Fußballligen lieber beenden? DFB beschäftigt sich mit Saisonabbruch
12.03.2020, 14:13 Uhr
Die Kameraleute dürfen noch ins Stadion, sonst könnten die Geisterspiele nicht übertragen werden.
(Foto: imago images/Laci Perenyi)
Während die Deutsche Eishockey Liga ihre Saison abgebrochen hat, hält der Fußball an der "Normalität" fest. Doch Geisterspiele bieten keine zufriedenstellende Alternative, das zeigt die Premiere in Mönchengladbach. Zudem werden die Forderungen lauter, den Spielbetrieb einzustellen.
Was die Deutsche Eishockey-Liga bereits durchgezogen hat, könnte nun auch für den Fußball Realität werden: Der Deutsche Fußball-Bund beschäftigt sich wegen der Ausbreitung des Coronavirus auch mit einem vorzeitigen Abbruch der aktuell laufenden Saison. Dies schrieb Generalsekretär Friedrich Curtius in einem Gastbeitrag für den "Kicker".
"Aktuell kann noch niemand die Folgen des Coronavirus für den Fußball in ihrem gesamten Ausmaß absehen. Wir müssen uns mit allen Szenarien beschäftigen, um vorbereitet zu sein, wenn der Fall eintreten sollte, dass der Spielbetrieb unterbrochen oder die Saison sogar vorzeitig beendet werden müsste", schrieb Curtius. Ziel bleibe jedoch, "die Saison regulär sportlich zu Ende zu spielen".
"Kein Aktionismus"
Während in der Bundesliga alle Partien des 26. Spieltags als Geisterspiele ausgetragen werden, sind in der 3. Liga bereits zwei Spieltage aus dem März in den Mai verlegt worden. Für die 2. Liga empfiehlt das Gesundheitsamt des Erzgebirgkreises eine Absage des Spiels zwischen Aue und dem SV Sandhausen am Samstag. Bei zwei infizierten Fans sei unklar, mit wem sie Kontakt hatten. "Vor dem Hintergrund dieser neuen Sachlage können wir als Verein keinerlei Verantwortung für die Zuschauer, unsere Gäste, unsere Mitarbeiter samt unserer gesamten Mannschaft übernehmen", sagte dazu Aues Geschäftsführer Michael Voigt: "Der Empfehlung des Gesundheitsamtes folgend, ist eine Austragung des Spiels gegen Sandhausen aus unserer Sicht unverantwortlich."
Der 43 Jahre alte Curtius rief dazu auf, besonnen zu agieren. Von den Verbänden sei "kein Aktionismus, sondern vernünftiges und entschlossenes Handeln gefragt", so der Funktionär. Den Anweisungen der Gesundheitsbehörden folge man "ohne Wenn und Aber, danach richten wir konsequent die Organisation des Spielbetriebs aus, die Kernaufgabe des DFB und seiner Verbände ist".
"Normalität" durchziehen?
Derzeit gibt es noch keine Anweisungen von Seiten der Liga-Verantwortlichen in Deutschland - anders als in Italien, wo der Ligabetrieb mindestens bis zum 3. April ausgesetzt ist. In einer Mitteilung der Deutschen Fußball-Liga heißt es: "Die laufende Saison 2019/20 muss wie vorgesehen bis zum Sommer 2020 zu Ende gespielt werden, um Auf- und Absteiger sowie die Teilnehmer für die internationalen Wettbewerbe zu ermitteln. Nur so erhalten Klubs und DFL trotz schwieriger Umstände für die kommende Saison Planungssicherheit, zum Beispiel auch mit Blick auf Spielerverträge, die nur für eine Liga Gültigkeit haben."
Am Montag sollen alle Klubs der 1. und 2. Liga zusammenkommen, um den weiteren Saisonverlauf zu besprechen. Doch bis es soweit ist wird vieles diskutiert - von einer vorübergehenden Absage des folgenden 27. Spieltages bis zum vorzeitigen Saisonende. Darüber nachdenken mag noch kaum jemand. "Ich finde, dass wir versuchen sollten, den Wettbewerb, den wir spielen, die Normalität, die wir haben, so lange durchzuziehen, auch wenn es nicht normal ist, dass man ohne Fans spielt", sagte Marco Rose, der Trainer von Borussia Mönchengladbach.
Die Bundesliga-Partien werden ohne Fans ausgetragen, weil das die örtlichen Behörden vorschreiben. In den meisten Kreisen besteht die Ansage, keine Großveranstaltungen durchzuführen. So gibt es also auch am Wochenende Geisterspiele, wie erstmals beim Rheinderby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln (2:1).
"Spaß macht es nicht"
Das jedoch ist wohl keine gelungene Alternative. "Spaß macht es nicht. Schön ist es nicht", sagte Mönchengladbachs Trainer Marco Rose trotz des Sieges. "Wir haben das Derby gewonnen, darüber freuen wir uns. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Fußball ohne Fans nicht der Fußball ist, den wir uns alle wünschen." Darüber war es sich mit dem Manager des Erzrivalen, Horst Heldt, überaus einig: "Eine Erkenntnis ist, dass die Fußball-Bundesliga ohne Fans keinen Spaß macht." Und selbst der Schiedsrichter, der womöglich erleichtert darüber sein könnte, dass er nicht auch noch die Plakate der Fans im Auge behalten muss, hatte eine klare Meinung: "Es ist wirklich etwas ganz anderes. Das hat nichts mit Fußball zu tun", sagte Deniz Aytekin.
Während die Klubs und die Verantwortlichen also darauf setzen, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, werden die Gegner dieses Aktionismus lauter. Rose fragte noch rhetorisch: "Können Sie sich vorstellen, die Saison sportlich wertvoll zu beenden, wenn wir sie jetzt schließen?" Die Antwort lautet bei immer mehr Personen: ja. Etwa von der Fangemeinschaft "Unsere Kurve". Diese rät von weiteren Geisterspielen ab und fordert stattdessen auf Twitter eine Unterbrechung der Saison ab dem übernächsten Spieltag.
Um das Virus in Deutschland in den Griff zu bekommen, müssen offenbar derart radikale Maßnahmen her. Das sagte auch Werder Bremens Verteidiger Theodor Gebre Selassie: "Wir brauchen die Begrenzung, sonst wird es ewig dauern, das Virus in den Griff zu bekommen", so der Tscheche: "Dann treffen sich die Menschen immer weiter und stecken sich an." Die Eishockey-Liga ist da schon weiter als der Fußball.
Quelle: ntv.de, ara/sid/dpa