Fußball

Statement-Sieg gegen FC Bayern Guardiola lässt sein fatales Genie ruhen

Im Viertelfinalhinspiel gegen den FC Bayern verzichtete Josep Guardiola auf hanebüchene Experimente.

Im Viertelfinalhinspiel gegen den FC Bayern verzichtete Josep Guardiola auf hanebüchene Experimente.

(Foto: Action Images via REUTERS)

Diesmal ohne spezielle Tricks: Starcoach Josep Guardiola schlägt den FC Bayern mit der besten Elf. Erling Haaland stellt einen Rekord auf. Doch der Schlüssel zum ersehnten Champions-League-Sieg könnte für Manchester City die Abwehr sein.

Thomas Tuchel hat ein paar bemerkenswerte Sätze in die Welt gestellt nach dem 0:3 (0:1) des FC Bayern im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League im Regen von Manchester. "Das ist kein verdientes Ergebnis. Es erzählt nicht die Geschichte des Spiels", sagte der neue Trainer der Münchner zum Beispiel. Oder: "Ich habe mich ein bisschen verliebt in meine Mannschaft. Es hat Spaß gemacht, zu coachen." Der bemerkenswerteste Satz war aber wohl jener, mit dem Tuchel auf die Frage eines Reporters reagierte, ob ihn die Aufstellung der Gastgeber überrascht hätte. Nein, sagte Tuchel: "Es gab keine Überraschungen. Sie haben gespielt, wie wir es erwartet haben."

Um zu erklären, was diesen Satz so speziell machte, muss man ein bisschen ausholen. Seit 2016 ist Pep Guardiola Trainer bei Manchester City. Er soll das aus Abu Dhabi finanzierte Milliardenprojekt zum Gewinn der Champions League führen. Guardiola weiß, dass er daran gemessen wird, dass er als gescheitert gilt, wenn es ihm misslingt, den Silberpokal mit den Riesenhenkeln in den englischen Nordwesten zu holen – trotz (bisher) vier Meisterschaften in der Premier League.

Guardiola sabotierte seine eigene Mission

Guardiolas Ruf als Trainergenie wurde geboren, als er den FC Barcelona 2009 und 2011 zum Champions-League-Sieger machte, seitdem jagt er der Trophäe für die beste Mannschaft des Kontinents vergebens nach. Vergebens und zunehmend verzweifelt. Bei Manchester City hat die Sehnsucht nach dem wichtigsten Titel im europäischen Vereinsfußball in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass sich Guardiola für die entscheidenden Spiele besondere taktische Kniffe ausgedacht hat - die allerdings die eigene Mission sabotiert haben.

2018 scheiterte Manchester City auch deshalb im Viertelfinale am FC Liverpool, weil der Trainer aus Spanien den deutschen Zentrumsspieler Ilkay Gündogan auf dem Flügel aufbot. 2019 setzte er gegen Tottenham Hotspur, ebenfalls im Viertelfinale, Regisseur Kevin de Bruyne auf die Bank. Am heftigsten verkalkulierte sich Guardiola im Finale 2021, als er ohne einen einzigen defensiven Mittelfeldspieler antrat. Der FC Chelsea gewann 1:0. Trainer des Siegers: Thomas Tuchel.

Die ewige Gefahr des "overthinking"

Vor dem Wiedersehen der beiden Taktiktüftler, die in Guardiolas Zeit beim FC Bayern bekanntlich in einem Münchner Restaurant Spiele mit Salz- und Pfefferstreuern nachstellten, war die große Frage, mit der sich die englische Öffentlichkeit beschäftigte: Wird sich Guardiola wieder einen besonderen Trick einfallen lassen, mit dem er die eigene Mannschaft durcheinander bringt? Wird er sich wieder des "overthinking" schuldig machen, wie es im Englischen heißt? Nein, diesmal nicht. Diesmal gab es keine Überraschungen. Manchester City spielte wie erwartet und wurde mit einem Sieg belohnt, der fast schon den Halbfinal-Einzug bedeutet, auch wenn das Rückspiel kommende Woche Mittwoch natürlich noch gespielt werden muss.

Das einzige unwägbare Element in der Formation des englischen Dauermeisters war die Rolle von John Stones. Zuletzt spielte er Außenverteidiger und stieß bei Ballbesitz ins Mittelfeld vor, wie man es von João Cancelo kennt, den Guardiola im Januar leihweise an den FC Bayern abtrat. Gegen die Münchner unternahm Stones ebenfalls seine Ausflüge ins Mittelfeld, allerdings aus der Innenverteidigung. Weiter vorne, im Angriff, spielte – natürlich! – Erling Haaland, der mit seinen fünf Toren beim 7:0 gegen Leipzig im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League und seinem Doppelpack zuletzt in der Premier League gegen Southampton eine beeindruckende Antwort auf die Debatte gegeben hatte, ob Manchester City ohne ihn (wie zum Beispiel beim 4:1 gegen Liverpool) besser ist.

Haaland gilt als fehlendes Puzzlestück

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Haaland war gegen den FC Bayern lange unauffällig, schoss dann aber natürlich doch sein Tor, das 3:0, und stellte damit einen Rekord auf. Er ist der erste Spieler der Premier League mit 45 Treffern in einer Saison in allen Wettbewerben. Haaland gilt als fehlendes Puzzlestück, als jene Naturgewalt, die Pep Guardiola im siebten Jahr bei Manchester City endlich zum Champions-League-Titel verhelfen soll. Doch der Trainer gestand von dem Spiel gegen den FC Bayern zu Recht, dass fehlende Tore auch in den vergangenen Jahren nicht das Problem von Manchester City gewesen seien. Das Problem war, dass die Mannschaft in der Champions League in den entscheidenden Spielen in der Abwehr zu anfällig war.

Deshalb war das 3:0 gegen die Münchner in doppelter Hinsicht erfreulich für Manchester City: wegen der drei geschossenen Tore – und der null kassierten. Guardiola pries hinterher demonstrativ seine Verteidigung. "Es ist unglaublich, wie unsere Viererkette verteidigt hat." Und Rodri sagte: "Der Schlüssel war heute die Defensive." Den spanischen Abräumer hatte Guardiola übrigens im verlorenen Champions-League-Finale gegen Thomas Tuchels Chelsea draußen gelassen, zur allgemeinen Verblüffung. Gegen den FC Bayern brachte Rodri seine Mannschaft mit seinem hübschen Schlenzer zum 1:0 auf Kurs.

Quelle: ntv.de

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