Fußball

So knackt der BVB die Bayern Wie bezwingt man Unbezwingbare?

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Die Dortmunder Auferstehung als Spitzenteam macht das Duell mit dem FC Bayern wieder zum Kampf um die Meisterschaft. Doch damit der BVB siegen kann, muss er defensive Probleme beheben - und Münchens einzige Schwäche ausnutzen.

Borussia Dortmunds Schwächephase kommt zum denkbar falschen Zeitpunkt. Bis zum 1:1 bei der TSG 1899 Hoffenheim war der BVB punktgleich mit Bayern München. Doch nach zwei Remis in der Bundesliga – eben gegen Hoffenheim sowie gegen Darmstadt – ist der Abstand zwischen den beiden Teams auf vier Zähler angewachsen, sodass Dortmund am Sonntag unter keinen Umständen in München verlieren darf, um nicht den Anschluss zur Tabellenspitze zu verlieren.

Doch das erscheint im Moment illusorisch. Denn die Bayern haben nicht nur Robert Lewandowski im Angriff, der aktuell in der Form seines Lebens ist und mit vielen genialen Zuspielen gefüttert wird, auch die Akteure links und rechts neben Lewandowski wirken immer besser aufeinander abgestimmt. Pep Guardiola hat sich ein wenig zum Pragmatiker entwickelt. Das zeigten nicht zuletzt die Verpflichtungen von Kingsley Coman und Douglas Costa. Insbesondere Letzterer agiert wie ein klassischer Flügelstürmer und ist selten in Kombinationen eingebunden. Wie schon mit dem derzeit verletzten Arjen Robben sind selbst in Guardiolas taktisch ausgeklügelten Systemen Individualisten von großer Bedeutung.

Wie könnte Borussia Dortmund spielen?

Für beide Mannschaften wird es die erste Partie in dieser Saison sein, in der auch der Gegner bevorzugt den Ball in den eigenen Reihen halten möchte. Insofern wird es interessant, inwieweit einer der Trainer womöglich von dieser Strategie abweicht und sein Team defensiver einstellt. So gut bisher Thomas Tuchels Offensivkonzept funktionierte, so besorgniserregend war phasenweise jedoch die defensive Absicherung.

Aufgrund der aufrückenden Außenverteidiger sind die zentralen Mittelfeldspieler, Julian Weigl und İlkay Gündoğan, die oftmals in die Halbräume ausweichen, wenn sie einen Dortmunder Angriff aufbauen, nicht ausreichend geschützt. Ein Fehlpass kann sofort fatale Folgen haben, weil der Gegner dann jede Menge Platz auf den Flügeln erhält und mit hohem Tempo auf die beiden Innenverteidiger des BVB zustürmen kann.

Folglich wäre es denkbar, dass Tuchel zumindest einen Außenverteidiger anweist, nicht durchgängig aufzurücken. Beispielsweise könnte Linksverteidiger Marcel Schmelzer tiefer positioniert bleiben, sodass zumindest eine Dreierkette absichert. Normalerweise ist der jeweilige Linksverteidiger zusammen mit Henrikh Mkhitaryan und Shinji Kagawa an den vielen BVB-Angriffen über die linke Seite beteiligt. Wird er zurückgezogen, sind Kagawa und Mkhitaryan eher auf sich gestellt. Das eine oder andere Mal könnte Sechser Julian Weigl aufrücken und sie unterstützen. Doch die offensive Durchschlagskraft wäre wohl vermindert. Es bleibt eine Gratwanderung für Tuchel.

Bisher waren die Räume hinter Dortmunds Sechsern anfällig für gegnerische Konter. Insbesondere wenn İlkay Gündoğan einen seiner eher seltenen Fehlpässe spielt, kann es für den BVB gefährlich werden. Womöglich setzt Tuchel deshalb auf einen tieferen Außenverteidiger und somit auf eine situative Dreierabwehr bei eigenem Ballbesitz. Experimente in diese Richtung gab es schon am letzten Donnerstag im Europa-League-Spiel bei PAOK Saloniki.

Bisher waren die Räume hinter Dortmunds Sechsern anfällig für gegnerische Konter. Insbesondere wenn İlkay Gündoğan einen seiner eher seltenen Fehlpässe spielt, kann es für den BVB gefährlich werden. Womöglich setzt Tuchel deshalb auf einen tieferen Außenverteidiger und somit auf eine situative Dreierabwehr bei eigenem Ballbesitz. Experimente in diese Richtung gab es schon am letzten Donnerstag im Europa-League-Spiel bei PAOK Saloniki.

Ähnliches gilt für die Ausrichtung des Dortmunder Pressings. In diesem Fall könnte Tuchel womöglich einen Plan von Jürgen Klopp aus der Schublade holen. Denn der Vorgänger auf der BVB-Bank probierte es zuletzt gegen Bayern immer wieder mit recht strikter Manndeckung im Mittelfeld. Kagawa würde dabei Xabi Alonso bewachen, während Weigl und Gündogan die beiden bayerischen Achter vor Alonso übernehmen. Diese Blockade des Zentrums müsste damit verbunden werden, dass die restlichen Offensivakteure des BVB den Spielaufbau der Bayern auf einen Flügel leiten und dort dann den Ballführenden versuchen zu isolieren. Unter gar keinen Umständen darf es zu zahlreichen Eins-gegen-eins-Situationen zwischen Coman oder Costa und Rechtsverteidiger Matthias Ginter kommen.

Wenn Dortmund selbst im Ballbesitz ist, sind die Schwarzgelben vor allem auf die Spieleröffnung von Mats Hummels angewiesen. Der 26-jährige Kapitän kann mit seinen Pässen die erste Pressinglinie der Münchener normalerweise überspielen und somit Weigl beziehungsweise Kagawa im Mittelfeld finden. Anschließend müsste der BVB über Ablagen und Verlagerungen auf den Flügel den Ball etwas schneller nach vorn bewegen, als es in den bisherigen Saisonpartien der Fall war. Denn sobald sich Bayern in der Defensive formiert hat, sind sie nur sehr schwer zu knacken.

Wie könnte der FC Bayern spielen?

Im Bayern-Mittelfeld müssen sich Thiago und Vidal mit kurzen Läufen ihren Bewachern entziehen.

Im Bayern-Mittelfeld müssen sich Thiago und Vidal mit kurzen Läufen ihren Bewachern entziehen.

Die einzige Schwäche, die seit jeher besteht, ist Bayerns Absicherung gegen Schnellangriffe und Konter. Kann der BVB also rasch Räume überbrücken oder präzise lange Bälle hinter die hochstehende Abwehr der Münchener schlagen, um gerade den pfeilschnellen Pierre-Emerick Aubameyang zu schicken, bedarf es schon der üblichen Manuel-Neuer-Rettungsaktionen, damit der Tabellenführer nicht in Rückstand gerät. Womöglich denkt auch Pep Guardiola darüber nach, ob er einen zusätzlichen Verteidiger zur Absicherung hinten behält.

Gegen die möglichen Manndeckungen der Dortmunder käme es vor allem auf die Beweglichkeit von Thiago Alcântara und Arturo Vidal an, die im Mittelfeld viele kurze Läufe unternehmen müssten, um sich für die ersten Zuspiele anzubieten. Denkbar wäre zudem, dass Guardiola auf die erfolgreiche Strategie aus der zweiten Halbzeit gegen den VfL Wolfsburg setzt und somit Thomas Müller und Robert Lewandowski zusammen in der Sturmspitze aufbietet. Müller könnte direkt im Zentrum spielen, wodurch Guardiola aber entweder Vidal oder Thiago auf der Bank lassen müsste. Oder der 26-Jährige kommt von rechts und zieht immer wieder nach innen.

Da Lewandowski vielleicht von Dortmunds Sokratis in direkte Manndeckung genommen wird, hätte der Pole die Möglichkeit, die Sturmspitze zu verlassen, seinen Gegenspieler mitzuziehen und Lücken für Müller zu schaffen. In jedem Fall müssen die Bayern den Druck auf Sokratis und Hummels über die 90 Minuten aufrechterhalten und auf einen individuellen Fehler oder kollektiven Abstimmungsfehler der BVB-Verteidigung lauern.

Im Endeffekt könnte es passieren, dass sowohl Tuchel als auch Guardiola etwas vorsichtiger als in "normalen" Partien vorgehen. Beide Cheftrainer sind nicht nur versiert in der Spielvorbereitung, sondern auch stark darin, während eines Spiels die richtigen Anpassungen an neue Situationen zu treffen. Borussia Dortmund muss sich von der individuellen Stärke der ersten Elf nicht vor den Bayern verstecken. Der BVB ist hier nahezu auf Augenhöhe. Allerdings könnten die defensiven Schwächen, die bisher unter Tuchel zum Vorschein kamen, böse Auswirkungen auf die Ambitionen der Schwarzgelben haben, weshalb Bayern als leichter Favorit in diese Begegnung geht.

Quelle: ntv.de

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