Albert Uderzo, der Große Ausstellung zeigt das Genie des "Asterix"-Zeichners


Bis zur zeichnerischen Perfektion: die Entwicklung von Asterix.
(Foto: 2025 Les Éditions Albert René/Goscinny-Uderzo)
Vielleicht war er der beste Comiczeichner überhaupt. Zumindest ist Albert Uderzo einer der erfolgreichsten: Mit "Asterix" wurde er weltweit bekannt. Erstmals werden nun in Deutschland etliche seiner Originale, Skizzen und Frühwerke gezeigt. Sie beweisen seine Genialität.
Comiczeichner kennen das: Eine Linie stimmt nicht, eine Hand ist zu groß geraten, eine Perspektive verrutscht. Unschön, aber kein Drama. Wozu gibt es Tipp-Ex? Schnell ist der Fehler weiß übertüncht und mit Feder oder Stift neu gezeichnet. Was auf dem Original ein Makel ist, sieht im gedruckten Werk kein Mensch mehr.
Albert Uderzo hatte vielleicht gar kein Tipp-Ex im Haus. Der 2020 gestorbene "Asterix"-Zeichner gehört nicht nur zu den bekanntesten und erfolgreichsten Künstlern der Comic-Geschichte. Er ist auch einer der besten, vielleicht der beste Comiczeichner überhaupt. Wer's nicht glaubt, sollte sich die neue Ausstellung im Berliner Museum für Kommunikation anschauen. "Uderzo - von Asterix bis Zaubertrank" gibt von diesem Donnerstag bis zum 15. Juni einen Einblick in das Genie des Franzosen, inklusive zahlreicher Originale.
Von "einem der Götter des Comic-Himmels" spricht Museumsdirektorin Anja Schaluschke. Sie kann es selbst nicht so recht glauben, dass sie einen Teil der bereits in Paris gezeigten Ausstellung nun präsentieren darf. Zu verdanken hat sie das Uderzos Tochter Sylvie, die zur Eröffnung nach Berlin gekommen ist. Ihr und ihrer erst vor einer Woche verstorbenen Mutter, der Ehefrau Uderzos, war es ein Anliegen, seine Werke in Deutschland zu zeigen. Hier gibt es nach Frankreich die größte Asterix-Fangemeinde. Insgesamt wurden weltweit 400 Millionen Exemplare von "Asterix" verkauft - die Reihe gehört zu den erfolgreichsten Büchern überhaupt.
"Er konnte Schweres leicht aussehen lassen"
Auch der deutsche Zeichner Flix, der die Berliner Ausstellung zusammen mit Sylvie Uderzo kuratiert hat, kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. "Das ist die außergewöhnlichste Ausstellung in Berlin seit der MoMa-Schau", sagt er in Anspielung auf das epochale Event, das 2004 Massen an Menschen in die Neue Nationalgalerie lockte. Uderzos Bedeutung als Künstler vergleicht er mit der von Claude Monet und Victor Hugo. "Er war stilprägend. Jeder kennt ihn, jeder hat eine Assoziation zu ihm", sagt Flix, der für einen Hommage-Band selbst schon den kleinen Gallier gezeichnet hat.
Flix' Begeisterung ist zu spüren, wenn er auf die Detailversessenheit des Künstlers verweist. Hier der erste Auftritt von Idefix, da die Coverzeichnung des ersten Bandes "Asterix, der Gallier" - da ist Obelix noch dünner als auf späteren Zeichnungen. "Die Kunst von Albert Uderzo besteht darin, Schweres leicht aussehen zu lassen", sagt Flix. Aber es sei ein langer Weg dahin gewesen. "Er hat hart gearbeitet", fügt Sylvie Uderzo hinzu, "aber er hatte auch von Anfang an Begabung."

Im Frühwerk "Arys Bruck" tauchen zwei Krieger auf. Hat da jemand Asterix gesagt?
(Foto: Uderzo Collection)
Entsprechend beschränkt sich die Ausstellung, die im Museum auf drei Etagen verteilt ist, auch nicht auf Uderzos berühmtestes Werk "Asterix", das er 1959 zusammen mit Autor René Goscinny schuf. Gezeigt werden auch - erstaunlich professionelle - Zeichnungen aus seiner Schulzeit, frühe Ölgemälde, die ersten Gehversuche als Comic-Künstler und Dinge aus seinem Atelier. Daneben gibt es interessante Fakten. Beispiel? Uderzo wurde mit sechs Fingern an beiden Händen geboren, das wurde korrigiert, bevor er zur Schule ging.
Und Comics. Vor allem Comics. Uderzos frühe Figuren wie Arys Buck oder Clopinard, die nach seiner Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg entstanden, zeigen einerseits den großen Einfluss, den Walt Disney auf den jungen Zeichner hatte. Andererseits tragen sie bereits Elemente in sich, die später in "Asterix" wieder auftauchen - etwa die Darstellung von zwei Kriegern, die an Gallier erinnern. Dasselbe gilt für die Piraten aus "Pitt Pistol", der ersten gemeinsamen Serie von Uderzo und Goscinny.
Bilder aus der cartoonhaften Serie "Umpah-Pah", die neben Originalen der realistischen Flieger-Reihe "Tanguy und Laverdure" hängen, beweisen wiederum die Vielseitigkeit des Künstlers. Genau wie Asterix-Zeichnungen im Stil der "Peanuts", die Uderzo auf Wunsch von Fans zeichnete.
Jedes Detail durchdacht, jeder Gag sitzt
Die "Asterix"-Originale, Vorzeichnungen und Figurenblätter, stammen aus Alben wie "Asterix und Kleopatra", "Asterix bei den Briten" oder "Asterix und der Arvernerschild". Es sind Höhepunkte der Reihe und Höhepunkte der Comic-Kunst. Die Originale zeigen viel deutlicher als die fertigen Alben, wie gut Uderzo zeichnen konnte: Kein Strich fehlt, jedes Detail ist durchdacht, jeder Gag sitzt. "Die Personen sind nie fix, sie sind immer in Bewegung", sagt Sylvie Uderzo. Diese Lebendigkeit macht einen Teil des Erfolgs der Reihe aus - der weiter anhält. Neue Künstler führen das Erbe Uderzos und Goscinnys behutsam weiter, am 23. Oktober erscheint das nächste Abenteuer, in dem es die Gallier wieder in die Ferne zieht.

Kennt jedes Kind. Erwachsene sowieso. Eine Szene aus "Die große Überfahrt".
(Foto: Les Éditions Albert René 2025 Goscinny-Uderzo)
Und dann verrät die Tochter noch ein Geheimnis: "Manchmal habe ich selbst mitgemischt", sagt sie. Wenn der Vater abends weg war und die Zeichenblätter auf seinem Schreibtisch lagen, habe sie als Kind einen kleinen zeichnerischen Beitrag geleistet. Erst Jahre später habe sie ihm das gestanden - und Uderzo sei völlig überrascht gewesen.
Die Ausstellung im Museum für Kommunikation ist vergleichsweise klein - sie umfasst 130 Exponate. Aber es ist ein großes Glück, dass sie überhaupt in Deutschland gezeigt wird, das anders als Frankreich nach wie vor ein Comic-Entwicklungsland ist. Das zeigt sich an einem Manko: der Einbettung von Uderzos Werk in den größeren Zusammenhang. Denn "Asterix" war Teil einer Epoche großartiger Werke, es war die goldene Zeit der Comics. Zeichnungen von anderen Säulenheiligen wie Hergé, André Franquin oder Morris hätten die Schau abgerundet und einen Vergleich der unterschiedlichen Stile ermöglicht. Aber der Zugriff auf deren Werke ist für deutsche Museen eben keine Selbstverständlichkeit.
Dennoch bleibt ein wohliges Gefühl beim Betrachten von Uderzos Werken. Ein Hauch Geschichte umweht die Originalzeichnungen, wie auch Uderzos Pinsel oder Goscinnys Schreibmaschine nebst einem originalen Manuskript des ersten "Asterix"-Abenteuers. Und dann gibt es noch eine Zeichnung aus Uderzos letztem Band, "Gallien in Gefahr". Der wurde von Leserinnen und Lesern äußerst kritisch aufgenommen. Doch Flix versucht die Ehrenrettung: Auch wenn Uderzo damals schon nicht mehr tuschen konnte, so würde sich in den Bleistiftzeichnungen doch die Erfahrung eines ganzen Zeichnerlebens zeigen.
"Uderzo - von Asterix bis Zaubertrank" ist vom 6. Februar bis zum 15. Juni im Museum für Kommunikation in Berlin zu sehen. Die Schau sowie Führungen sind dreisprachig - deutsch, französisch und englisch. Mehr Infos gibt es hier.
Quelle: ntv.de