
Die Trinkpause nutzen alle Spieler.
(Foto: IMAGO/Christian Schroedter)
Im Ramadan ist Muslimen das Essen und Trinken zwischen Sonnenaufgang und -untergang verboten. Für Sportlerinnen und Sportler ist das eine besondere Herausforderung. Damit der Zeitraum nicht noch unnötig länger wird, werden erstmals in der Fußball-Bundesliga Spiele unterbrochen. Offiziell geregelt ist dies nicht.
Es war nicht besonders heiß, noch gab es andere klimatische Extreme, die für eine Trinkpause sprachen. Trotzdem hat Schiedsrichter Bastian Dankert am Sonntag das Spiel zwischen RB Leipzig und der TSG Hoffenheim (3:0) in der Fußball-Bundesliga für eine Trinkpause unterbrochen. Grund war das Fastenbrechen im Ramadan.
Als um kurz vor 20 Uhr die Sonne in Leipzig unterging, durfte etwa Leipzigs Verteidiger Mohamed Simakan seinem muslimischen Glauben folgend nach Stunden wieder Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen. Der 21-jährige Franzose bekam Berichten zufolge Energie-Gel und einen Energie-Riegel, auch die anderen Spieler beider Teams gingen zur Bank und tranken. Zwei Minuten später ging die Partie weiter.
Dankert handelte so unaufgeregt wie wenige Tage zuvor schon sein Kollege Matthias Jöllenbeck. Im Bundesliga-Nachholspiel zwischen dem FC Augsburg und dem 1. FSV Mainz 05 (2:1) war dieser der Bitte von Mainz-Kapitän Moussa Niakhaté nachgekommen und hatte eine sowieso existente Unterbrechung etwas verlängert. "Er hat mich gefragt, ob er nach Sonnenuntergang etwas trinken könne, da er Moslem ist und aktuell Ramadan sei. Sowas hatte ich davor auch noch nie erlebt", sagte Jöllenbeck der "Bild"-Zeitung. "Selbstverständlich habe ich dem aber zugestimmt, als das Spiel unterbrochen war, habe ich ihm Bescheid gegeben und gewartet, bis er fertig war", so der praktizierende Arzt weiter. Der Franzose Niakhaté bekam zwei Flaschen von Torwart Robin Zentner gereicht, trank, bedankte sich anschließend mit einem Handschlag bei Jöllenbeck - und weiter ging es.
Es gibt keine offizielle Regel
Diese Premiere in der Fußball-Bundesliga könnte noch in diesem Monat Normalität werden. Obwohl es keine Regeln für die Schiedsrichter gibt, wie sie mit dem Fastenbrechen beim Ramadan umgehen sollen. "Eine generelle Anweisung gibt es dazu zwar nicht, aber wir unterstützen es natürlich, wenn unsere Schiedsrichter auf Bitten der Spieler während des Ramadan solche Trinkpausen zulassen", sagte Lutz Michael Fröhlich, Geschäftsführer Sport und Kommunikation der DFB Schiri GmbH, der dpa. "Das sollen sie gerne auch weiterhin so handhaben." Alex Feuerherdt von unseren Schiedsrichter-Experten "Collinas Erben", erklärte, die Handhabung sei so ähnlich wie bei einer Trinkpause wegen großer Hitze.
Laut Feuerherdt sei auch eine andere Lösung möglich gewesen: "Alternativ hätte der Schiedsrichter dem Spieler auch das Verlassen des Spielfeldes gestatten können, um etwas zu essen und zu trinken, aber das hätte dann natürlich vorübergehend Unterzahl bedeutet."
Der Experte hält es für möglich, dass "die sportliche Leitung der Schiedsrichter künftig im Sinne einer einheitlichen Handhabe eine entsprechende Anweisung erlässt". Allerdings glaubt er nicht an eine Regel als Teil des offiziellen Regelwerks, "weil die Regelhüter viel Wert auf ihre Neutralität in politischen und religiösen Fragen legen". Sein Fazit: "Aber auch so lässt sich ja Spielraum schaffen, um vernünftig damit umzugehen."
Verletzung für Fastenbrechen vorgetäuscht
Während des Fastenmonats ist es gläubigen Muslimen nicht gestattet, zwischen Sonnenaufgang und -untergang zu essen oder trinken. Es existieren zwar Ausnahmen, dank derer Spitzensportlerinnen und -sportler vor ihren Wettkämpfen eigentlich Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen dürfen, doch nicht jeder macht davon Gebrauch.
Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, sagte dem Deutschlandfunk: Es gebe eben "Spieler, die sagen: Ich möchte trotzdem fasten." Für sie haben Deutsche Fußball-Liga und der Deutsche Fußball-Bund in Absprache mit dem Zentralrat laut Mazyek schon vor zehn Jahren einen Kompromiss gefunden: "Sie sind zu dem Schluss gekommen, und diese Regelung gilt weiterhin, auch für die Bundesliga, dass die Spieler, die entweder am Spieltag oder im Aufbau sind, die sagen: Ich möchte das unterbrechen, und ich kann das nicht, dass dieser Tag nachzuholen ist und die ganz normal Nahrung zu sich nehmen können", erklärte er.
In der englischen Premier League ist der Umgang mit dem Ramadan bereits deutlich präsenter. Laut Deutschlandfunk gab es in der vergangenen Saison die informelle Vereinbarung unter den Kapitänen, dass muslimischen Spielern in der ersten Spielunterbrechung nach Sonnenuntergang explizit die Möglichkeit zum Fastenbrechen gegeben werden soll. Eine deutlich elegantere Lösung als der Weg, den der tunesische Torhüter Mouez Hassen im Jahr 2018 nutzte: Während mehrerer Länderspiele täuschte er Verletzungen vor, um seinen Mannschaftskollegen nach Sonnenuntergang Zeit zur Nahrungsaufnahme zu ermöglichen. Da sind die kurzen Spielunterbrechungen Jöllenbecks und Dankerts doch deutlich weniger fragwürdig. Sie dürften in der Bundesliga in diesem Monat Schule machen.
Quelle: ntv.de