Laufende und stochernde Fische Knurrhahn kann mit Beinen fühlen und riechen
26.09.2024, 17:01 Uhr Artikel anhören
Der Knurrhahn ist ein besonderer Fisch, der in fast allen Weltmeeren vorkommt.
(Foto: Anik Grearson)
Der Knurrhahn ist ein bodenbewohnender Meeresfisch mit vielen Besonderheiten. Er kann grunzende Geräusche machen und mit seinen Beinen im Boden graben. Welche Fähigkeiten das eigenwillige Tier noch hat, untersuchen Forschende und stoßen auf komplexe Sinneswahrnehmungen.
Ein Körper wie ein Fisch, Flügel wie ein Vogel, Beine wie ein Krebs: Knurrhähne sind in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Mit ihren sechs Beinen, die aus den Strahlen der beiden Brustflossen entstanden sind, können sie über den Meeresboden laufen und auch darin stochern.
Und manche Arten der Gruppe können noch mehr: Sie vermögen den Untergrund einerseits mit ihren Beinen abzutasten, zum anderen erkennen sie damit Gerüche von im Boden verborgener Beute wie Muscheln. Und darin sind sie so geschickt, dass andere Fische den Tieren in der Hoffnung folgen, dass für sie etwas abfällt. Das berichten zwei internationale Forschungsteams im Fachblatt "Current Biology".
Knurrhähne (Triglidae) umfassen weit über 100 Arten und kommen in vielen Weltmeeren vor - auch in der Nordsee gibt es sie. Die Fische sind Bodenbewohner, die weichen Untergrund bevorzugen.
Besondere Ausbuchtungen an den Beinen
Bei manchen Knurrhahn-Arten sind die Beine besonders ausgestattet. So reagieren sie bei der Art Prionotus carolinus äußerst empfindlich auf Berührungen und auch auf chemische Stoffe. In Versuchen fanden die Tiere zuverlässig im Boden versteckte Beute - etwa Kapseln mit Muschelextrakt. Sogar einzelne Aminosäuren registrierten die Tiere.
Das schafft der 30 bis 40 Zentimeter große, im westlichen Nordatlantik heimische P. carolinus dadurch, dass seine schaufelförmigen Beine Ausbuchtungen haben. Diese sogenannten Papillae enthalten berührungsempfindliche Nervenzellen. Zudem liegen dort Geschmackssensoren, die auf chemische Stoffe reagieren.
"Anfangs staunten wir über die Beine, die alle Knurrhähne haben, und die sie von den meisten anderen Fischen unterscheiden", sagt Ko-Autor David Kingsley. "Aber überrascht hat uns, wie sehr Knurrhähne sich voneinander abheben in Bezug auf die sensorischen Strukturen auf ihren Beinen."
Demnach leben Knurrhähne mit Papillae - darunter auch der etwas kleinere Prionotus scitulus - nur an relativ wenigen Orten. Dies führt das Team um Corey Allard von der Harvard University darauf zurück, dass diese Arten noch relativ jung sind.
Evolution tüftelt mit alten Teilen
In der zweiten Studie untersuchte ein Team um Amy Herbert von der Stanford University die genetischen Grundlagen der Papillae-Beine. Demnach geht diese Eigenschaft vor allem auf den Transkriptionsfaktor tbx3a zurück. Dieser spielt sowohl eine Rolle bei der Bildung der Beine als auch für die Papillae und das Grabeverhalten - und sorgt auch für bestimmte Hirnstrukturen.
Tbx3a spielt bei vielen Wirbeltieren eine Rolle für die Entwicklung von Gliedmaßen, auch beim Menschen. "Auch wenn viele Eigenschaften neu scheinen, gehen sie auf Gene und Bausteine zurück, die schon seit langer Zeit existieren, erläutert Kingsley. "Das zeigt, wie die Evolution arbeitet: durch Herumtüfteln mit alten Teilen, um neue Sachen zu schaffen."
Übrigens haben Knurrhähne, die als Speisefische sehr geschätzt werden, noch eine weitere Besonderheit: Sie können mit ihrer Schwimmblase Knurrlaute erzeugen - daher stammt ihr Name.
Quelle: ntv.de, Walter Willems, dpa