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Schnupfen, Grippe, Corona? Alle Daten zum aktuellen Infektionsgeschehen

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Einfache Erkältung oder doch Corona? Im Zweifel ärztlichen Rat einholen.

Einfache Erkältung oder doch Corona? Im Zweifel ärztlichen Rat einholen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der Herbst ist da, die Erkältungssaison läuft auf vollen Touren. Welche Erreger sind in Deutschland derzeit im Umlauf? Ist das noch Schnupfen - oder doch Corona? Ein Blick auf die jüngsten Meldedaten zeigt, wie sich die aktuelle Krankheitswelle in der Bevölkerung entwickelt.

Das Infektionsgeschehen in Deutschland steht unter ständiger Beobachtung: In Tausenden Arztpraxen, Laboren und Krankenhäusern halten Fachkräfte routinemäßig nach saisonüblichen Symptomen Ausschau. Zu Beginn der kühleren Jahreszeit stellen sich mehr und mehr Patienten vor. Woran sind die Menschen in Deutschland derzeit vornehmlich erkrankt?

Die genaue Abklärung der Beschwerden und das Auftreten typischer Krankheitszeichen führen im Verdachtsfall zur näheren Prüfung. Liegen Hinweise auf eine meldepflichtige Infektion zum Beispiel mit Influenza oder dem Coronavirus vor, erfolgt umgehend eine Meldung an die Gesundheitsbehörden. Gesammelt und ausgewertet werden diese Daten beim Robert-Koch-Institut (RKI), das sich bei der Beobachtung der Krankheitslast in Deutschland auf eine Vielzahl verschiedener Quellen stützt. Ein Blick auf die Ergebnisse liefert eine gute Übersicht über die laufende Entwicklung:

Hinweis: Die Infografiken zum Infektionsgeschehen in Deutschland werden regelmäßig aktualisiert.

Ein Maßstab zur Einschätzung der aktuellen Lage ist die sogenannte ARE-Rate, die das RKI unter anderem anhand von Informationen aus dem Projekt Grippeweb berechnet. Angegeben wird dort der hochgerechnete Anteil der Bevölkerung, der in der jeweiligen Woche an einer "akuten respiratorischen Erkrankung" (ARE), also einer neu aufgetretenen Infektion der Atemwege erkrankt war. Der Vorteil: Die Angaben stammen direkt aus der Bevölkerung, die Daten entstehen also unabhängig von einem etwaigen Arztbesuch.

Die ARE-Rate zeigt jedoch nur einen groben Schätzwert. Aus den Bewegungen im Vergleich zur Vorwoche und vor dem Hintergrund der Entwicklungen in den Vorjahren lässt sich ein solider erster Eindruck zur Gesamtsituation ableiten. Sehr viel genauer sind die Meldedaten, die aufgrund einer im Labor bestätigten Infektion mit meldepflichtigen Krankheitserregern erfasst werden. Die Anzahl der gemeldeten Fälle liegt dabei naturgemäß unter der Zahl der tatsächlich Erkrankten - schlicht, weil längst nicht alle Infektionen erkannt und detektiert werden.

Am Beispiel der Corona-Infektionen lässt sich das durchspielen: Vom Meldesystem erfasst werden nur diejenigen Fälle, bei denen eine Ansteckung ärztlicherseits diagnostiziert oder per Labortest nachgewiesen wird. Obligatorisch getestet wird in Deutschland zum Beispiel nur noch in Krankenhäusern oder bei Verdachtsfällen. Wer sich mit einer akuten Atemwegserkrankung krankmeldet und zu Hause bleibt, geht mitunter nicht als Corona-Fall in die Statistik ein. Die mutmaßliche Dunkelziffer der nicht erkannten Fälle muss entsprechend hoch angesetzt werden.

Beim RKI sind die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Beobachtungssysteme bekannt. "Nicht jeder, der Symptome einer akuten Atemwegsinfektion hat, geht in eine Arztpraxis und dort wird auch nicht jeder ARE-Patient getestet", heißt es dazu. "Üblicherweise nehmen Ärztinnen und Ärzte nur bei einem Teil der Patienten mit akuten Atemwegserkrankungen Proben aus den Atemwegen ab und lassen sie in einem Labor testen." Zur Abschätzung der tatsächlichen Krankheitslast reichen die Daten aus dem Meldesystem daher nur bedingt aus.

Die Meldedaten ermöglichen immerhin einen Überblick über die saisonalen Bewegungen im Infektionsgeschehen. Der Beginn der alljährlichen Grippewelle zum Beispiel ist in den Meldedaten gut zu erkennen. Im Sommer gehen die erkannten Influenza-Fälle regelmäßig zurück. Im Herbst - zu Beginn der Erkältungssaison - steigen die Fälle in der Regel langsam an.

Zum Vergleich: In der zurückliegenden Saison 2024/25 setzte die Grippewelle erst in der 51 Kalenderwoche und damit kurz vor dem Jahreswechsel ein. Der Höhepunkt war Anfang Februar erreicht. Danach ging die Zahl der erkannten Influenza-Ansteckungen von Woche zu Woche zurück. Erst weit im Frühjahr 2025, nach insgesamt 16 Wochen, konnte das RKI Anfang April 2025 die Influenzawelle für beendet erklären. Insgesamt wurden 393.452 Infektionen mit Influenzaviren erfasst. In der Vorsaison, die noch in die Spätphase der Coronavirus-Pandemie fiel, waren es insgesamt nur rund 212.700 Fälle.

Neben Corona und Influenza hält das RKI weitere Krankheitserreger im Blick. Infektionen mit Respiratorischen Synzytial-Viren (RSV) zum Beispiel stellen insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder, aber auch für ältere oder geschwächte Menschen eine Gefahr dar.

RS-Viren können akute Atemwegsinfektionen auslösen. Unter Säuglingen sind RSV-Ansteckungen sogar die häufigste Ursache für Krankenhauseinweisungen aufgrund akuter Atemwegsinfektionen. Seit Juli 2023 zählen RSV-Infektionen daher zu den bundesweit meldepflichtigen Erkrankungen.

Die Fallzahlen für RSV sind allerdings deutlich niedriger als bei anderen ansteckenden Atemwegserkrankungen. In der vorausgegangenen Saison 2024/25 zählte das RKI insgesamt knapp 67.900 Fälle. Da sich Grippe-, RSV- und Corona-Wellen jedoch überlagern und sich die Übertragungswege ähneln, ist in bestimmten Bereichen wie etwa Krankenhäusern, Schulen, Kitas und Horteinrichtungen sowie Alten- und Pflegeheimen besondere Umsicht geboten.

Seit Juni 2024 empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) eine vorsorgliche Impfung gegen RSV für alle Neugeborenen und Säuglinge. Seitdem hat sich die Zahl der übermittelten RSV-Fälle bei Säuglingen "mehr als halbiert", wie das RKI feststellt. Zusätzlich verweisen Experten zum Schutz vor RSV-Infektionen auf die bekannten Hygiene-Regeln.

Immerhin: Die grundlegenden Vorsichtsmaßnahmen helfen im Übrigen auch gegen weitere ansteckende Atemwegserkrankungen wie etwa Infektionen mit Pneumokokken. Im Gegensatz zu Corona, Influenza und RSV handelt es hier um Bakterien, die den Nasenrachenraum des Menschen besiedeln - "überwiegend ohne dabei Symptome zu verursachen", wie das RKI betont.

Bei bereits geschwächten, sehr jungen oder älteren Patienten können diese Erreger jedoch "durch lokale Ausbreitung" Krankheiten der oberen Atemwege (Sinusitis) auslösen oder auch in die Lunge gelangen, wo es schlimmstenfalls zu einer Lungenentzündung kommt. Auch hier gibt es klare Impf-Empfehlungen, insbesondere für Säuglinge und für Menschen über 60.

Beim Keuchhusten erreichten die Fallzahlen 2024 ungewöhnlich große Ausmaße. Über mehrere Monate hinweg wurden in Deutschland mehr als 600 Fälle pro Woche registriert. Ausgelöst wird Keuchhusten (Pertussis) ebenfalls durch Bakterien. Anders als andere Atemwegsinfekte ist die Ausbreitung nicht an bestimmte Jahreszeiten gekoppelt. "Pertussis kommt ganzjährig vor, eine eindeutige Saisonalität lässt sich nicht beobachten", fasst das RKI zusammen. Seit 2013 ist Keuchhusten bundesweit meldepflichtig.

Nach mehreren Jahren mit vergleichsweise niedrigen Inzidenzen zwischen ein bis vier Pertussis-Fällen je 100.000 Einwohnern stieg die Pertussis-Inzidenz 2024 auf die höchsten Werte seit Einführung der Meldepflicht. Auch hier sind Säuglinge "in epidemischen Jahren" am stärksten betroffen. Infizierte Kleinkinder benötigen häufig eine Kranken­haus­behandlung. Mittlerweile jedoch träten 60 Prozent aller Pertussis-Fälle bei Erwachsenen auf, warnen die Experten. Grund sei eine "unzureichende Umsetzung der empfohlenen Auffrischimpfungen", heißt es beim RKI.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Infektionsgeschehen in Deutschland wird zwar längst nicht lückenlos, aber großflächig und auf mehreren Ebenen überwacht.

Saisonales Infektionsrisiko

"Generell verbreiten sich Viren, die akute Atemwegserkrankungen auslösen, in der kälteren Jahreszeit besser, u.a. weil man mehr Zeit mit Menschen in Innenräumen verbringt. Innenräume werden aufgrund der niedrigeren Außentemperaturen häufig nicht so gründlich gelüftet und Atemwegserreger können sich in der Raumluft anreichern, wenn sich Personen mit Atemwegsinfektionen dort aufhalten. In Innenräumen ist dann die Übertragungswahrscheinlichkeit deutlich höher. Weitere Faktoren können eine Rolle spielen, beispielsweise die geringere Luftfeuchtigkeit oder die trockeneren (und damit anfälligeren) Schleimhäute der Menschen und eine generell schlechtere Immunabwehr im Winter als im Sommer." (Quelle: RKI)

Neben den Meldefällen, den Daten aus dem Grippeweb und den Abwasser-Stichproben steuern bundesweit auch etwa 700 sogenannte Sentinel-Praxen Angaben zum Patientenandrang und zur Häufung bestimmter Krankheitsbilder bei. Der daraus gewonnene Konsultationsindex liefert ergänzende Hinweise.

Im Nationalen Referenzzentrum für Influenzaviren des RKI wiederum werden jede Woche aus ganz Deutschland eingesandte Nasenabstriche von Patienten mit ARE-Symptomen analysiert. Die dabei festgestellten Erreger erlauben nicht nur Rückschlüsse zum Ausmaß etwaiger Krankheitswellen, sondern liefern auch belastbare Erkenntnisse zur Ausbreitung neuer Virustypen. Zusammen mit der Hospitalisierungsinzidenz aus den Krankenhäusern und den Daten aus den Intensivstationen ergibt sich eine Datensammlung, die ein umfassendes Lagebild ermöglicht.

Anlass zur Entwarnung sieht das RKI jedoch nicht. Im Vergleich zu den Vorjahren scheint die "Zirkulation von Influenzaviren und RSV" sich zwar wieder "vorpandemischen Mustern anzugleichen", heißt es. Doch für das Coronavirus Sars-CoV-2 und Covid-19 sei "weiterhin keine ausgeprägte Saisonalität erkennbar".

Quelle: ntv.de

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