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Meta hat noch viel zu tun Zuckerbergs Threads ist noch kein Twitter-Ersatz

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Mark Zuckerbergs Threads sitzt Elon Musks flügellahmen Twitter  im Nacken.

Mark Zuckerbergs Threads sitzt Elon Musks flügellahmen Twitter im Nacken.

(Foto: kwe)

Facebook-Mutter Meta veröffentlicht den Twitter-Konkurrenten Threads. Die Anwendung ist zwar in der EU wegen "noch offenen regulatorischen Fragen" nicht verfügbar, man kann sie aber mit einem einfachen Trick trotzdem schon nutzen. Es lohnt sich allerdings bisher kaum, Meta hat noch viel zu tun.

Der Zeitpunkt, Threads an den Start zu bringen, hätte von Mark Zuckerbergs Meta-Konzern nicht besser gewählt sein können. Schließlich suchen immer mehr Twitter-Nutzer fast schon verzweifelt nach einer Alternative, nachdem Elon Musk sie mit immer mehr Einschränkungen und Veränderungen drangsaliert.

So ist es keine Überraschung, dass Threads laut Zuckerberg in den ersten sieben Stunden bereits zehn Millionen Nutzer gewinnen konnte. Und das obwohl die Twitter-Alternative wegen Metas Problemen mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in der EU vorerst nicht verfügbar ist. Offiziell, denn durch einen einfachen Trick kann man sich trotzdem anmelden.

In der EU vorerst nur über Umwege nutzbar

Hier finden sich Twitter-Nutzer schnell zurecht.

Hier finden sich Twitter-Nutzer schnell zurecht.

(Foto: kwe)

Einfach ist es vor allem für Android-Nutzer. Man muss lediglich einen VPN-Dienst nutzen, um seinen Internetverkehr über ein Land umzuleiten, in dem Threads offiziell verfügbar ist. Dann lädt man die App als APK von einer vertrauenswürdigen Plattform herunter und installiert sie. Im Anschluss kann man sich wie andere Nutzer weltweit mit seinem Instagram-Konto anmelden.

Achtung: Apps aus alternativen Quellen zu installieren, ist riskant. Wer nicht genau weiß, was zu tun ist, sollte sich bis zum offiziellen Threads-Launch in der EU gedulden.

Auch iPhone-Benutzer können Threads hierzulande bereits nutzen, müssen dafür aber extra ein Konto in den USA oder einem anderen kompatiblen Land einrichten und ihre Geräte entsprechend umstellen. Erst dann können sie die Anwendung aus dem Apple Store installieren. Desktop-Versionen existieren bisher nicht.

Deutsche Version schon bereit

Meta meidet die EU zwar aktuell, ist jedoch offensichtlich schon auf einen Start dort vorbereitet. Die App steht inklusive Hilfe und Kleingedrucktem unter anderem komplett in Deutsch zur Verfügung. Nachdem man die Anwendung installiert und sich angemeldet hat, benötigt man auch keine VPN-Verbindung mehr.

Die App ist bereits durchgehend auf Deutsch übersetzt.

Die App ist bereits durchgehend auf Deutsch übersetzt.

(Foto: kwe)

Wie von Zuckerberg versprochen, ist Threads unkompliziert. Das liegt aber nur zu einem kleinen Teil an der durchaus gelungenen, klar gestalteten Benutzeroberfläche. Hauptsächlich ist Threads einfach zu handhaben, weil es bisher kaum Optionen bietet.

Eng verknüpft mit Instagram

Praktisch - und Threads großer Vorteil zu anderen Alternativen - ist, dass man sein Gefolge von Instagram mitnehmen beziehungsweise behalten kann. Die beiden Meta-Plattformen sind und bleiben eng verbunden. Das betrifft auch den Datenaustausch, was der Europäische Gerichtshof kürzlich ohne gesonderte Einwilligung der Nutzer für unrechtmäßig erklärte.

Beiträge der Menschen, denen man folgt, sieht man so oder so kaum. Denn aktuell tummeln sich in der Timeline alle Nutzer und man scrollt durch eine Menge belangloser oder zumindest ungewollter Beiträge. Man sieht vor allem viele Konten mit blauem Haken, da verifizierte und offenbar bevorzugte Instagram-Teilnehmer dies automatisch auch bei Threads sind.

Viele Zeichen, aber wenig Optionen

Grundsätzlich ist es dort möglich, Text mit bis zu 500 Zeichen, bis zu fünf Minuten lange Videos, Fotos und Links zu posten. GIFs kann man aktuell nicht einfügen. Um einem Konto zu folgen, tippt man auf dessen Logo, dessen angefügtes Plus-Zeichen dann verschwindet.

GIFs können vorerst nicht gepostet werden.

GIFs können vorerst nicht gepostet werden.

(Foto: kwe)

Beiträge kann man liken, kommentieren, erneut posten, zitieren oder teilen. Nutzer lassen sich stummschalten, blockieren oder melden, einzelne Posts verbergen. Dazu erhält man die üblichen Benachrichtigungen, beispielsweise wenn ein eigener Beitrag kommentiert oder geteilt wurde.

Einstellungen, um die Einheits-Timeline etwas stärker zu personalisieren, gibt es so gut wie gar nicht. Man kann sie weder auf Nutzer, denen man folgt, noch auf ein Thema beschränken. Hashtags, Listen? Fehlanzeige. Die Suche findet nur Konten.

Immerhin: Bei Benachrichtigungen hat man fast so viele Möglichkeiten wie bei Twitter. Gut: Man kann nicht nur festlegen, wer auf einen eigenen Beitrag antworten darf, sondern kann auch die Anzahl der "Gefällt mir"-Angaben verbergen. Im Profil werden die "gelikten" Beiträge nicht angezeigt, man sieht lediglich Antworten.

Die Threads-Einstellungen sind zwar mit denen von Instagram verbunden. Änderungen wie die Beschränkung von Beiträgen auf die Posts von gefolgten Konten wirken sich aktuell aber noch nicht aus. Dies könnte sich ändern, wenn die Länderbeschränkung aufgehoben wird.

Threads könnte sich durchsetzen

Mastodon kann viel mehr als Threads und ist obendrein keine Datenkrake. Doch der dezentrale Ansatz scheint vielen Nutzern zu kompliziert zu sein. Jedenfalls hat Tröten Twittern bisher nicht mal ansatzweise abgelöst. Mastodon und Threads könnten sich in Zukunft aber auch ergänzen. Denn Meta plant, das Netzwerk mit dem offenen Standard ActivePub kompatibel zu machen, wodurch die Plattformen interoperabel würden. Threads wäre dann ein Teil des sogenannten Fediverse.

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Alles in allem ist Threads aktuell aber noch weit davon entfernt, eine echte Twitter-Alternative zu sein. Meta hat offenbar die Gelegenheit genutzt und eine sehr frühe, abgespeckte Version veröffentlicht. Vor allem die aufgezwungene Blaue-Haken-Timeline nervt, aber auch etliche andere Einstellungen fehlen, um Threads zu personalisieren oder gar zum Recherche-Werkzeug zu machen.

Es gibt jedoch keinen Grund anzunehmen, dass Meta die fehlenden Elemente nicht hinzufügen kann und wird. Außerdem ist jeder Instagram-Nutzer ein potenzieller Threads-Nutzer. Und wenn Meta ihnen gibt, was sie sich wünschen, hat Zuckerbergs Netzwerk sehr gute Chancen, Twitter abzulösen - egal, welche berechtigten Bedenken es bei Facebook & Co. gibt. Dafür schluckt der Konzern voraussichtlich auch die bittere DSGVO-Pille und hält sich zähneknirschend an EU-Regeln.

Quelle: ntv.de

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