So läuft der Pokal-Dauerbrenner Bayern droht der GAU, BVB der Doppel-GAU
20.12.2017, 14:57 Uhr
BVB-Schreck Arjen Robben kann im Pokal verletzt nicht mirwirken, ebenso wie die einst schwarzgelbe Heldengrätsche Sven Bender, der nun in Leverkusen kickt.
(Foto: imago/Eibner)
Sechs Titel in sieben Jahren: Der FC Bayern und Borussia Dortmund haben den DFB-Pokal zu ihrem Wettbewerb gemacht. Nun aber gibt's für einen Klub den frühen GAU. Und auf beiden Seiten fehlen die K.o.-Experten.
Um was geht's eigentlich?
Wir können es uns jetzt ganz einfach machen und Ihnen bloß die simple Wahrheit verraten: Im siebten Wettbewerbs-Duell in Serie zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund geht es für die beiden Fußball-Bundesligisten ab 20.45 Uhr (in der ARD und im Liveticker bei n-tv.de) um das Erreichen des DFB-Pokal-Viertelfinals. Doch dieses radikale Verkürzen auf den Wesenskern eines Knockoutspiels blendet die Katastrophe aus, in die der Verlierer hineinschlittert: Für den FC Bayern wäre es das früheste Pokal-Aus seit der Saison 2006/2007, als der deutsche Rekordmeister mit 2:4 beim von Michael Frontzeck trainierten Bundesligisten Alemannia Aachen unterlag. Es wäre der nächste Hieb ins Mia-san-mia nach der ancelotti'schen Titeldiät (nur Meister).
Noch schlimmer käme es für den BVB: Der wackelt zwar nach dem Trainerwechsel hin zu Peter Stöger nicht mehr wie elf kleine Lämmerwedel, wirkt aber trotz der befreienden Liga-Erfolge gegen Mainz und Hoffenheim nach über zweimonatiger Sieglosgkeit noch längst nicht wieder trittsicher. Und nach dem Champions-League-GAU samt historisch schlechter Europa-League-Qualifikation würde ein zweites Scheitern den gerade einsetzenden Genesungsprozess empfindlich stören.
Wie sind die Vorzeichen?
FC Bayern: Ulreich - Kimmich, Boateng, Hummels, Alaba - Martinez, Vidal - Müller, James, Coman (Ribery) - Lewandowski; Trainer: Heynckes.
Borussia Dortmund: Bürki - Toljan, Toprak, Sokratis, Schmelzer - Weigl - Jarmolenko, Kagawa, Guerreiro, Pulisic - Aubameyang (Isak); Trainer: Stöger.
Schiedsrichter: Sascha Stegemann
Stadion: Allianz-Arena (München)
Im Prinzip fahren beide Klubs auf demselben Gleis. Nur dass sich der FC Bayern einige Meter Vorsprung erarbeitet hat. Beide Vereine haben ihre Trainer entlassen und einen langfristigen Interim installiert. Bis zum Saisonende sollen die Übergangs-Doktoren ihre Patienten im Vollfunktionsmodus gesunden. Während Jupp Heynckes in München seit dem 9. Oktober als Feel-Good-Manager das Mia-san-mia stärkt, selbst die frustriertesten Ancelotti-Burschen wieder zu Spitzenkräften formt und den FC Bayern unbesiegbar macht (außer von Heynckes' Ex Borussia Mönchengladbach), therapiert Neu-BVB-Coach Stöger gerade einmal seit zehn Tagen den teilweise hanebüchen-wilden Offensivrausch seines Vorgängers Peter Bosz mit Anti-Stress-Fußball. Bedeutet: weniger Risiko, weniger Herzrasen, weniger Spektakel - aber eben auch mehr Erfolg.
Was macht der FC Bayern?
Um diese Frage zu beantworten, schieben wir ganz kurz einen Schnelldurchlauf der Münchener Patientenakte seit dem 27. September ein: PSG-Debakel, Ancelotti-Frust, Heynckes-Erlösung, Selbstvertrauen-Siege, krachende PSG-Revanche - und dann? Dann ist plötzlich der Akku leer. Zäher Sieg bei Eintracht Frankfurt (1:0), sehr zäher Sieg gegen den 1. FC Köln (1:0) und nochmal zäh beim VfB Stuttgart (1:0). Anders als noch unter Carlo Ancelotti werden solche Spiele unter Heynckes nicht mehr extrem wohlmeinend als langweiliges, aber notwendiges Kräftesparen verbucht, sondern schonungslos als das, was sie sind, offenbart: maue Darbietungen nämlich. So mahnte der unverzichtbare Robert Lewandowski noch vor dem Stuttgart-Spiel: "Wir dürfen noch nicht an Weihnachten denken. Wir müssen alles geben, was wir noch im Körper haben." Zweifel, dass sein Team im letzten Auftritt des Jahres 2017 nach zehrenden Monaten womöglich kraftlos kollabiert, hat der Coach indes nicht: "Ich bin zuversichtlich, dass wir nochmal alle Kräfte mobilisieren können. Ich kann Hermann Gerland zitieren: Das Schönste, was es im Fußball neben dem Champions-League-Finale gibt, ist das Pokalfinale in Berlin. Deswegen ist es ein großer Anreiz, morgen eine Runde weiterzukommen."
Verzichten muss der 72-Jährige allerdings auf seinen größten "BVB-Experten", Arjen Robben. Der Niederländer war zuletzt wegen einer Entzündung am Ischiasnerv knapp vier Wochen ausgefallen. Dass er nun ein vorweihnachtliches Comeback feiern könnte, dieser Hoffnung erteilte der Cheftrainer eine Absage. "Er ist zwar fast beschwerdefrei, aber hat nur einmal mit der Mannschaft trainiert. Es wäre also nicht zu verstehen, wenn ich ihn mit ins Aufgebot nehmen würde", erklärte Heynckes: "Von Anfang an hätte er sowieso nicht mitgewirkt, und soll man für 20 Minuten ein Risiko eingehen, dass er sich wieder verletzt?" Außerdem habe Robben, der die Dortmunder im Februar 2013 im Viertelfinale aus dem Pokal schoss (1:0) und drei Monate später im Champions-League-Finale mit dem späten Siegtreffer erlegte (2:1 in der 89. Minute) sowie beim Pokalsieg 2014 (2:0) in der Verlängerung traf, "selbst gesagt, dass ein Einsatz zu früh ist."
Wie geht's dem BVB?
Der BVB ist in Partylaune. Zumindest weist das die Homepage des Klubs aus. Der Grund dafür: der 108. Geburtstag. Den feierte der Klub gestern. Und weil man nicht alle Tage 108 wird, soll dieses prächtige Ereignis zünftig gefeiert werden. An einem Ort, an dem man sich wohlfühlt - der Allianz-Arena. Dort nämlich haben die Schwarzgelben seit Inbetriebnahme 2005 bereits fünf Mal gewonnen. Zweimal sogar das Pokal-Halbfinale, in den Spieljahren 2014/15 und 2016/17. Und gerade die Partie vom 26. April dieses Jahres war eine lässige Watschn ins Bayern-Gesicht. "Das tut weh", sagte damals der völlig frustrierte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge. Alles deutete in diesem lange einseitigen Duell auf den Finaleinzug der Bayern hin, die den BVB beherrschten und Chancen im Akkord vergaben. Unter anderem ebnete Sven Bender mit einer Wundergrätsche gegen Arjen Robben beim Stand von 2:1 für die Bayern den Weg zum Wunder (3:2 für den BVB), herausgespielt dann vor allem von Ousmane Dembélé.
Nun ist es so: Im Sommer ließ die Borussia ihren Wundergrätscher Bender freiwillig zu Bayer Leverkusen ziehen und verkaufte ihren Wunderknaben Dembélé nach dessen kindsköpfigem Trainingsboykott für ein horrendes Schmerzensgeld weniger freiwillig an den FC Barcelona. Und auch Coach Thomas Tuchel, der ein paar Wochen später mit seinem Team den Pokalsieg gegen Frankfurt fixierte, ist nicht mehr da - ebenso wie sein Nachfolger Peter Bosz. Dessen Amtsübernehmer Stöger versucht sich nun am dritten Pokal-Coup der Dortmunder im Fröttmanniger Stadion. Blöd nur: Der Österreicher konnte noch nie gegen den FCB gewinnen. Aber das war ja auch mit dem Effzeh aus Köln - bei sechs Versuchen gab's nur ein Remis. Das ist nun ja anders, also: "Wir werden mit einer Mannschaft antreten, von der ich denke, dass sie ihre Gelegenheiten bekommen wird. Wir haben die Möglichkeit, da richtig gefährlich zu werden."
Quelle: ntv.de