Mehr Embryonen sterben Lärm schadet Vögeln schon im Ei
29.04.2024, 10:28 Uhr Artikel anhören
Männlicher Zebrafink und Zebrafink-Küken (v.r.): Verkehrslärm schadet den Vögeln sehr.
(Foto: Photo by Renu Gooley)
Dass Lärm Menschen krank macht, ist bekannt. Dass das auch für Vögel gilt, zeigt eine Studie eines australischen Forschungsteams. Verkehrslärm hat demnach gravierende Folgen für Vögel - und das bereits vor dem Schlüpfen.
Krach macht krank. Das gelte nicht nur für Menschen, sondern auch für Vögel, stellt eine im Fachblatt "Science" veröffentlichte Studie nun fest. Menschengemachter Lärm beeinträchtigt die langfristige Entwicklung von Australischen Zebrafinken, wie eine australische Forschungsgruppe berichtet. Und das selbst dann, wenn nur die Eier dem Krach ausgesetzt sind.
Absolute Stille ist heutzutage nur noch an wenigen Orten auf der Welt zu finden. Die zunehmende Lärmbelastung unserer Umwelt hat nicht nur Auswirkungen auf uns Menschen, sondern auch auf die Tierwelt. Zum Beispiel stört Unterwasserlärm von Schiffen die Kommunikation von Walen, während Nachtigallen in städtischen Gebieten lauter singen.
Stille in der Wüste
Lärm kann die Orientierung, Jagd und auch die Paarung von Tieren beeinträchtigen, die auf ihr Gehör angewiesen sind. Das Umweltbundesamt (UBA) berichtet, dass bestimmte Tierarten Lärmquellen bei ihren Wanderungen großräumig meiden und Umwege machen, um zum Beispiel zu ihren Paarungsgebieten zu gelangen. Das UBA schreibt: "Die Erkenntnisse über die Wirkungen von Geräuschen auf Tiere sind allerdings noch unzureichend, sodass weitere Forschungen notwendig sind."
Eine Studie von Wissenschaftlerinnen der australischen Deakin University hat nun untersucht, wie sich Lärm auf Australische Zebrafinken (Taeniopygia guttata castanotis) auswirkt. Diese leben eigentlich in den Wüstenzonen des Kontinents, wo es nur wenig Verkehr gibt.
Vogelzwitschern und Autolärm vom Band
Konkret setzten die Biologin Alizée Meillère und ihr Team Eier und gerade geschlüpfte Vögel verschiedenen akustischen Umgebungen aus. Dazu gehörten Stille, Aufnahmen vom Gesang anderer Zebrafinken und schließlich Aufnahmen von mäßig lautem Verkehrslärm, wie er in städtischen Gebieten üblich ist.
Das Ergebnis: Schon im Ei führte die Beschallung mit moderatem Verkehrslärm zu schwerwiegenden Folgen. So war der Schlupferfolg bei diesen Eiern wesentlich geringer, mehr Embryonen starben. Die Tiere, die doch schlüpften, waren im Wachstum beeinträchtigt, zudem war die Länge der Telomere - also der Chromosomenenden - bei ihnen langfristig verkürzt, was gemeinhin mit einem Anstieg der Sterblichkeit im Alter in Verbindung gebracht wird. Und schließlich war der Fortpflanzungserfolg der beschallten Finken geringer: Sie bekamen weniger Nachwuchs.
Fokus auf Krankenhauslärm
In einem Kommentar betont Hans Slabbekoorn, der an der niederländischen Leiden University zu akustischer Ökologie forscht, dass die Studie die Annahme von negativen Auswirkungen des Lärms auf die Küken während ihrer Entwicklung im Ei untermauere - ein Effekt, der sich auch auf die vorgeburtliche Lärmbelastung bei anderen Arten, einschließlich des Menschen, erstrecke. Slabbekoorn schreibt: "Die Ergebnisse legen nahe, dass die akustische Umgebung von brütenden Vögeln in Städten und entlang von Autobahnen besser kontrolliert werden sollte und dass der akustische Komfort in Krankenhausumgebungen für werdende Mütter und Säuglinge besondere Aufmerksamkeit verdient."
Auch die Studienautorinnen selbst fordern angesichts ihrer Beobachtungen eine Neubewertung der Bedrohung durch menschengemachten Lärm und entsprechende Schutzmaßnahmen. Sie schließen: "Angesichts der anhaltenden und prognostizierten Zunahme des Straßennetzes, aber auch des Bergbaus, der Industrie und der häuslichen Lärmemissionen, die von mäßigen bis zu hohen Werten reichen, sind Maßnahmen besonders dringend."
Quelle: ntv.de, Alice Lanzke, dpa