen Fasern, wie etwa Seide oder Nerz. Letztere rufen zwar Tierschützer auf den Plan, doch weder das Tierhaar noch die anderen Materialien sind zunächst gesundheitsgefährdend. Problematisch wird es erst beim Anbringen. Dann dafür wird in der Regel Klebstoff verwendet.
Kleber könnten allergische Reaktionen auslösen, sagt Adam Taylor von der Lancaster University der Wissenschaftsplattform "The Conversation". "Aber auch wenn keine Allergie vorliegt, können die Chemikalien die empfindliche Augenpartie reizen - vor allem, wenn der Wimpernkleber in die Augen kommt." Winzige Mengen reichten dabei schon aus. Gerade bei selbst angebrachten Kunstwimpern sei somit größte Vorsicht geboten.
Einer Studie zufolge berichteten mehr als 60 Prozent der Frauen über Keratokonjunktivitis, nachdem sie Wimpernkleber in die Augen bekommen hatten. Keratokonjunktivitis ist eine Augenerkrankung, bei der sich sowohl die Hornhaut als auch die Bindehaut entzünden. Das Auge tränt, ist gerötet, reagiert empfindlich auf Licht und die Augenlider lassen sich nicht mehr richtig bewegen. In derselben Studie gaben zudem 40 Prozent der Frauen an, eine allergische Reaktion auf den Kleber beobachtet zu haben.
Formaldehyd im Kleber
Ein weiteres Gesundheitsrisiko sind die Inhaltsstoffe des Wimpernklebers. So werden verschiedene Konservierungsmittel verwendet, um das Produkt haltbar zu machen und das Wachstum von Bakterien und Pilzen zu verhindern. Eins davon ist Formaldehyd - eine giftige Substanz, die bei Hautkontakt Verätzungen auslösen und vermutlich genetische Defekte erzeugen kann.

Formaldehyd ist eine organische Verbindung, die man unter anderem als Nebenprodukt bei Verbrennungsprozessen, in Autoabgasen und im Tabakrauch findet.
(Foto: IMAGO/Pond5 Images)
Forschende der University of Minnesota haben 2022 in einer Studie 37 Wimpernkleber für Verbraucher und professionelle Anwender auf Formaldehyd getestet. Dabei kam heraus, dass 75 Prozent der 20 getesteten professionellen Kleber die gefährliche Chemikalie freisetzen und auch 4 der 17 Verbraucherkleber. Auf einigen Produkten, die Formaldehyd enthielten, war es demnach nicht einmal als Inhaltsstoff gelistet.
Konservierungsmittel im Klebstoff können laut Professor Taylor Bindehautentzündungen oder sogar Bindehauterosionen verursachen. Dabei löst sich die Zellschicht auf der Hornhautoberfläche, dem sogenannten Epithel, von der darunter liegenden Schicht. Dieser Zustand ist schmerzhaft und kann das Sehvermögen beeinträchtigen.
Die häufigste Komplikation bei Wimpernverlängerungen ist dem Experten zufolge jedoch die Blepharitis - eine Entzündung des Lidrandes. Dort befinden sich Talgdrüsen, die ein schützendes, fettiges Sekret absondern, welches das Auge vor der Ansammlung von Bakterien schützt. Verstopfen diese Meibom-Drüsen, zum Beispiel durch Wimpernkleber, werden die Augenlider rot, fangen an zu brennen und schwellen an. Zudem bilden sich Schuppen und die Wimpern können an der entzündeten Stelle ausfallen.
Befall mit Demodex-Milben
Der Grund für eine Blepharitis ist meist die Besiedelung der Lidränder und der Wimpernwurzeln mit Demodex-Milben. Laut des Augenzentrums München fand man bei mehr als 80 Prozent der Patienten mit chronischer Blepharitis und trockenen Augen einen Befall mit diesen Milben. Die Parasiten verfügen über Fett spaltende Enzyme (Lipasen). Die Abbauprodukte dieser speziellen Lipasen fördern zusätzlich das Bakterienwachstum an den Lidrändern. Dies wiederum verstärkt die Entzündung und kann zu weiteren bakteriellen Infektionen wie Gerstenkörnern am Lidrand führen.
Zu einem Befall mit Demodex-Milben können unter anderem schlechte hygienische Bedingungen in Kosmetikstudios führen, sagt Taylor. Wenn beispielsweise die Wimpernzange nicht richtig gereinigt wurde, wandern die Parasiten von Wimper zu Wimper. "Dort breiten sie sich dann aus, insbesondere wenn die natürliche Wimpernfunktion - etwa durch Kleber - beeinträchtigt ist."
Wer sich also die Wimpern verlängern möchte, sollte sich möglichst an ein erfahrenes Kosmetikstudio mit hohen Hygienestandards wenden, rät der Experte. "Und wer kein Gesundheitsrisiko eingehen will und Wert auf seine natürlichen Wimpern legt, sollte das am besten nicht zur Gewohnheit machen."
Quelle: ntv.de