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Wusste er wirklich nichts? Weitere E-Mails widersprechen Fynn Kliemann

Youtuber und Webdesigner Fynn Kliemann mit Pommes Frites in der Nase. Foto: Ole Hellwig/ZDF/dpa/Handout

Youtuber Fynn Kliemann: Großer Gönner oder fieser Profitgeier?

(Foto: Ole Hellwig/ZDF/dpa/Handout)

Vor zwei Wochen deckt das "ZDF Magazin Royale" Ungereimtheiten rund um Influencer Fynn Kliemann, seine Maskendeals und mehrere Spenden auf. Seither häufen sich die Vorwürfe und wiegen immer schwerer. Nun befeuern weitere E-Mails den Betrugsverdacht.

Als Jan Böhmermann und sein Team Anfang Mai noch vor der TV-Ausstrahlung die neueste Folge vom "ZDF Magazin Royale" bei Youtube hochluden, brach nicht nur für die Person im Fokus des Clips, Fynn Kliemann, ein Kartenhaus zusammen. Auch die Fans des Influencers waren schwer enttäuscht, hatte er sie und viele andere doch offenbar zwei Jahre lang hinters Licht geführt.

Zum einen soll der 34-Jährige, der durch seine DIY-Youtube-Clips bekannt wurde und zwei Alben ganz oben in den Charts platzieren konnte, gemeinsam mit der Firma Global Tactics zu Beginn der Pandemie Mund-Nase-Schutzmasken verkauft haben, die angeblich fair in Europa, in Wirklichkeit aber billig in Asien produziert wurden. Er wollte mit den Masken, die zum vermeintlichen Selbstkostenpreis den Besitzer wechselten, den "Profitgeiern" etwas entgegensetzen.

Zum anderen lagen der Redaktion von Böhmermann Dokumente vor, laut derer Kliemann und sein Geschäftspartner Tom Illbruck auch eine Charge fehlerhafter Masken - einlagig und mit sich lösenden Gummibändern - an Flüchtlingscamps weitergaben. Seinerzeit ließ sich Kliemann dafür feiern, natürlich ohne die Nutzlosigkeit der 100.0000 Masken zu erwähnen, die für den Handel offenbar nicht gut genug waren - wohl aber für Geflüchtete. Außerdem soll für einen Teil der mutmaßlichen Spenden doch Geld geflossen sein.

Kliemann gibt sich unwissend

Fynn Kliemann behauptete anschließend in mehreren Statements und Interviews, von all dem nichts gewusst zu haben, wenngleich schon erste Nachrichten, die dem "ZDF Magazin Royale" zugespielt worden waren, etwas anderes vermuten ließen. Nun tauchen weitere E-Mails auf, die dem Magazin "Stern" vorliegen und die Kliemanns Version der Ereignisse einmal mehr widersprechen.

Anfang April 2020 kündigte die Firma Global Tactics via Social Media Maskenspenden an. Die Hilfsorganisation "Wir packen's an" stellte seinerzeit gerade die Corona-Nothilfe für das 6000 Geflüchtete beherbergende Camp auf der griechischen Insel Chios zusammen. In einer Mail vom 9. April 2020 heißt es: "Wir haben gerade voller Begeisterung eure Nachricht auf Instagram gelesen. Irre, was ihr hinbekommt. (...) Wir bräuchten dringend 6000 Masken für das Lager, so schnell wie es geht. Wir nehmen natürlich auch kleinere Mengen, und natürlich gern als Spenden. Ist da was möglich?"

Einen Tag später erreichte "Wir packen's an" folgende Antwort: "Wir können (...) anbieten, dass ihr die Masken normal bezahlt, wir würden sowohl zehn Prozent der Rechnung als auch die Versandkosten als Spende übernehmen. Melde dich bei Interesse." Absender der E-Mail ist die Adresse maske@fynn-kliemann.de. Miriam Tödter, Vorstandsmitglied von "Wir packen's an", sagt jetzt dem "Stern", sie habe gedacht: "Fynn Kliemann, der ist zwar berühmter als wir. Aber ticken tut er doch genauso. Einer, der für die gute Sache kämpft. Keiner, der Profiteur der Krise sein will, kein kalter Kapitalist."

"Wir waren damals noch ein kleiner Verein und hatten wirklich nicht viel Geld", so Tödter weiter. Im Nachhinein fühle sie sich "verarscht". Bei einer Mitgliederversammlung, die nach Bekanntwerden der Vorwürfe einberufen wurde, seien sogar Tränen geflossen.

Flüchtlingshelfer zahlten doppelten Produktionspreis

Und auch andere Organisationen bekamen offenbar nur einen Teil der Masken gespendet, mussten für den Rest zahlen. Und dabei ging es nicht einmal nur um den Selbstkostenpreis, wie sie glaubten. Rechnungen, die "Stern" vorliegen, zeigen: Teilweise zahlten Flüchtlingshelfer mehr als das Doppelte des Produktionspreises. Und in der Signatur dieser Rechnungen steht immer wieder der Name Fynn Kliemann.

Dabei wird Kliemann nicht müde, zu betonen, nicht betrogen zu haben. Im Interview mit "Stern" hatte er kürzlich behauptet, nur den Kontakt zwischen den Hilfsorganisationen und der Produktionsfirma vermittelt zu haben. "Und dann habe ich mich fälschlicherweise in der Öffentlichkeit für die Aktion feiern lassen. Dabei hatte ich kaum etwas damit zu tun." Dabei verstrickt er sich immer mehr in Widersprüche, auch in mehreren Videos, die er kurz nach den ersten Anschuldigungen auf seinem Instagram-Kanal hochlud.

Inzwischen wurden Kooperationen mit Kliemann und Global Tactics aufgelöst, ein Nachhaltigkeitspreis wurde ihm aberkannt. All das vermutlich zu Recht, wie weitere dem "Stern" vorliegende Dokumente zeigen. Immer wieder taucht Kliemanns Name in Mails auf, in denen der Verkauf der Masken an Flüchtlingscamps diskutiert wird. In einer von ihnen geht es um 25.000 Masken für "Sea Watch". Diese ging unter anderem an Kliemanns persönliche Assistentin. Er nehme das "mit auf in die Kampagne mit den anderen Griechen", schrieb sie. Schwer zu glauben also, dass Fynn Kliemann selbst davon nichts wusste.

Ukraine-Spendenaktion ebenfalls chaotisch

Gesendet wurden die Mails mit Signaturen, die unterschiedliche Adressen aufweisen. Mal ist es die alte Adresse von Kliemanns Werbeagentur "herrlich media" im niedersächsischen Zeven, mal der neue Firmensitz einige Meter weiter. Global Tactics taucht hingegen nicht auf. Hier ist Kliemann Mitgesellschafter - seit 2021, also nach den Maskendeals.

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Das Unternehmen postete auf seinem Instagram-Kanal Anfang März eine weitere Spendenaktion. Dieses Mal wolle man die Ukraine unterstützen, schrieb Kliemann zudem auf seinem eigenen Account. Wie "Stern" herausfand, wurde ein erheblicher Teil der Spenden bis dato allerdings noch nicht verteilt. 95.000 Euro sollen durch den Verkauf von Kleidung und Kunst zusammengekommen sein.

Kliemanns Geschäftspartner Illbruck stellte sich in einer Mail auf die Nachfrage von "Stern" zunächst unwissend, doch kurz darauf flossen etwas mehr als 24.000 Euro an eine der Hilfsorganisationen, die das Unternehmen zuvor aufgelistet hatte. Das Geld sei von einer beteiligten Galerie verwaltet worden, so Illbruck anschließend. Weitere Spendengelder würden noch in diesem Monat ausgezahlt, verspricht er. Sicher ist, dass viele jetzt wohl genauer hinschauen werden als noch 2020.

Quelle: ntv.de, nan

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