So läuft der 7. Spieltag Bei Bayern spukt's, Klopp zittert vor HSV
03.10.2014, 13:30 Uhr
Noch gruseliger als die weißen Regencapes, die immer das Telekom-T bilden: Elf schwarz gekleide Gestalten, die in der vergangenen Saison im Spiel gegen Hertha BSC für Verwirrung sorgten. Es entpuppte sich als Werbeaktion.
(Foto: imago sportfotodienst)
Rund 67.000 Zuschauer mehr als am Dienstag hat der FC Bayern am 7. Spieltag der Bundesliga. Gegner Hannover versucht einen Psychotrick. BVB-Trainer Jürgen Klopp ist der HSV nicht geheuer. Und Markus Gisdol bewirbt sich auf Schalke.
Wie hoch gewinnt der FC Bayern?
Wäre schon besser, wenn die Bayern hoch gewinnen gegen Hannover. Das anspruchsvolle Münchner Publikum sorgt sonst gleich für das nächste Geisterspiel, und so etwas will der Bayern-Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge ja nie wieder erleben. War ja auch schaurig, dieser Kick im Moskauer Khimki-Stadion. Auch wegen der Stimmung. Einige Bayern-Fans haben das Spiel übrigens trotz Aussperrung erfolgt – von einem benachbarten Hochhaus aus. Aus dem 18. Stock war der Blick gar nicht so schlecht, im Gästeblock in Barcelona sei man auch nicht näher dran, scherzte der "Club Nr. 12". Die Miete – happige 5000 Euro – berappte der Verein. Schmerzensgeld.
Der nächste Gegner aus Hannover möchte, dass es nun auch am Wochenende in München spukt. Beziehungsweise: 96 soll in den Köpfen der Bayern herumspuken. "Unser Ziel wird sein, dass sich der FC Bayern während des Spiels Gedanken machen muss", sagte Trainer Tayfun Korkut. Und wie will er das erreichen? "Wir wollen nicht nur verteidigen." Nun ja, lieber Herr Korkut. Nicht, dass wir es besser wüssten, sonst würden wir ja Real Madrid trainieren. Aber genau damit haben die Bayern doch ihre Probleme: Wenn der Gegner nur verteidigt. So wie ZSKA. Aber bitte, lassen Sie Ihre Mannschaft ruhig munter angreifen. Dann wird es auch nicht so ein gruseliges Spiel wie am Dienstag.
Wie weltmeisterlich sind die Verhältnisse?
Das Verhältnis lautet 16:20. Im 20-köpfigen Aufgebot von Bundestrainer Joachim Löw für die Qualifikationsspiele gegen Polen und Irland stehen 16 Weltmeister. Über seine erste Berufung darf sich Karim Bellarabi freuen, die Etikette vergaß er darüber nicht: "Das ist eine große Ehre für mich, ein Traum geht in Erfüllung", sagte der schnelle Offensivmann von Bayer Leverkusen. "Er ist eine hervorragende Alternative", schwärmte Löw. Ein richtiger Stürmer ist Bellarabi aber nicht, 6 Treffer in 50 Bundesliga-Spielen sind keine eindrucksvolle Bewerbung um die Nachfolge von Miroslav Klose. Da Mario Gomez verletzt ausfällt, fehlt eine Nummer Neun. Auf dieser Position läuft in Karim Bellarabis Team am Samstag gegen Paderborn übrigens Stefan Kießling auf. Nur so zur Information. Der aktuell erfolgreichste deutsche Strafraumstürmer spielt übrigens bei Hertha BSC Berlin. Drei Saisontore stehen auf dem Konto von Julian Schieber. Erzielt hat er sie an den ersten beiden Spieltagen, er wollte gegen seinen Stammverein VfB Stuttgart nun nachlegen - und mit der Hertha aus dem Tabellenkeller. "Das Spiel ist für mich nicht ein besonderes, weil es gegen meinen alten Verein geht. Sondern weil bei uns viel auf dem Spiel steht." Dumm nur, dass er wegen einer Verletzung kurzfristig passen musst. Wenn es nicht läuft ...
Was passiert sonst noch?
Am 7. Bundesliga-Spieltag ist Köln kurz davor, den Panik-Knopf zu drücken. Die Anfangseuphorie nach 365 gegentorlosen Minuten zum Saisonstart ist verpufft. In Hannover und gegen den FC Bayern gab es die ersten Gegentore und prompt erstmals keine Punkte. Das legt einen erschreckenden Umstand offen: Der FC kann nur punkten, wenn hinten die Null steht. Noch mehr besorgt die Fans aber die offensive Impotenz der Kölner. Längst zählen sie die torlosen Minuten und sind inzwischen bei 416 angekommen. In Folge. Die Ruhe selbst ist nur Peter Stöger. Er hat für den Job in Köln bekanntlich einst auf Champions-League-Fußball verzichtet, er sagt: "Wir lassen uns nicht verrückt machen. Jede Aufgabe ist eine Herausforderung, der wir uns stellen." Stöger hat erkannt: "Es ist realistischer, in Frankfurt auswärts zu punkten als gegen Bayern München zu Hause." Zumal Köln auswärts schon etwas geschafft hat, was im eigenen Stadion noch nicht klappte: Tore.
Tore hat der VfL Wolfsburg anders als Köln schon mehr als Punkte, aber genug Punkte hat der VfL für die eigenen Ansprüche noch nicht. Jetzt wartet der FC Augsburg, und auf den ein VfL mit ganz breiter Brust. "Fantastisch", lobte Trainer Dieter Hecking das Europa-League-Spiel gegen OSC Lille, er hatte gegen die Franzosen "das beste Saisonspiel bis jetzt" gesehen. Mut machen kann den Augsburgern, dass das beste Saisonspiel des VfL mit 1:1 endete. Und dass 16.097 Zuschauer in Wolfsburg reichen, um für VfL-Coach Hecking von einer "fantastischen Atmosphäre" zu sprechen. Mehr schocken dürfte Augsburg, dass Hecking gegen den FCA seit sechs Spielen ungeschlagen ist. Ebenso lange daheim ohne Niederlage ist Mönchengladbach gegen Mainz. Von 18 Punkten holten die Borussen stolze 16, ein sehr respektabler Wert. Allerdings: Mainz ist in dieser Saison noch ungeschlagen und will das auch in Gladbach bleiben. Klingt vielversprechend.
Welche Mannschaft überrascht?
Kein Scherz: Der HSV hat an diesem Wochenende eine gute Chance auf den ersten Saisonsieg. Wenn man der Statistik glaubt. Und glauben soll ja helfen in schwierigen Zeiten. Also: Kein Verein hat gegen Dortmund (173) und in Dortmund (69) so viele Tore erzielt wie der HSV. Drei der letzten vier Duelle haben die Borussen verloren. Genug Futter für eine mitreißende Ansprache, oder, Joe Zinnbauer? "Wenn wir so weitermachen, werden wir auch belohnt." Hm. Naja. Jedenfalls kann der neue HSV-Trainer erstmals auf seinen Kapitän Rafael van der Vaart zurückgreifen - was wiederum die Hoffnung aufkeimen lässt, dass der noch torlose Pierre-Michel Lasogga endlich wieder in Tritt kommt. "Es ist bekannt, dass es zwischen mir und Rafael perfekt passt", sagte der Torjäger außer Dienst. Dortmunds Trainer Jürgen Klopp warnt schonmal vorsorglich: "Der Kader des HSV hat Qualität. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Qualität nicht zum Vorschein kommt." Seinen Kollegen Joe Zinnbauer kennt Klopp aus gemeinsamen Zeiten beim FSV Mainz, allerdings nicht wegen dessen spielerischen Qualitäten. "Er war der jüngste Immobilienmakler im Profifußball", erinnerte sich Klopp. "Er war der erste Mensch, den ich kannte, der drei Handys hatte." Seine Nummer hat er allerdings nicht mehr: "Ich gehe davon aus, dass ich die am Samstag kriege." Nach den Siegesglückwünschen, versteht sich. Denn Klopp hat zwar ein gutes Gefühl für den HSV – aber "für die Zeit nach der Partie".
Für welchen Trainer wird es eng?
Fußball ist ein Ergebnissport, diesen Satz hört man öfter, und er ist korrekt. Die Ergebnisse bei Werder Bremen stimmen derzeit überhaupt nicht. Und weil Fußball in aller Regel so vorhersehbar ist wie ein "GZSZ"-Drehbuch, gerät dann der Trainer unter Druck. So auch bei Werder Bremen, wo kein Trainer so schlecht in sein Amt startete wie Robin Dutt. Nur 42 Punkte in 40 Spielen, und viel schlimmer: Fans und Experten vermissen eine Weiterentwicklung. Stattdessen treten immer wieder dieselben Probleme auf. Unerklärliche Schwäche in der Defensive, kein klares Spielkonzept in der Offensive. Seit Jahren landete Werder keinen herausragenden Treffer auf dem Transfermarkt - Werder-Manager Thomas Eichin wartet gewissermaßen noch immer auf sein erstes Bundesliga-Tor. Am Wochenende kommt der SC Freiburg, der auch in einem Stimmungstief festhängt – mit dem Unterschied, dass die Breisgauer nicht vor vier Jahren noch Champions League gespielt haben. Trainer Christian Streich, selber meist weit über der normalen Betriebstemperatur, fordert einen "coolen" Auftritt seiner Mannschaft. "Natürlich wird Werder wütend sein, dass sie nicht gut gestartet sind. Das werden sie versuchen, an uns auszulassen." Und sollte Dutts Team wieder nicht gewinnen, könnte vielleicht jemand auf die Idee kommen, seinen Frust am Trainer auszulassen.
Wo wird es brisant?
Nächste Woche dann wieder in der obigen Kategorie: Jens Keller. Wie wir schon schrieben: Es kann nur einen Augenblick dauern, bis der Trainer nach dem Derbysieg wieder in die Kritik gerät. Der Augenblick hat ganze 90 Minuten gedauert, einige Beobachter sprechen allerdings davon, dass sich das Spiel gegen Maribor weitaus länger angefühlt habe. Die nächste Runde in der vielleicht längsten Trainerdiskussion der Welt kann nur eine überzeugende Darbietung in Hoffenheim verhindern. Das Problem: Mindestens acht Spieler fehlen Jens Keller, vielleicht auch noch Klaas-Jan Huntelaar und Max Meyer. Gegen die TSG erwartet Keller von seiner Mannschaft, dass sie "aggressiv zur Sache geht und eine hohe Laufbereitschaft zeigt". Nur: Wie soll das gehen, wenn den Spielern die Frische fehlt, wie die Schalker selber zugeben. Auch TSG-Trainer Markus Gisdol rechnet mit königsblauer Müdigkeit: "Sie sind nicht top ausgeruht." Auf Schalke arbeitete Gisdol übrigens als Co-Trainer unter Ralf Rangnick und Huub Stevens – und wurde dann mit dem Niederländer zusammen gefeuert. Seiner Liebe zum Verein hat das keinen Abbruch getan. Schon als Kind habe er für Schalke geschwärmt, sagte der 45-Jährige. Ab Samstag 15.30 Uhr ruht die Liebe.
Wer spielt das schönste Phrasenschach?
"Auf Schalke hat man nur am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag Ruhe." Markus Gisdol akzeptiert die Realitäten beim S04 - beste Voraussetzungen für einen Job als Cheftrainer.
Quelle: ntv.de