
Abgang im Winter?
(Foto: imago/DeFodi)
Lustlos schleicht Pierre-Emerick Aubameyang über den Platz - derzeit ein gewohnter Anblick. Das ist symptomatisch für die Krise der Dortmunder Borussia, aber auch für die Situation des Torjägers. Ein Abschied ist nicht unwahrscheinlich.
Er traf, er jubelte, er machte seinen Salto. Am 13. Spieltag der Fußball-Bundesliga sah es zwischenzeitlich aus, als hätte sich Pierre-Emerick Aubameyang vollständig rehabilitiert. Ausgerechnet im Revierduell gegen Schalke 04 - in Dortmund gibt es schlechtere Empfehlungen. Dann aber fielen in der zweiten Halbzeit sämtliche Systeme des BVB aus, die von Pierre Emerick Aubameyang inklusive. Nun deutet viel darauf hin, dass dieses epische Derby gleichzeitig sein letztes in den Diensten der Borussia gewesen sein könnte.
In der Beziehung zwischen Aubameyang und seinem Klub hakt es nicht erst seit dem Wochenende. Diskussionen über den Torjäger begleiten Dortmund ähnlich konstant wie die Kritik an Trainer Peter Bosz - und genau da liegt das Problem. Anders als der Trainer kann der Spieler selbst bis zu einem gewissen Grad mitentscheiden, wann und ob er geht. Dass das keine abwegige Option ist, hatte Aubameyang im Sommer deutlich gemacht. Neu ist, dass sie sich in Dortmund mitunter selbst die Frage stellen, ob ein Abschied denn das Schlechteste wäre.
Auf der Jahreshauptversammlung - am Tag nach der gefühlten Niederlage gegen Schalke - hatte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke den Torjäger zwar in Schutz genommen, indem er seinerseits kritisierte, es habe ihm "nicht gefallen, wie zuletzt mit Pierre-Emerick Aubameyang umgegangen wurde. Ich habe einen Auba gesehen, der sich komplett reingekniet hat". Allerdings könnte diese Äußerung auch strategischer Natur gewesen sein - beim BVB beschäftigen sie sich nach einstimmigen Medienberichten offen wie nie mit einem Verkauf des besten Torschützen der letzten Bundesliga-Saison. Ein allzu offener Bruch wäre da kontraproduktiv - das drückt den Preis.
Das war "schwachsinnig"
Aubameyang selbst nahm die Worte von Watzke mit unbewegter Miene zur Kenntnis - den Pflichttermin in der Westfalenhalle 3b absolvierte der Gabuner mit meist verschränkten Armen und gelangweiltem Ausdruck. Vielleicht hatte er da noch nicht vergessen, dass sich seine Kollegen nach dem Spiel wesentlich kritischer über ihn geäußert hatten, als der Geschäftsführer es tat. Als "schwachsinnig" hatte Torwart Roman Weidenfeller die überflüssige Gelb-Rote Karte von Aubameyang in der 72. Minute bezeichnet - der Platzverweis machte der ohnehin verunsicherten Dortmunder Mannschaft das Leben unnötig schwer.
Kritik kam auch von Kapitän Marcel Schmelzer sowie dem Trainer - denn der Unterschied zwischen einem 5:0 und dem 4:4 war eine Frage von Sekunden, in denen Aubameyang die falsche Entscheidung traf, weil er auf Egoismus schaltete. Eine Szene, die womöglich symptomatisch für das Verhältnis zur Mannschaft ist. Nachdem Schalkes Torhüter Ralf Fährmann sich peinlich verdribbelt hatte, stand der Gabuner plötzlich mit dem Ball direkt neben dem Pfosten, der Keeper lag bereits geschlagen am Boden.
Doch statt in die Mitte zurückzupassen, wollte Aubameyang es unbedingt selbst machen. Fährmann brachte irgendwie noch die Hand dazwischen und verhinderte das fünfte Dortmunder Tor. "Das darf nie passieren, dass Auba so das 5:0 verschenkt. Dann gewinnen wir", klagte BVB-Trainer Peter Bosz. Nun trägt Aubameyang sicher nicht alleine die Schuld am Debakel gegen Schalke oder gar die Verantwortung für die gesamte Dortmunder Krise. Doch anders als in der vergangenen Saison, ist er eben nicht mehr der unangefochtene Star der Mannschaft. Der, dem vor dem gegnerischen Tor alles zu gelingen scheint und dem folglich auch verziehen wird, wenn er mal wieder über die Stränge geschlagen hat.
Suspendierung verärgert Aubameyang
Das war zuletzt geschehen, als der 28-Jährige für das Spiel gegen den VfB Stuttgart suspendiert wurde - über den Grund wird bis heute Stillschweigen bewahrt. Unter der Hand heißt es jedoch, dass auch hier die BVB-Spieler involviert waren, da die lasche Art ihres Kollegen in puncto Pünktlichkeit, Einstellung und Defensivarbeit auf dem Platz zu wünschen übrig lässt. Auch der verbotene Videodreh mit dem Youtube-Star Sean Garnier auf dem Trainingsgelände, das für Fremde eigentlich tabu ist, soll nicht gut angekommen sein. Dass Aubameyang höchstpersönlich kundtat, kein Verständnis für die Disziplinarmaßnahme zu haben, hat vermutlich nicht zur Entspannung beigetragen.
Die Haltung des 28-Jährigen ist in jedem Falle nicht das, was sie sich in Dortmund von einem Führungsspieler versprechen - und einfordern. Wie unprofessionell das Verhalten von Aubameyang auf und abseits des Platzes derzeit ist, wird auch Hans-Joachim Watzke zur Kenntnis genommen haben - im Spiel nach der verbüßten Strafe in der Champions League gegen Tottenham Hotspur trat das schließlich deutlich zutage. Aubameyang schlich mit hängenden Schultern über den Platz, zog ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter und zeigte auch nach seinem Treffer - immerhin der erste nach 506 torlosen Minuten - kaum eine Regung.
Er selbst spricht seit Wochen so gut wie gar nicht mit den Medien - dem Vernehmen nach schaut er sich allerdings intensiv nach einem neuen Arbeitgeber um. In der "Sun" heißt es, der FC Liverpool und der FC Chelsea seien Optionen, auch der "Mirror" vermeldet Interesse aus der Premier League. Angesprochen auf einen möglichen Abgang sagte Bruder Willy Aubameyang zuletzt: "Darüber reden wir nicht." Nun, auch das kann vieles heißen.
Quelle: ntv.de