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Totgesagte Plattform lebt Versetzt Zuckerberg Twitter den Todesstoß?

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In den EU-Staaten wird Threads zunächst nicht verfügbar sein.

In den EU-Staaten wird Threads zunächst nicht verfügbar sein.

(Foto: Christoph Dernbach/dpa)

Trotz der Unzufriedenheit vieler Twitter-Nutzer konnte bislang kein Konkurrent der Plattform wirklich gefährlich werden. Nun versucht Elon Musks Erzrivale Mark Zuckerberg mit der neuen App Threads sein Glück. Er hat dabei einen entscheidenden Vorteil und einen Nachteil gegenüber anderen Twitter-Alternativen.

Seit Twitter vom reichsten Mann der Welt gekauft wurde, wird über den Niedergang des sozialen Netzwerks spekuliert. Nach nahezu jeder Entscheidung des neuen Eigners Elon Musk folgte eine Welle der Kritik und die Ankündigung vieler Nutzer, zu alternativen Diensten zu wechseln. Tatsächlich gegangen sind allerdings nur wenige. Musks Erzkonkurrent Mark Zuckerberg hat mit seinem Netzwerk-Konzern Meta wohl als Einziger eine realistische Chance, dem angeschlagenen Kurznachrichtendienst den Todesstoß zu versetzen. Die neue Meta-App Threads ist nun an den Start gegangen. Zuckerberg hat gegenüber anderen, zeitweilig gehypten Twitter-Alternativen einen entscheidenden Vorteil - und einen Nachteil.

Die Behauptung Musks im Frühjahr, die Aktivität der Nutzer habe bei Twitter ein neues Rekordniveau erreicht, dürfte zwar eine zumindest selektive Darstellung sein. Auch die Versuche, neue Einnahmen durch den Verkauf von Twitter-Blue-Abos zu generieren, erfüllen die Erwartungen bislang nicht. Doch keine der immer wieder als Alternativen ins Spiel gebrachten Konkurrenten konnte Twitter bisher eine nennenswerte Zahl von Nutzern abwerben - bis jetzt. Gemessen an seinen 6,6 Milliarden Visits, also Besuchen von Nutzern, gehört Twitter laut dem Webdaten-Anbieter Similiarweb Stand Mai immer noch zu den reichweitenstärksten Websites der Welt.

Die Folge scheinbar erratischer Entscheidungen Elon Musks reißt unterdessen nicht ab. Jüngst verkündete er, die Zahl der Tweets, die Nutzer täglich lesen können, zu begrenzen - für zahlende Mitglieder allerdings weniger einschneidend als für die Normal-Nutzer. Auch sind Twitter-Inhalte generell nur noch für eingeloggte Nutzer sichtbar, was die Reichweite des Netzwerks und auch die Sichtbarkeit in Suchmaschinen einschränkt. Dazu kommt Ärger über technische Probleme, die sich häufen, seit Elon Musk einen Großteil der Twitter-Belegschaft entlassen hat. Die Kritik an der verstärkten Verbreitung von Hass und Falschinformationen lässt ebenso wenig nach wie die Beschwerden über nach Wahrnehmung vieler Nutzer immer aktiveren Roboter-Accounts.

Umfragen zufolge sind tatsächlich viele Nutzer unzufrieden. Etwa ein Viertel der Nutzer geht laut einer Erhebung vom vergangenen Mai davon aus, Twitter in den kommenden zwölf Monaten endgültig zu verlassen. Das Netzwerk Mastodon etwa hat seine Nutzerzahl innerhalb eines halben Jahres nach der Twitter-Übernahme durch Musk vervierfacht. Mit zehn Millionen sind das aber immer noch nur etwa fünf Prozent der geschätzt mehr als 500 Millionen Twitter-Nutzer. Andere, vor allem neu gestartete Konkurrenten wie das von Twitter-Gründer Jack Dorsey aus der Taufe gehobene Netzwerk Bluesky Social sind noch kleiner oder noch in der Testphase.

Der Nutzen liegt in der Größe

Die fehlende Größe ist offenbar bislang die entscheidende Hürde für die Twitter-Konkurrenz, der Kurznachrichtenplattform Nutzer abzujagen. Trotz aller Aufregung um einzelne Funktionalitäten ist die Zahl von potenziellen Lesern und Informationsquellen der entscheidende Faktor für den Nutzen einer sozialen Plattform. Alle bisher debattierten Twitter-Alternativen konnten dieses Henne-Ei-Problem nicht überwinden: Mit wenigen Mitgliedern waren sie zu klein, um einen mit Twitter vergleichbaren Nutzen zu bieten. Und weil sie diesen Nutzen nicht boten, konnten sie nicht ausreichend neue Mitglieder gewinnen.

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Der Vorteil von Zuckerbergs Threads bei diesem Problem ist offensichtlich: Die neue App ist an die etablierte Plattform Instagram angehängt, die mit etwa zwei Milliarden Nutzern sogar deutlich größer ist als Twitter. Viele der bisherigen Twitter-Nutzer könnten so automatisch ein Threads-Konto bekommen. Unklar ist, ob Meta diesen Vorteil unmittelbar ausspielen kann. Die Anwendung wurde zwar in den USA und vielen anderen Ländern freigeschaltet. In Deutschland und den anderen EU-Staaten wird Threads zunächst aber nicht verfügbar sein. Der Konzern begründet das mit noch offenen regulatorischen Fragen.

Die größere Frage ist aber, ob die unzufriedenen Twitter-Nutzer, die noch kein Instagram-Konto haben, zu Zuckerbergs Netzwerk-Konzern wechseln wollen. Zuckerberg steht wegen ähnlicher Kontroversen etwa um die Verbreitung von Hass und Falschinformationen in der Kritik wie Elon Musk. Meta dominiert mit Facebook, Instagram und Whatsapp bereits große Teile des Social-Media-Geschäfts. Unter anderem Datenschützern ist diese Marktmacht ein Dorn im Auge. In diesem Sinne könnte die Größe des Konzerns manche potenziellen Nutzer davon abschrecken, zu Threads zu wechseln.

Quelle: ntv.de

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