Neuer Ansatz aus Panama Dämmmaterial aus Abfällen ist Kunststoff-Alternative
01.12.2023, 14:10 Uhr Artikel anhören
Die Forschenden testen verschiedene Zusammensetzungen des Dämmstoffes mit Reishülsen.
(Foto: Universidad Tecnológica de Panamá Grupo I2TEDSI)
Bei der Reisherstellung fallen massenhaft Reishülsen an. Diese schützen das einzelne Korn vor äußeren Einflüssen wie Feuchtigkeit. In Kombination mit Papier, Klebstoff und einem schützenden Mineral könnten diese zu einem nachhaltigen Dämmstoff werden.
Forscher aus Panama haben ein Dämmmaterial aus Abfällen entwickelt. Dafür nutzen sie zum einen Reishülsen, die sonst auf Deponien abgelagert oder verbrannt werden. Zum anderen verwenden sie das Papier alter Zeitungen. Zusammen mit dem Mineral Borax für den Fäulnis- und Feuerschutz sowie einem Klebstoff bietet das Dämmmaterial eine Alternative zu häufig verwendeten Kunststoffen auf Erdölbasis. Das Team um Nacarí Marín-Calvo von der Universidad Tecnológica de Panamá in Panama-Stadt präsentiert das Material im Fachmagazin "Frontiers in Built Environment".
Frühere Studien haben nach Angaben des Teams ergeben, dass 16 bis 23 Prozent des Kunststoffverbrauchs auf den Bausektor entfallen. Außerdem falle 30 bis 40 Prozent des globalen Energieverbrauchs auf diesen Sektor. Hinzu kommt: "Etwa 20 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Gebäuden weltweit entfallen auf den Einsatz von Klimaanlagen", schreiben die Studienautoren. Eine gute Dämmung von Gebäuden könnte den Kühlungsbedarf in heißen Ländern reduzieren. Deshalb begaben sich Marín-Calvo und Kollegen auf die Suche nach einem alternativen, nachhaltigen Dämmstoff.
Eigenschaften von Reishülsen und Papier nutzbar
Reis ist in Panama das Agrarprodukt mit dem höchsten Ertrag. Etwa 20 Prozent dieser Ernte besteht aus Reishülsen, die beim Schälen entfernt werden. Die Hülsen, die für den Dämmstoff zu Partikeln von weniger als einem Millimeter Größe gemahlen werden, bestehen wiederum zu rund 20 Prozent aus Siliziumdioxid (Quarzsand), das die Hülsen vor der Wasserdurchdringung schützt. Diese Eigenschaft ist auch bei Dämmmaterial von Bedeutung. Gute Dämmeigenschaften weist zudem die aus Bäumen gewonnene Zellulose auf, der Hauptbestandteil von Papier.
Die erste Mischung bei den Versuchen bestand aus 14 Prozent Zeitungen, 9 Prozent Reishülsen, 15 Prozent Borax und 62 Prozent Klebstoff. Bei weiteren Mischungen wurde der Anteil der Reishülsen bis auf 19,5 Prozent erhöht, der Anteil der Zeitungen entsprechend verringert. Die Eigenschaften des Dämmmaterials änderten sich jedoch dadurch kaum. Die Zugfestigkeit ist ähnlich groß wie bei Materialien auf der Basis von Karton, Beton oder Sand. Außerdem zeigt das Forschungsprodukt gute isolierende Eigenschaften. "Das entwickelte Material weist im Vergleich zu vielen natürlichen und recycelten Dämmstoffen eine konkurrenzfähige Wärmeleitfähigkeit auf", wird Marín-Calvo in einer Mitteilung ihrer Universität zitiert.
Einige Hürden bis zur kommerziellen Nutzung
Die feuchte Materialmischung wird zwei Tage lang unter Druck gehalten, um die Verklebung sicherzustellen. Das anschließende Trocknen in der Sonne dauert wegen der hohen Luftfeuchtigkeit in Panama rund zwei Wochen. Das ist jedoch nicht das Einzige, was für eine kommerzielle Nutzung noch verbessert werden müsste. "Im Rahmen zukünftiger Forschung bewerten wir den Abbau des entwickelten Materials unter kontrollierten Umgebungsbedingungen", sagt Marín-Calvo. Zudem ist Borax als Gefahrstoff eingestuft. Auf Nachfrage erklärt die Forscherin, dass Borax in der verwendeten Konzentration keine Umweltgefahr darstelle. Dennoch würden Komponenten untersucht, die Borax als Hemmstoff bei der Ausbreitung von Pilzen und Bränden ersetzen könnten.
"Die erzielten Ergebnisse zeigen, dass Recyclingmaterialien und Agrarabfälle das Potenzial haben, herkömmliche Baumaterialien zu ersetzen und somit ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu erreichen", lautet das Fazit der Studienautoren. Sie schreiben außerdem, dass das Material möglicherweise in verschiedenen technischen Bereichen von Nutzen sein könnte, einschließlich Leichtbaukomponenten, Bauplatten, nachhaltigen Verpackungen, Energieableitung und Wärmedämmung.
Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa