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Außergewöhnliches Nervensystem Wie Oktopusse ihre acht Arme koordinieren können

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Ein Kalifornischer Zweifleckoktopus hält sich mit seinen Saugnäpfen an einer Aquarienwand fest.

Ein Kalifornischer Zweifleckoktopus hält sich mit seinen Saugnäpfen an einer Aquarienwand fest.

(Foto: Michael LaBarbera/Nature/dpa)

Oktopusse gelten als außergewöhnlich intelligente Tiere. Sie sind nicht nur Meister der Tarnung, sondern können mit ihren acht Armen Außergewöhnliches leisten. Welche Ausstattung dafür nötig ist, erklärt nun ein Forschungsteam.

Oktopusse sind für ihre Intelligenz, Geschicklichkeit und die schier unendliche Beweglichkeit ihrer acht Arme bekannt. Drei Forschende der University of Chicago haben jetzt gezeigt, wie die Tiere ihre Bewegungen kontrollieren können. Demnach ist das Nervensystem in den Armen in viele kleine Segmente unterteilt, die jeweils mehrere Muskeln ansteuern können. Diese Anatomie ermöglicht eine präzise Kontrolle über alle acht Arme und Hunderte von Saugnäpfen, heißt es in der Studie, die in der Fachzeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht wurde. Alle acht Arme zusammen haben demnach insgesamt mehr Nervenzellen als das Oktopus-Gehirn.

Um herauszufinden, wie genau das Nervensystem aufgebaut ist, untersuchte das Forschungsteam um Cassady Olson die Arme des Kalifornischen Zweipunktkraken mit dem wissenschaftlichen Namen Octopus bimaculoides. Man erkennt die Art an den kreisförmigen blauen Augenflecken auf jeder Seite des Kopfes.

Nach Angaben des Teams sind die Nervenzellen in den Armen des Oktopus in einem großen Strang angelegt, der in viele Abschnitte unterteilt ist. Zwischen den Abschnitten treten Nerven und Blutgefäße zu nahe gelegenen Muskeln aus. Die Nerven der einzelnen Segmente sind dabei jedoch mit verschiedenen Muskelregionen verbunden, was darauf hindeutet, dass die Segmente bei der Steuerung von Bewegungen zusammenarbeiten.

Räumliche Karte der Saugnäpfe an

"Wenn man die Sache aus der Perspektive der Modellierung betrachtet, ist der beste Weg, ein Steuersystem für diesen sehr langen, flexiblen Arm einzurichten, ihn in Segmente zu unterteilen", sagte Olson. Zudem: "Es muss eine Art von Kommunikation zwischen den Segmenten geben, die die Bewegungen glätten."

Die Nerven für die Saugnäpfe treten demnach ebenfalls zwischen den Segmenten im Nervenstrang aus und sind mit deren äußerem Rand verbunden. Das deute darauf hin, dass das Nervensystem eine räumliche Karte der Saugnäpfe anlegt, heißt es in der Studie.

Oktopusse können ihre Saugnäpfe unabhängig voneinander bewegen und deren Form verändern. Die Saugnäpfe sind außerdem mit Sinnesrezeptoren ausgestattet, die es dem Kraken ermöglichen, Dinge, die er berührt, zu schmecken - also eine Kombination aus Hand und Zunge beim Menschen. Das Forscherteam glaubt, dass die besondere Verknüpfung der Nerven diese komplexen sensorisch-motorischen Fähigkeiten ermöglicht.

Andere Kopffüßer untersucht

Oktopusse sind Weichtiere und gehören zur Ordnung der Kraken. Um zu testen, ob auch andere Kopffüßer, sogenannte Cephalopoden, eine ähnliche Nervenstruktur aufweisen, untersuchte das Team auch den Kalmar Doryteuthis pealeii. Er hat acht kurze Arme sowie zwei Fangarme. Diese Fangarme haben an ihren jeweiligen Enden eine Verbreiterung, auf der Saugnäpfe sitzen.

Untersuchungen ergaben, dass das Nervensystem an den Fangarmen der Kalmare nur an den mit Saugnäpfen besetzten Enden segmentiert ist. Sie haben demnach aber weniger Unterteilungen pro Sauger, wahrscheinlich, weil sie diese nicht für andere Sinne verwenden, wie es Oktopusse tun. Kalmare jagen mehr im offenen Wasser, während Oktopusse den Meeresboden durchstreifen und ihre Arme auch zum Erkunden nutzen.

Das deute darauf hin, dass sich diese segmentierten Nervenstränge speziell für die Steuerung von geschickten, mit Saugnäpfen versehenen Armen bei Cephalopoden entwickelt haben, heißt es in der Studie. "Verschiedene Kopffüßer haben eine segmentale Struktur entwickelt, die je nach den Anforderungen ihrer Umwelt und dem Druck von Hunderten Millionen Jahren der Evolution variieren", sagte Seniorautor Clifton Ragsdale.

Quelle: ntv.de, Carla Benkö, dpa

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