1,5-Grad-Marke könnte fallen El Niño macht 2023 und 2024 Hitzerekorde wahrscheinlicher
21.04.2023, 17:02 Uhr Artikel anhören
Bereits jetzt kommt es weltweit zu Hitzewellen und enormer Trockenheit.
(Foto: dpa)
Die Gletscher der Alpen schmelzen im Rekordtempo, die Fläche des antarktischen Meereises erreicht einen Tiefststand - die klimatischen Entwicklungen sind alarmierend. Nun bahnt sich das Phänomen El Niño an und könnte zu einer besonders warmen Phase auf unserem Planeten führen.
Aufgrund eines besonderen Wetterphänomens warnen Fachleute vor einem Rekord der globalen Durchschnittstemperatur im kommenden Jahr - oder sogar noch in diesem. Der sich anbahnende El Niño verheiße nichts Gutes, sagte Petteri Taalas, Generalsekretär der Weltwetterorganisation (WMO), bei der Vorstellung des Klimazustandsberichts 2022 in Genf. Weil das Phänomen einen wärmenden Effekt habe, könne die globale Durchschnittstemperatur schon im kommenden Jahr einen Höchstwert erreichen, sagte Taalas.
Helge Goessling vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven sagte zum vermutlich auftretenden El-Niño-Ereignis: Es könne gut sein, "dass 2023 oder 2024 neue globale Rekorde erreicht werden". Karsten Haustein vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig hält es sogar für denkbar, dass das Jahr 2024 "auch die 1,5-Grad-Grenze zum ersten Mal auf Jahresbasis global überschreiten wird".
Eigentlich wollen die Länder der Welt möglichst verhindern, dass die Erderwärmung 1,5 Grad übersteigt. So steht es im Pariser Klimaabkommen. Aber die bisherigen Klimaschutzanstrengungen reichen dafür bei Weitem nicht aus. 2022 kam es gleich zu mehreren Rekorden: So wurden der neue Tiefststand beim antarktischen Meereis, der neue Höhepunkt bei der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre, die größte Gletscherschmelze in Europa und der höchste Wärmegehalt der Ozeane erreicht, heißt es in dem WMO-Bericht. Die Werte beziehen sich immer auf den Beginn der Messungen, die mehrere Jahrzehnte oder länger zurückliegen.
Ehrgeiziger Klimaschutz gefordert
Wegen der historischen Treibhausgasemissionen sei schon jetzt klar, dass sich diese negativen Trends unabhängig von allen heutigen Anstrengungen zunächst noch bis in die 2060er Jahre fortsetzen, sagte Taalas. Wenn aber jetzt ehrgeiziger Klimaschutz umgesetzt werde, bestehe die Chance, die Erwärmung nach einer vorübergehenden Überschreitung des 1,5 Grad-Ziels wieder darunter zu senken. Die WMO bestätigte, dass 2022 mit plus 1,15 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900 das fünft- oder sechstwärmste Jahr seit der Industrialisierung war. Die Messwerte liegen so nah beieinander, dass eine genaue Unterscheidung unmöglich ist. 2015 bis 2022 waren die acht wärmsten Jahre.
Die Entwicklung in diesem, aber vor allem dem nächsten Jahr dürfte durch El Niño geprägt sein. "Momentan sieht es stark danach aus, als würde 2023 erstmals seit 2015/2016 wieder ein starker El Niño auftreten", sagte Klimawissenschaftler Haustein. El Niño zeichnet sich durch veränderte Strömungen in Meer und Atmosphäre und höhere Temperaturen an der Ozeanoberfläche im Pazifik aus. Auf das Wetter in Europa hat El Niño laut Haustein nur geringen Einfluss.
Quelle: ntv.de, loe/dpa