Der "Tatort" im Schnellcheck Unterirdisch
14.12.2024, 15:31 Uhr Artikel anhören
Bittet den lieben Gott um Hilfe: Doreen Prätorius (Cordelia Wege).
(Foto: WDR/Thomas Kost)
Das Publikum hat den Münsteraner Publikumslieblingen Thiel und Boerne diesmal eines schnell voraus: Es weiß, wer den smarten Anwalt um die Ecke gebracht hat. Ein Wissensvorsprung, der "Man stirbt nur zweimal" nicht zum Vorteil gereicht.
Was passiert?
Urteilsverkündung im Münsteraner Gericht: Doreen Prätorius (Cordelia Wege) werden von der Lebensversicherung ihres verstorbenen Mannes stolze 3,5 Millionen Euro zugesprochen, plus Zinsen, versteht sich. Jahrelang hat Oskar Weintraub (Nils Brunkhorst) als Rechtsvertreter der attraktiven "Witwe" pro bono darum gekämpft, jetzt ist es amtlich. Doch Jonas Prätorius (Christian Erdmann), der besagte Gatte, ist weder im Dschungel verschollen, wie behauptet wird, noch hat er das Zeitliche gesegnet, auch das mit dem ambitionierten Archäologen ist alles andere als wasserdicht. Prätorius haust vielmehr im Keller des eigenen Bungalows, sein vorgetäuschter Tod sollte die heimische Haushaltskasse auffüllen.
Doch dann kommt alles ganz anders. Durch einen unglücklichen Zufall lüftet Weintraub das Prätorius-Geheimnis und ist kurze Zeit später tot, aufgespießt von einem der etlichen Mitbringsel und Exponate, die das Heim des Ehepaares aussehen lassen wie eine etwas schickere Version von Harrys Hamburger Hafenbasar. Als Professor Boerne (Jan Josef Liefers) in seinem Labor schließlich eine Entdeckung macht - nicht etwa an der Leiche, sondern an jener Skulptur, die dem Anwalt den Solarplexus durchlöchert hatte - merken auch die Münsteraner, dass hier etwas nicht stimmt.
Worum geht's wirklich?

Pizza infernale: Thiel (Axel Prahl) und Boerne (Jan Josef Liefers) beim Abendmahl.
(Foto: WDR/Thomas Kost)
Im Kern geht es um Versicherungsbetrug, ein auch unter Akademikern weit verbreitetes Verbrechen, wie Boerne zum Auftakt des 46. Falles aus Münster referiert. Dass er das ausgerechnet dort tut, wo nur wenige Meter entfernt das Urteil im Fall Prätorius gesprochen wird, ist noch zu verschmerzen. Weniger hilfreich ist die Tatsache, dass Autor Sascha Arango mit der Geschichte dem Columbo-Prinzip folgt: Die Tat wird gezeigt - anschließend darf man der bestenfalls komplexen Fallklärung folgen. "Ich habe die offene Erzählweise gewählt; das hat dramaturgische Vor- und Nachteile", so Arango. "Die Vorteile überwiegen. Der Zuschauer sieht also die Tat und kennt den Hintergrund. Das gibt viel mehr Raum, um die Psychologie des Täters zu beleuchten, während sich die Schlinge der Ermittlung immer weiter um seinen Hals zieht."
Potenzial hätte es da genug gegeben, vom gruseligen Schauplatz des heimischen Wohnbunkers über das Binnenverhältnis des Prätorius-Paares bis zu Thiels Traum von der idealen Frau, doch nirgends saugt sich die Geschichte so richtig fest, taumelt vielmehr durch die Szenarien, alles vor dem Hintergrund, dass der Zuschauer ja eh schon weiß, wie es abgelaufen ist. Die hanebüchene Aufklärung, dass Prätorius nun nicht mal Indiana Jones war, sondern eher Baron von Münchhausen, macht den Kohl auch nicht mehr fett. Dann schon lieber eine Pizza mit Ananas ...
Wegzapp-Moment?
Wenn Boerne den Ruf des Kookaburra nachmacht, braucht man starke Nerven. Auch sein gesungener Auszug aus jener Oper, die er im Zuge des Falles leider verpasst, ist nichts für sensible Ohren.
Wow-Faktor?
"Du kriegst die Tür nicht zu." - "Die schließen automatisch."
Wer bei solchen Dialogen kichert, gibt womöglich den Daumen nach oben. Für alle anderen heißt es eher "Au" statt "Wow".
Wie war's?
3 von 10 Punkten - "Man guckt nur einmal".
Quelle: ntv.de