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Geringeres Infektionsrisiko Forschern gelingt Heparin-Herstellung ohne Schweinedärme

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Heparin kommt auch zum Einsatz, damit Blutproben nicht gerinnen.

Heparin kommt auch zum Einsatz, damit Blutproben nicht gerinnen.

(Foto: IMAGO/Panthermedia)

Jedes Jahr werden fast 100 Tonnen Heparin weltweit hergestellt. Bisher ging das nicht ohne Schweinedärme. Doch Forschenden gelingt es nun, das Mittel, das die Blutgerinnung unterdrückt, synthetisch nachzubauen. Das Verfahren könnte in Zukunft auch zur Herstellung anderer Wirkstoffe eingesetzt werden.

US-Forschende haben den eigentlich aus Schweinen gewonnenen Gerinnungshemmer Heparin synthetisch und in hoher Qualität hergestellt. Es bringe viele Vorteile, bei der Produktion des Wirkstoffs nicht auf Tiere angewiesen zu sein, schreibt die Gruppe um Jonathan Dordick und Robert Linhardt vom Rensselaer Polytechnic Institute in Troy im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" ("PNAS").

Bisher muss rohes Heparin aus der Darmschleimhaut von Schweinen entnommen und aufbereitet werden. Die Forschenden um Dordick und Linhardt konnten nun zeigen, dass das synthetische Heparin dem aus Schweinen gewonnenen sehr ähnlich ist und bestimmte offizielle US-Kriterien erfüllt.

Einsatz bei Thrombosen

Medikamente auf der Basis von Heparin werden beispielsweise für die Behandlung von Thrombosen und zur Vermeidung der Gerinnung von Blutproben eingesetzt. Jährlich werden weltweit fast 100 Tonnen Heparin aus den Darmschleimhäuten von fast einer Milliarde Schweinen gewonnen. "Allerdings bringt die Heparinproduktion durch Extraktion aus tierischen Geweben zahlreiche Herausforderungen mit sich, darunter das Risiko von Verfälschungen, Kontaminationen, Prion- und Virusverunreinigungen, begrenzte Vorräte, unsichere Lieferketten und erhebliche Schwankungen von Charge zu Charge", schreiben die Studienautoren. Außerdem berge tierisches Heparin das Risiko der Übertragung von Krankheiten.

Dordick, Linhardt und Kollegen starteten die biotechnologische Synthese mit Darmbakterien der Art Escherichia coli, aus denen sie den Stoff Heparosan gewannen. In zahlreichen Prozessschritten unter Verwendung verschiedener Enzyme entstand dann schließlich Heparin. Die Forschenden zeigten auch, dass das synthetische Heparin in ein bestimmtes Heparin mit niedrigem Molekulargewicht umgewandelt werden kann, wie es für viele gerinnungshemmende Medikamente verwendet wird.

Vollständig im Toleranzbereich

Mit Kernspinresonanz-Spektrometern und anderen Analysemethoden ermittelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Struktur des entstandenen Heparins und verglichen sie mit der des Schweine-Heparins. Sie stellten eine große Übereinstimmung fest, doch das abgeleitete Heparin mit niedrigem Molekulargewicht war aktuell verwendeten Wirkstoffen noch ähnlicher. Als Naturprodukt ist Heparin nicht immer exakt gleich zusammengesetzt, deshalb weist das sogenannte Arzneibuch der USA einen Toleranzbereich für Inhaltsstoffe und Eigenschaften aus. Das biotechnologisch erzeugte Heparin liege in allen Belangen in diesen Toleranzbereichen, so die Forschenden.

"Wir glauben, dass dieser Ansatz zur großtechnischen Produktion eines nicht-tierischen Heparins und seiner abgeleiteten Heparine mit niedrigem Molekulargewicht führen kann", schreiben die Studienautoren. Sie gehen davon aus, dass mit ähnlichen Prozessen auch andere aus Tieren gewonnene Wirkstoffe ersetzt werden können, etwa Chondroitinsulfat. Diese Substanz kommt bei der Behandlung von Gelenkerkrankungen wie Arthrose zum Einsatz und wird aus dem Knorpelgewebe von Rindern, Schweinen und Haien extrahiert.

Quelle: ntv.de, jaz/dpa

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