Ein Finger zu viel oder zu wenig Wie man KI-generierte Bilder erkennen kann
30.04.2023, 15:32 Uhr Artikel anhören
Ende März sorgten diese Bilder der angeblichen Festnahme von Ex-US-Präsident Donald Trump für Wirbel - allerdings hat das Ganze so nie stattgefunden, die Bilder wurden von einer KI generiert.
(Foto: Elliot Higgins via Twitter)
Die KI ist noch nicht perfekt. Doch zuletzt schaffen es künstliche Bilder von Donald Trump oder dem Papst wegen ihrer scheinbaren Echtheit in die Nachrichten. Wie kann man sich davor schützen, Fake-Bildern auf den Leim zu gehen? Hier ein 7-Punkte-Plan gegen KI-Schwindel.
KI-generierte Bilder sehen mitunter schon heute täuschend echt aus. Mit der Hilfe zum Teil frei zugänglicher Programme wie beispielsweise Midjourney, DeepAI oder DALL-E können diese Fakes selbst von Laien in recht kurzer Zeit erstellt werden. Die Fragen "Was ist noch echt?" oder "Wem kann man noch vertrauen?" werden damit akuter denn je.
Erst kürzlich hatten Bilder einer möglichen Verhaftung von Ex-US-Präsident Donald Trump in New York oder dem Papst in hipper weißer Daunenjacke für Aufsehen gesorgt und selbst manche Medienprofis ins Grübeln gebracht, ob das echt sein kann. Aber auch die fast schon als "old fashioned" eingestufte Manipulation mit Photoshop reicht nach wie vor aus, um Menschen zu täuschen, wie die Fotos der französischen Ministerin Marlène Schiappa im "Playboy" gezeigt haben.
KI hat noch Schwächen
Trotzdem ist es in vielen Fällen möglich, künstlich erzeugte Bilder mit dem bloßen Auge zu erkennen. Es gibt einige Punkte, in denen die KI noch ihre Schwächen hat. Auch wenn davon auszugehen ist, dass diese mit der Zeit immer weniger werden und irgendwann gänzlich verschwinden.
Diese Schwächen liegen in den Details. Bei Bildern mit realen Personen darauf sind das zum Beispiel die Augen-, Ohren- und Mundpartien. Besonders das Generieren echt aussehender Zähne war bislang eine Schwachstelle der KI. Das Ergebnis sind zum Beispiel unnatürlich krumme Zähne bis hin zu zweiten Zahnreihen wie bei einem Hai. Auch die sehr feinen Details rund um den Haaransatz oder die Übergänge zwischen Hals und Schultern bringen die KI teils noch an ihre Grenzen. Zudem haben manche generierten Personen einen Finger zu viel oder zu wenig, manche Merkmale kommen in Fotos mit mehreren Menschen auch doppelt vor.
Schriftzüge frei erfunden
Um KI-Bildern auf die Schliche zu kommen, lohnt neben den äußerlichen Merkmalen von Personen auch der Blick auf Details in der Umgebung: Schilder, Flaggen, Aufkleber, Namen, Firmen und anderweitige Schriftzüge sind teils frei erfunden oder nicht zutreffend. Wenn man weiß, wo ein verdächtiges Bild entstanden sein soll, lohnt sich ein Blick auf reales Fotomaterial - zum Beispiel mittels Bildersuche oder Google Street View -, um die Orte miteinander zu vergleichen.
Es gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, wie man KI-generierten Bildern - die als vermeintlich echt angepriesen werden - enttarnen kann. Ein 7-Punkte-Plan, der zum großen Teil ohne aufwändige Tools zurechtkommt:
- Skepsis/Kritisches Denken
Die erste und doch recht einfache Regel lautet, nicht alles zu glauben, was man (im Internet) sieht. Ob man es nun kritisches Denken, Skepsis, Bauchgefühl oder gesunden Menschenverstand nennt, am Ende kommt es darauf an, eine eher nachfragende als hinnehmende Haltung zu haben. Wenn ich also ein Bild/Video sehe, das vorgibt, etwas zu sein, dann lohnt es, eine Sekunde innezuhalten und sich Gedanken darüber zu machen, ob bei unklarer Faktenlage so etwas überhaupt möglich wäre. Natürlich gibt es auch immer wieder Situationen, von denen wir geglaubt haben, dass es so etwas nicht gibt. Aber allein dank der Dichte an Smartphones und Kameras dürfen wir heute immer öfter Zeuge außergewöhnlicher Situationen sein. Eine Grundskepsis gegenüber abnormalen Phänomenen oder Bildern schadet am Ende nie und erinnert uns daran, uns mehr auf unsere Erfahrungen, Werte und Gefühle zu verlassen, die durchaus ihre Berechtigung haben. - Emotionen im Griff haben
Gefühle sind etwas sehr Wertvolles, allerdings können sie unseren Blick auf die Dinge auch trüben. Insofern ist es wichtig, sich stets über die eigene Gefühlslage bewusst zu sein. Manipulationen funktionieren in der Regel immer dort gut, wo Menschen emotional involviert sind und bereits eine Meinung zu gewissen Umständen, Personen, Sachverhalten haben. Spricht uns also ein Thema besonders an, bestätigt uns ein möglicher Sachverhalt in einer bestehenden Meinung oder wäre er sogar wünschenswert, dann fällt es uns schwerer, objektiv über die Informationslage zu urteilen und Dinge kritisch zu sehen. Zumal nicht selten bei erfolgreichen Desinformationen nicht selten ein Funken oder mehr Wahrheit mit eingebaut ist oder die Grundlage bildet. - Quelle prüfen, Kommentare lesen
Wer oder was ist die Quelle der vorliegenden Information? Welche Möglichkeiten habe ich, von der Quelle aus auf mögliche Intentionen der Verbreitung zu schließen? Kann ich der Quelle vertrauen, kenne ich sie eventuell sogar persönlich? Ein kritischer Umgang mit Quellen hilft bei der Einordnung. Seriöse oder ernst zu nehmende Quellen geben weitere Informationen über ihre Veröffentlichung. Sollte die Quelle eine persönliche sein, beispielsweise aus dem privaten Umfeld, dann sollte man sich nicht scheuen, einmal zu fragen, woher die Information, ein Foto oder ein Video stammen. Das ist erwartungsgemäß schwer, weil man Freunden, Bekannten und Verwandten gegenüber nicht zwingend misstrauisch wirken möchte. Ebenso hilfreich ist das Lesen von Kommentaren oder Beschreibungsfeldern - denn Kommentarspalten in sozialen Netzwerken sind (entgegen vieler Vorurteile) häufig ein Ort von guten, hilfreichen Diskussionen. Zumindest aber liefern sie Hinweise auf mögliche Unstimmigkeiten und Auffälligkeiten. - Berichten glaubwürdige Quellen darüber?
Eine weitere Möglichkeit, sich abzusichern, ist, bei vertrauensvollen Quellen nach Informationen zu suchen. Berichten bekannte und qualitativ hochwertige Informationsanbieter über einen Vorfall? Wenn ja, welche Informationen haben sie? Haben sie eventuell schon ein Urteil über den Wahrheitsgehalt eines Fotos oder Videos treffen und das nachvollziehbar begründen können? - Gibt es andere Perspektiven der Aufnahme, andere Bilder?
Besonders wenn es um berühmte Personen oder ikonische Aufnahmen geht, gibt es nicht selten auch mehrere Fotos oder Videos aus mehreren Perspektiven. Daher der Tipp: Im Internet nach ebenjener Situation suchen und schauen, ob es denselben Vorfall aus einem anderen Blickwinkel gibt. Eine perfekte Fälschung aus mehreren Perspektiven und Quellen ist extrem aufwändig zu produzieren - und je mehr Einstellung es gibt, desto unwahrscheinlicher ist eine Manipulation. Allerdings bedeutet es umgekehrt nicht, dass es sich um ein künstliches Foto oder Video handelt, nur weil es keine weiteren Einstellungen gibt. Nicht alle Fotos oder Videos sind immer hochauflösend und in aller Öffentlichkeit entstanden. Geht es beispielsweise um geheime Aufnahmen oder geleaktes Material, dann wird dieser Punkt schon schwerer bis unmöglich. - Hilft eine Bilder-Rückwärtssuche?
Eine Bilder-Rückwärtssuche, wie sie unter anderem von Google (lens), Bing, Yandex und Tineye angeboten wird, kann ebenfalls Aufschluss über ein Foto geben. Den Plattformen wird dabei ein Bild zur Verfügung gestellt, zusammen mit der Aufforderung, zu suchen, was es im Internet für Informationen darüber gibt. Im Idealfall liefert die Bilder-Rückwärtssuche ein Ergebnis in Form ähnlicher Bilder auf Websites, die dann wiederum andere Informationen beinhalten können. Nicht selten ist es nämlich nicht das Foto selbst, was manipuliert ist, sondern es wird in einem völlig falschen Zusammenhang dargestellt. Mitunter findet die Bilder-Rückwärtssuche sogar Treffer, die zwar nicht exakt dasselbe Bild zeigen, aber ähnliche Bilder oder auch nur Teile des Bildes, das man hochgeladen hat. Insofern hilft die Bilder-Rückwärtssuche mitunter auch dabei, Fälschungen oder Manipulationen innerhalb eines Bildes aufzuklären. - Andere Tools
Die Hoffnung auf Technik zu setzen, die den umgekehrten Weg geht, liegt nahe, ist aber nur bedingt zu erfüllen. Die Arbeit an Tools, die erkennen können, ob Bilder manipuliert sind oder nicht, ist in vollen Zügen. Meistens sind die kostenlosen Tools aber noch sehr fehleranfällig und nicht ausgereift genug, um zuverlässige Hinweise zu liefern. Andere Lösungen erfordern entweder eine extrem gute Kenntnis mit der Materie oder aber sind recht teuer in der Nutzung und somit eher etwas für professionelle Benutzergruppen.
Quelle: ntv.de