Da schau herZiegen verstehen uns besser, als wir denken

Wer - aus welchen Gründen auch immer - mit Ziegen spricht, sollte auf seinen Ton achten. Denn laut einer britisch-chinesischen Studie verstehen die Tiere Menschen vielleicht besser, als bisher angenommen wurde.
Britische und chinesische Forschende haben herausgefunden, dass Ziegen vermutlich unterscheiden können, ob Menschen gut oder schlecht gelaunt sind. Der Studie nach tun sie dies, indem sie Stimmen anhören, ob sie fröhlich oder wütend klingen. Die Tiere hätten im Laufe ihrer langen Verbindung mit Menschen möglicherweise eine Sensibilität für unsere stimmlichen Signale entwickelt, schreiben die Forschenden.
"Hey, schau mal her!"
Sie führten im vergangenen Jahr über mehrere Monate hinweg Experimente mit insgesamt 27 Ziegen und 8 Sprecherinnen und Sprechern im britischen Tierasyl Buttercups Sanctuary for Goats in der Grafschaft Kent durch. Eine Hälfte der menschlichen Probanden war den Tieren gut bekannt, die andere nicht. Beide Gruppen bestanden jeweils aus zwei Frauen und zwei Männern. Sie riefen die Ziegen mal fröhlich, mal wütend (Valenzänderung) immer mit den gleichen Worten: "Hey, schau mal her!"
Es stellte sich heraus, dass drei Viertel der Ziegen die Menschen länger anblickten, wenn diese das Kommando auf andere Weise als zuvor sprachen. "Dishabituieren" nennen die Forschenden eine solche veränderte Aufmerksamkeit. Man habe erwartet, dass Ziegen so reagieren, wenn sie emotionale Inhalte, die durch die menschliche Stimme vermittelt werden, unterscheiden könnten, sagt Marianne Mason von der University of Roehampton.
Dass nicht alle Tiere so reagierten, führen die Forschenden neben anderen externen Faktoren auf mögliche unterschiedliche kognitive Fähigkeiten der Ziegen zurück, menschliche emotionale Signale wahrzunehmen. Besonders aufgewühlt hat das Experiment keine der 27 Paarhufer. Die Forschenden stellten nach einer Valenzänderung keinen erhöhten Herzschlag oder andere physiologischen Veränderungen bei ihnen fest.
Der erste Beweis
Landwirte und andere Menschen, die täglich mit Tieren zu tun haben, werden von den Ergebnissen vielleicht nicht allzu sehr überrascht sein. Aber "diese Studie liefert den ersten Beweis dafür, dass Ziegen zwischen den in der menschlichen Stimme ausgedrückten Signalen, nämlich der emotionalen Wertigkeit, unterscheiden können", sagt Studienleiter Alan McElligott.
Die Ergebnisse seien für das Verständnis des Verhaltens, des Wohlergehens und der emotionalen Erfahrung von Nutztieren wichtig, heißt es in der Pressemitteilung der Forschungsgemeinschaft. Negativ bewertete Stimmen könnten bei Tieren ebenso wie wütende Stimmen Angst hervorrufen. Im Gegensatz dazu könnten positive Reaktionen als beruhigend empfunden werden und Tiere sogar dazu ermutigen, sich ihnen zu nähern und ihnen bei der Bindung zwischen Mensch und Tier zu helfen.
"Die beobachteten Unterschiede in den Reaktionen von Ziegen auf emotionale Hinweise des Menschen könnten die Bedeutung individueller Erfahrungen und des Lernens, insbesondere der interspezifischen emotionalen Kommunikation, unterstreichen", sagt McElligott. "Weitere Forschung ist erforderlich, um die Bedeutung der menschlichen Stimme für das Gefühlsleben und das Wohlergehen von Ziegen und anderen domestizierten Arten zu verstehen."