Gigant vor Champions-League-Aus Lewandowski kann "brutales" Barça-Leiden nur verlängern
13.10.2022, 10:21 Uhr
(Foto: IMAGO/Pressinphoto)
Der mit über einer Milliarde Euro verschuldete Gigant FC Barcelona wettet vor der Saison auf die eigene Zukunft. Die soll bereits kurzfristig höchst erfolgreich sein. Als zentrale Figur wird Robert Lewandowski verpflichtet. Doch in der Champions League verlängert er nur das Leiden. Mission gescheitert?
Robert Lewandowski mit seinen Toren und Marc-André ter Stegen mit einer Sensationsparade haben das Leiden des spanischen Giganten FC Barcelona in der Champions League beim 3:3 (1:0) gegen Inter Mailand immerhin verlängern können. Der ehemalige Superstar des FC Bayern München erzielte einen Doppelpack, der deutsche Nationaltorhüter bewahrte seinen Klub mit einer spektakulären Tat in der Nachspielzeit vor dem Vorrunden-Aus nach nur vier Spieltagen. Doch viel weiter wird der Weg der Katalanen in dieser Saison nicht gehen. Bereits nach oder sogar vor dem nächsten Spiel, ausgerechnet gegen den FC Bayern München, könnte das Aus besiegelt sein. Kaum noch abzuwenden: ein weiterer massiver Rückschlag für den strauchelnden Superklub nach der bereits desaströsen letzten Champions-League-Saison und dem anschließenden Debakel in der Europa League gegen Eintracht Frankfurt.
"Es ist schwer, etwas zu sagen", sprach Trainer Xavi Hernandez nach dem spektakulären 3:3 Unentschieden im Camp Nou. "Wir haben in der ersten Halbzeit gut gespielt und hätten mehr verdient. Aber das ist Fußball. Wir haben viele Fehler gemacht", klagte er: "Es ist brutal für uns". Die Brutalität des Fußballs zeigte sich besonders in der 89. Minute. Da traf der deutsche Nationalspieler Robin Gosens mitten in die Drangphase von Barcelona. Der Außenverteidiger von Inter Mailand hatte sich auf der linken Seite davongestohlen und eine schnelle Kombination mit seinem Treffer zum 3:2 veredelt.
Bayern kann Barcelona stürzen lassen
Kurz vorher hatte Barcelona durch den Ausgleich von Robert Lewandowski in der 82. Minute eine wilde Schlussphase eingeläutet, die am Ende nach einem weiteren Tor des Polen zum 3:3 in der 92. Minute ihren Abschluss fand. Auch, weil Keeper ter Stegen nahezu im Gegenzug eine schier unmögliche Parade gegen Kristjan Asslani zeigte. Am Ende der wilden Achterbahnfahrt, bei der besonders Barcelona-Verteidiger Gerard Piqué Inter immer wieder mit auf die Reise vor das Tor der Spanier nahm, stand somit ein Unentschieden, das für Barcelona eine Katastrophe bedeuten kann. Sportlich und finanziell.
"Das Aus in der Champions League hat uns letzte Saison rund zwölf Millionen Euro gekostet", sagte Vizepräsident Eduardo Romeu erst in der vergangenen Woche: "Wir haben mit Einnahmen gerechnet, die nicht hereinkamen, haben aber natürlich auch Kosten gespart. In dieser Saison wollen wir La Liga gewinnen und in der Champions League ins Viertelfinale einziehen." Das wird sehr wahrscheinlich nicht passieren und die Verluste dürften sich bei deutlich über zwölf Millionen Euro bemessen.
In zwei Wochen nun gastiert Bayern München im Camp Nou und könnte alle Hoffnungen der Katalanen auf das Erreichen der K.-o.-Phase beenden. "Na klar" wisse man das, kommentierte Bayern-Legende Thomas Müller beim Parallelspiel in Pilsen und berichtete davon, wie man die "verrückten Ereignisse" in Barcelona auch in Tschechien vernommen habe.
Schon beim Anstoß im Camp Nou in zwei Wochen kann für Barcelona bereits alles vorbei sein. Da Inter Mailand am 26. Oktober schon um 18.45 Uhr gegen Viktoria Pilsen spielt, könnte das Aufeinandertreffen in Barcelona bereits bedeutungslos sein. Das 3:3 am Mittwoch brachte den Italienern nach dem 1:0 im Hinspiel den Sieg im direkten Vergleich. Sie benötigen somit nur noch drei Punkte aus zwei Spielen. Gegen die bislang hoffnungslos unterlegenen Tschechen dürfte dafür sogar eine Durchschnittsleistung reichen.
Wette auf Zukunft bereits verloren?
"Es ist nicht mehr in unserer Hand", gestand Trainer Xavi Hernandez nach dem 3:3, das sich trotz allem wie eine Niederlage angefühlt haben dürfte. Das zweite Vorrunden-Aus in der Champions League in Folge würde einen weiteren Rückschlag für Barcelona bedeuten. Der letzte Sieg in der Königsklasse liegt nun bereits acht Spielzeiten zurück, längst haben neben Dauertitelträger Real Madrid die englischen Klubs das Steuer übernommen. Barça ist nur noch ein Passagier, bei dem schon lange nicht mehr klar ist, wie er die Rechnung überhaupt begleichen will.
Noch im Sommer hatte der Verein eine Wette auf zukünftige sportliche Erfolge abgeschlossen, unter anderem 25 Prozent der TV-Rechte für 25 Jahre an die Investmentfirma Sixth Street verkauft und Beteiligungen an der "Barça Licensing&Merchandising" abgestoßen. Alles, um Spieler wie Robert Lewandowski überhaupt bei der Liga registrieren zu können. Alles, um den Klub, der einst mehr als ein Klub war, kurzfristig wettbewerbsfähig zu machen.
Muss Barcelona im Winter Spieler verkaufen?
"Wir aktivieren wirtschaftliche Hebel und setzen unsere geduldige, nachhaltige und effiziente Strategie um, um die finanzielle Basis des Klubs zu stärken", sagte Vereinspräsident Joan Laporta Ende Juni und sah Barça auf dem Weg zurück zu altem Glanz. Bis zum Ende des Transfersommers hatte der Klub nicht nur über 150 Millionen Euro in neue Spieler investiert, denn neben Lewandowski kamen noch Jules Koundé, Raphina für insgesamt über 100 Millionen Euro, sondern war zusätzlich noch auf dem Niederländer Frenkie de Jong sitzengeblieben. Der Mittelfeldspieler sollte für sehr viel Geld an Manchester United abgegeben werden, wollte sich aber nicht vom Hof jagen lassen, obwohl Barça allerhand Druck auf ihn ausübte.
Das Aus in der Champions League vor Augen, könnte Barcelona bereits im Januar versuchen, weitere Spieler loszuschlagen. Mit Antoine Griezmann verzeichnen sie bereits einen ersten Abgang. Der Franzose läuft zwar schon lange wieder für Atlético Madrid, den Klub, den er einst für 120 Millionen Euro in Richtung Barça verließ, auf, doch erst im Winter überweisen die Hauptstädter rund 20 Millionen Euro. Was ein Deal.
Während sich die Sommer-Ausgaben zumindest in der heimischen La Liga bislang auszahlten und die Mannschaft vor dem Clásico gegen Real Madrid am kommenden Wochenende an der Tabellenspitze thront, stehen sie in der Champions League jetzt also vor dem großen Scherbenhaufen. Ein Aus in der Königsklasse würde nicht nur einen finanziellen Schaden nach sich ziehen, sondern neben der Moral auch das ohnehin ramponierte Image der Katalanen weiter in den Abgrund ziehen. "Wir können nur nach vorne schauen, uns auf den Clásico am Sonntag vorbereiten und auf La Liga fokussieren. In der Champions League ist es für uns jetzt sehr, sehr schwierig und sehr kompliziert", kommentierte Trainer Xavi - eine realistische Einschätzung.
Quelle: ntv.de