Mehrweg statt Müll Müssen Cafés fremde Becher auffüllen?
22.04.2017, 14:17 Uhr
Inzwischen gibt es in vielen Städten Initiativen, die mit Pfandsystemen und Mehrwegbechern die Müllflut begrenzen wollen.
Auf den Coffee to go will der Kunde nicht verzichten. Auf den Müll schon. Also bringt er seinen eigenen Becher ins Café. Aber müssen die Verkäufer ihn dort auch auffüllen oder gibt es hygienische Bedenken?
Es muss um die Jahrtausendwende gewesen sein, als der Pappbecher in Mode kam. Balzac Coffee, die Coffeeshop Company oder Coffee Fellows machten mit ihren ersten Filialen das Selbstbedienungsprinzip in Deutschland salonfähig. 2002 trat dann auch Starbucks den Siegeszug durch deutsche Fußgängerzonen an. Selbstverständlich füllte die Mutter aller Coffeeshops ihre zuckrigen Heißgetränke auch im Einwegbecher zum Mitnehmen ab – und das Konzept setzte sich schnell durch. Bald kam kaum noch ein Bäcker oder Bahnhofs-Imbiss ohne "Coffee to go" aus. Im Jahr 2015 beklagte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Auswirkungen des Becherbooms: 320.000 Becher landen in Deutschland im Müll – pro Stunde. In einem Jahr sind das 2,8 Milliarden. Mit der Energie, die für ihre Herstellung nötig ist, könnte man jährlich eine Kleinstadt versorgen.
"Das muss doch nicht sein", finden immer mehr Kaffeeliebhaber. Ihre Lösung: Sie bringen einfach ihre eigene Tasse mit. Das ist in jedem Fall umweltfreundlicher und es kann auch praktischer sein. Am eigenen Thermobecher verbrennt man sich jedenfalls nicht die Finger und oft ist er auch wiederverschließbar. Nur hilft das alles wenig, wenn der Verkäufer nicht mitspielt. Müssen Cafés, Bäckereien oder Tankstellen die fremden Behälter überhaupt akzeptieren?
Manchmal gibt's Rabatt
Viele tun das jedenfalls ganz freiwillig, und unterstützen das umweltfreundliche Verhalten ihrer Kunden sogar. Bei Starbucks zahlen Kunden, die ihren eigenen Becher über die Theke reichen, 30 Cent weniger. Auch McDonald's belohnt die Eigeninitiative im McCafé seit November mit 10 Cent Rabatt. Bei Tchibo kostet der Kaffee in der eigenen Tasse zwar das gleiche wie im Pappbecher, aber das Auffüllen ist auch hier problemlos möglich. Auch zahllose andere Auffüllstationen landauf landab nehmen die fremden Behältnisse – zumindest auf Nachfrage - gern entgegen und manche räumen auch Rabatt ein.
Meist kommen die Getränke aus Automaten, die Anbieter müssen also nicht befürchten, versehentlich mehr einzufüllen, als der Kunde bezahlt hat. Probleme könnte es allenfalls geben, wenn das Behältnis nicht unter die Düse passt. Dann kommt der Kaffee erst in eine hauseigene Tasse und wird dann umgefüllt.
Rechtlich spricht nichts dagegen
Auch rechtlich spricht im Grunde nichts dagegen, sich einen fremden Becher über die Theke reichen zu lassen. Es gibt keine hygienerechtlichen Gesetze, die den Verkauf von Getränken in Gefäßen des Kunden verbieten würden, stellen die Rechtsschutzexperten der D.A.S.-Versicherung klar. Allerdings gibt es eine Lebensmittel-Hygieneverordnung. Und die schreibt vor, dass Lebensmittel nur so in Verkehr gebracht werden dürfen, dass sie nicht "der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung" ausgesetzt werden. Sprich: Der Händler muss dafür sorgen, dass seine Ware nicht verunreinigt wird, sonst kann er für Schäden haftbar gemacht werden.
Kunden, die an der Frischetheke mit der eigenen Tupperdose aufkreuzen, werden deshalb Schwierigkeiten haben, sie befüllt zu bekommen. Im besten Falle wird man ihnen Steaks, Mettwurst oder Käsestücke unverpackt herüberreichen, zu groß ist die Gefahr, dass die Auslage verunreinigt wird. Beim Automatenkaffee ist das Risiko dagegen überschaubar, wenn die fremde Tasse die Düse nicht berührt. Manche Anbieter sind dennoch vorsichtig und lassen die Getränke erst ins eigene Gefäß fließen und schütten dann um. Der Latte Macchiato könnte also schon verrührt ankommen.
Wenn sich ein Verkäufer auch darauf nicht einlassen möchte, muss er es nicht. Es gibt keinen Abschlusszwang, jeder kann selbst entscheiden mit wem er Geschäfte macht. Wenn der Laden oder das Café den mitgebrachten Becher nicht befüllen will, bleiben also nur zwei Möglichkeiten: Man nimmt ausnahmsweise mal den Einwegbecher oder holt sich seinen Kaffee woanders. Coffee to go gibt es inzwischen schließlich fast an jeder Ecke.
Quelle: ntv.de, ino