Die EU will die Schuldenregeln reformieren, setzt dafür auf individuellere Regelungen beim Schuldenabbau, Frankreich ist dafür, Deutschland dagegen, es ist ein Tauziehen. Nun heißt es von deutscher Seite, dass noch reichlich Diskussionsbedarf bestehe. Ein bei einem Treffen der EU-Finanzminister vorgestelltes Papier der spanischen Ratspräsidentschaft weise in vielen Bereichen in eine richtige Richtung, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner vor dem Treffen in Brüssel. Es gebe aber auch in vielen Details noch Anlass für weitere Diskussionen. Er erwarte an diesem Freitag keinen Durchbruch, "sondern es ist eher ein Zwischenschritt", so der FDP-Politiker.
Im Kern sehen die Schuldenregeln vor, Schulden bei maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen und Haushaltsdefizite unter drei Prozent zu halten. Wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden die bislang geltenden Regeln bis 2024 ausgesetzt. Bislang müssen Staaten normalerweise fünf Prozent der Schulden, die über der 60-Prozent-Marke liegen, im Jahr zurückzahlen. In Mitte April präsentierten Reformvorschlägen für den sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakt hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, hoch verschuldeten Ländern mehr Flexibilität beim Abbau von Schulden und Defiziten einzuräumen.
Statt einheitlicher Vorgaben für alle Länder setzt die Behörde auf individuelle Wege für jedes Land, um Schulden und Defizite langfristig zu senken. Da Volkswirtschaften unterschiedlich aussehen können, die Wirtschaftsleistung zum Beispiel schwankt, sind individuelle Lösungen keine schlechte Idee. Lindner fordert allerdings Mindestvorgaben, also dass Länder mit hohen Schuldenquoten diese um mindestens einen Prozentpunkt jährlich senken müssen. Der Haken: Bauen Länder Schulden ab, müssen Regierungen mehr Geld aus der Wirtschaft ziehen, als sie hinzugeben. Ausgaben für öffentliche Aufträge, aber auch Subventionen könnten da kürzer kommen, was wiederum der Binnenwirtschaft schaden könnte. Auch Kürzungen für den öffentlich Dienst kämen infrage, zum Beispiel Stellenabbau. Das schmälert jedoch die Kaufkraft der Betroffenen. Ob diese Mittel langfristig beim Schuldenabbau helfen, sei mal dahingestellt.