Ratgeber

Lost in TranslationVulgäre Kritik rechtfertigt keine Kündigung

25.11.2025, 12:24 Uhr
Weint-die-Schichtmutter-oder-nicht-Ein-Gericht-entschied-Vulgaere-Kritik-ist-nicht-automatisch-ein-Kuendigungsgrund
Weint die Schichtmutter oder nicht? (Foto: picture alliance/dpa)

Es gibt Dinge, die man lieber nicht in Gegenwart seiner Vorgesetzten sagt - egal in welcher Sprache. Doch selbst, wenn man sie sagt, ist eine Kündigung unter Umständen unwirksam, entschied ein Gericht.

Vulgär geäußerte Kritik kann zulässig sein und rechtfertigt nicht unbedingt eine ordentliche Kündigung. Das entschied nun das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in einem Urteil (Az.: 3 SLa 699/24), auf das der Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte hinweist.

In dem konkreten Fall arbeitete ein Mann seit 2020 in Nachtschicht im Verteilzentrum einer Handelsgruppe. Im April 2024 wurde er abgemahnt, weil er seinen Arbeitsplatz verlassen und seine Vorgesetzte beleidigt habe. Nur vier Monate später geriet er auch mit seiner neuen Vorgesetzten aneinander.

Handelt es sich um ein Missverständnis?

Im Zuge der Auseinandersetzung soll der Mann deutlich gemacht haben, dass sie ihm nichts sagen könne. Sie sei noch ein Kind. Als diese ihn gebeten habe, die Halle zu verlassen, um sich zu beruhigen, habe der Kläger aufbrausend reagiert und auf Türkisch gesagt: "Du hast die Mutter der Schicht gefickt." Dies soll ins Deutsche übersetzt soviel bedeuten wie, in der Schicht werde viel Druck ausgeübt.

Dem widerspricht der Kläger. Er habe in türkischer Sprache gesagt "Du hast die Schichtmutter weinen lassen". Wegen der Entfernung und Lautstärke sei er missverstanden worden. Der Arbeitgeber kündigte dem Mann nach dem Streit ordentlich, dagegen klagte der Mann.

Vulgäre Äußerung ja, Kündigung nein

In erster Instanz konnte er keinen Erfolg verbuchen, doch jetzt gab das Landesarbeitsgericht ihm tatsächlich recht. Dort wurden die Vorgesetzte sowie zwei Mitarbeiter vernommen, die an dem Tag des Vorfalls dabei waren. Obwohl der Mann nach Ansicht des Gerichts in der Tat die Äußerungen im Wesentlichen so, wie von der Beklagten geschildert, getätigt hatte, habe er dies nicht als schwerwiegende, persönlich herabwürdigende Beleidigung gegenüber der Vorgesetzten gemeint.

Das sei so auch nicht zu verstehen gewesen, befanden die Richter. Vielmehr handele es sich bei der Äußerung um "eine in vulgärer Sprache geäußerte Kritik, die sich auf die Art und Weise der Schichtführung als solche" bezogen habe. Die ordentliche Kündigung sei deshalb unverhältnismäßig.

Quelle: ntv.de, awi/dpa

BerufRechtsfragenKündigungArbeitnehmerUrteileArbeitgeber