Redelings Nachspielzeit

Gaby Schuster als Vorbild Als Bianca Illgner den 1. FC Köln fies austrickste

Plötzlich waren sie beide doch weg: Bodo und Bianca Illgner.

Plötzlich waren sie beide doch weg: Bodo und Bianca Illgner.

(Foto: IMAGO/Dahmen)

Vor dreißig Jahren waren die Manager der Bundesliga in Aufruhr. Mit Bianca Illgner vorneweg mischt eine neue Generation der Spielerfrauen die Liga tüchtig auf. Und dann zeigt die Frau des Nationaltorhüters im Stile einer Gaby Schuster den FC-Verantwortlichen auch noch ihre Grenzen auf.

"Ich bin in den nächsten Laden und habe mir eine Perücke und einen Lippenstift gekauft." Norbert Pflippen, der jahrelang einer der Stars unter den Spielerberatern der Bundesliga war, reagierte pikiert und pointiert auf einen Satz des damaligen Bayer-Managers Reiner Calmund, der nach Verhandlungen mit Gaby Schuster, der Gattin des Europameisters von 1980, gemeint hatte, dass jeder Profi eine Frau als Managerin haben sollte. Doch das schwergewichtige Leverkusener Original ging damals, hörbar imponiert, sogar noch einen Schritt weiter: "Respekt! An der habe ich mir die Zähne ausgebissen. Wenn mein Sohn Lizenzspieler würde, dann wünschte ich mir für ihn eine Managerin wie Gaby Schuster."

Es war ein Riesenthema vor dreißig Jahren, das man sich heute so kaum mehr vorstellen kann. Plötzlich mischten die starken Frauen der Bundesligaprofis im Geschäft der Männer mit - und das kam bei Weitem nicht bei allen Alphatieren der Liga gut an. Vorbild für die neue Generation der Spielerfrauen war die Gattin von Bernd Schuster, die bereits in den Achtzigerjahren die sportlichen und finanziellen Geschicke ihres Mannes in die Hände genommen hatte. Das ging sogar so weit, dass der ehemalige Spieler des 1. FC Köln und langjährige Spanien-Legionär einmal ganz entspannt meinte: "Artikel über mich lese ich nicht. Das macht meine Frau."

Als Schuster 1993 nach Deutschland zu Bayer Leverkusen zurückkehrte, musste Reiner Calmund bei den Verhandlungen mit Gaby die eine oder andere bittere Pille schlucken - doch der Bayer-Manager tat es am Ende gerne, denn er wusste, dass ihm mit diesem Transfer ein großer Schachzug gelang. Denn Fußball-Deutschland hatte Gaby Schuster den Wechsel ihres Mannes Bernd Anfang der Achtziger vom 1. FC Köln zum FC Barcelona viele, viele Jahre vorgeworfen, wie der "Spiegel" einst schrieb: "Die kühl berechnende Domina raubt der Nation das blonde Engelchen, das mit wehenden Haaren so wunderschönen Fußball auf den Rasen malen konnte."

"Den Herren ist sie ein Dorn im Auge"

"Ohne Gaby wäre ich nie zu dem geworden, der ich heute bin", hat Bernd Schuster einmal gesagt. Das hätten in Köln im Jahr 1980 allerdings die wenigsten Menschen erwartet. Allgemein war man damals der Meinung, dass die sechs Jahre ältere Gaby den 19-jährigen Jüngling finanziell nur ausnehmen wolle. Vielleicht auch deshalb reagierte der damalige Präsident des FC, Peter Weiand, so wenig taktvoll, als er nach (gescheiterten) Verhandlungen mit Frau Schuster meinte: "Schafft mir diese Furie aus den Augen!" Und nun, einige Jahre später, war da plötzlich Bianca Illgner, die Frau des Weltmeister-Torhüters, und mischte den Laden erst einmal tüchtig auf. Sehr zum Missfallen der FC-Verantwortlichen natürlich.

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"Den Herren vom Präsidium ist sie ein Dorn im Auge. Solange eine Frau nur auf der Weihnachtsfeier mitkommt, ist das okay. Aber wenn sie mitredet, ist das suspekt", meinte Bodo Illgner und wusste da noch nicht einmal, wie groß der Einfluss seiner Frau noch werden würde. Jahrelang hatte der Keeper der Nationalmannschaft öffentlich mit einem Wechsel ins Ausland geliebäugelt ("Wenn zum Beispiel Pisa sagt, du kannst den schiefen Turm haben, dann gehe ich auch nach Pisa"), doch erst im Sommer 1996 wurde es richtig konkret. Und für den FC wiederholte sich auf einmal die Geschichte des Jahres 1980. Nur dieses Mal hieß die Spielverderberin nicht Gaby, sondern Bianca. Und das hatte sie ganz geschickt eingefädelt.

Am Tag bevor Bodo Illgner zu Real Madrid wechselte, hatte der damalige FC-Trainer Peter Neururer noch lauthals getönt: "Illgner ist absolut unverkäuflich. Wir verkaufen ja auch nicht den Kölner Dom." Und auch Manager Wolfgang Loos hatte energisch verkündet: "Der 1. FC Köln denkt nicht daran, Illgner ziehen zu lassen. Nicht einmal für zehn Millionen Mark." Doch die beiden hatten ein Problem: Den Dom konnte der FC tatsächlich nicht verkaufen, da er ihm nicht gehörte. Illgner dagegen konnte jederzeit ins Ausland gehen, da er seit über sechs Jahren eine Freigabeklausel hatte, die Bianca einst weitsichtig in den Vertrag hatte reinschreiben lassen und die es ihm erlaubte, für eine Ablösesumme von vier Millionen Mark den Verein zu wechseln. Und genau von diesem Vertragsdetail hatte Bodos Managerin den Spaniern natürlich erzählt. Und so erfuhr der 1. FC Köln damals tatsächlich erst nach Illgners Unterschrift von dessen Wechsel zu Madrid - und fühlte sich fies ausgetrickst.

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"Wenn Bodo Illgner Busfahrer wäre, würde Bianca den ganzen Tag Bus fahren", hat Norbert Pflippen, der Spielerberater, einst gemeint. Der langjährige Manager von Lothar Matthäus, Michael Ballack und vielen anderen Stars des deutschen Fußballs konnte sich nur schwer damit abfinden, dass da plötzlich auch Frauen wie Bianca Illgner oder Angela Häßler in "sein" Geschäft eingriffen. Doch wie wir heute wissen: Es sollte sich daraus kein allgemeiner Trend entwickeln. In den Folgejahren drangen immer mehr Spielerberater ins große Fußball-Business und teilten sich den Markt untereinander auf. Eine Bianca Illgner hat es so in der Form seit damals nicht mehr gegeben.

Übrigens: Wer mehr über diese wilde Zeit des geschäftstüchtigen Ehepaars Illgner erfahren möchte, sollte sich einmal den fiktiven Tatsachenroman "Alles" der beiden, erschienen im Jahr 2005, näher anschauen. Denn das Buch, das die Illgners "vollkommen ohne den sonst obligatorischen Ghostwriter" geschrieben haben, ist wahrscheinlich der ehrlichste und authentischste Blick hinter die Kulissen des internationalen Profifußballs. Die beiden Hauptcharaktere Kevin (Bodo) und Jasmin (Bianca) erleben viele Abenteuer, die aufmerksame Beobachter des Fußballs wiedererkennen sollten. Und auch die "Tarnnamen" der anderen Akteure - ein Bundestrainer heißt beispielsweise Hans Eckenhauer, der danach Peter Wadenbein - sollten zu entschlüsseln sein. Doch Vorsicht: Es geht an manchen Stellen äußerst schlüpfrig zu. Jedenfalls versteht man hinterher allerdings den Satz von Bianca Illgner, "Profis sollten alleine leben. Sie betrügen ja doch nur Frau oder Freundin", - und noch vieles mehr.

Quelle: ntv.de

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