Wirtschaft

Kakaopreise belasten Hersteller "Schokolade ist ein Luxusgut"

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Die Kakaopreise haben sich in den vergangenen Monaten verdreifacht.

Die Kakaopreise haben sich in den vergangenen Monaten verdreifacht.

Kakao ist teurer denn je, das treibt auch die Schokoladenpreise in die Höhe. Um zehn Prozent sind die Preise vergangenes Jahr gestiegen. Viele Hersteller sagen, dass sie ihre Schokoladen-Produkte in den nächsten Monaten noch teurer machen müssen. Grund dafür sind die schlechten Kakaoernten in den Anbaugebieten in Westafrika, das dritte Jahr in Folge. Die Kakaobauern in Ghana, der Elfenbeinküste, Nigeria und Kamerun haben mit schlechtem Wetter wie Dürre und Überschwemmungen zu kämpfen. Auch die Zuckerpreise steigen seit Langem. Zudem mache die "deutlich erhöhte Nachfrage am Kakao- und Schokoladenmarkt Druck auf die Preise", sagt Benno Hübel, Chef der Berliner Pralinenmanufaktur Sawade, im ntv-Podcast "Wieder was gelernt". Auch sein Unternehmen müsse deshalb nach dem Sommer die Preise erhöhen - um "fünf bis zehn Prozent".

ntv.de: Die Kakaopreise sind so hoch wie noch nie - wie schmerzhaft ist das für Sie als vergleichsweise kleines Unternehmen mit etwa 90 Mitarbeitern?

Benno Hübel: Das ist eine große Herausforderung. Die Kakaopreise sind jetzt schon seit einigen Monaten hoch. Zunächst haben wir das nicht so gemerkt, weil wir üblicherweise Kakao in Vorwärtskontrakten kaufen. Wir sichern uns einen bestimmten Preis für ein paar Monate, maximal etwa ein Jahr, sodass wir jetzt zur Jahreshälfte gezwungen sein werden, auch die erhöhten Kakaopreise an die Verbraucher weiterzugeben. Bislang mussten wir das noch nicht machen.

Wie viel kostet aktuell ein Kilo Rohkakao an der Rohstoffbörse?

In den letzten zwölf Monaten hatten wir einen Preissprung zwischen 2000 und 3000 Dollar die Tonne zu aktuell bis zu 10.000 und 11.000 Dollar die Tonne. Der Kakaopreis hat sich im Vergleich zum letzten Jahr verdreifacht.

Welche Gründe sehen Sie für die steigenden Kakaopreise?

Wir bekommen unsere Kakaobohnen im Wesentlichen aus Westafrika, einen Teil Edelkakao aus Asien und Südamerika. Natürlich sind im Wesentlichen die schlechten Ernten schuld. Allerdings haben wir auch eine deutlich erhöhte Nachfrage am Kakao- und Schokoladenmarkt. Beides übt Druck auf die Preise aus und führt zu diesen extremen Ausschlägen nach oben. Das sind Preisdifferenzen, die wir seit 1960 noch nie gesehen haben.

Haben Sie sich vorab abgesichert, Kakao oder Schokolade auf Halde eingekauft und eingelagert?

Benno Huebel führt seit 2013 gemeinsam mit seiner Frau Melanie Hübel die Berliner Pralinenmanufaktur Sawade.

Benno Huebel führt seit 2013 gemeinsam mit seiner Frau Melanie Hübel die Berliner Pralinenmanufaktur Sawade.

(Foto: Marie Staggat)

Ja, das haben wir im letzten Jahr gemacht. Wir sind eine Zeit lang mit den hohen Preisen gelaufen und konnten das auch weitgehend verhindern, diese an die Verbraucher weiterzugeben. Allerdings geht das immer nur eine bestimmte Zeit lang. Deswegen haben alle Hersteller eigentlich gehofft, dass sich die Preise ein bisschen normalisieren im Laufe von 2024. Das haben sie gar nicht getan. Ganz im Gegenteil, sie sind noch weiter gestiegen. Insofern wird uns nichts anderes übrig bleiben, als auch zum Saisonstart nach dem Sommer die Preise anzuheben.

Um wie viel Prozent?

Da wir Pralinen herstellen, ist der Schokoladenanteil nicht ganz so hoch wie bei Tafelschokolade. Also bei uns wird es sich in der Range zwischen fünf und zehn Prozent abspielen.

Könnte man den Kakao durch eine andere Zutat ersetzen oder die Rezeptur verändern?

Wir versuchen, sehr hochwertige Pralinen herzustellen. Ein Ersatz wäre sicherlich, den Anteil von Zucker im Kakao zu erhöhen oder Milchpulver, wenn man über Milchschokolade spricht. Diese Optionen haben wir nicht. Wir denken: lieber etwas weniger essen und dafür weiterhin eine gute Praline mit guter Qualität statt Zuckerersatz.

Unter den steigenden Kakaopreisen leiden auch andere Hersteller, Mondelez oder Hershey beispielsweise haben angekündigt, ihre Schokoladenprodukte zu verteuern. Wird Schokolade jetzt zum Luxusgut?

Schokolade ist ein Luxusgut und ein Genussmittel. Es würde uns grundsätzlich guttun, insgesamt ein bisschen weniger davon zu essen und dafür auf höhere Qualität zu achten. Und insofern denke ich, dass auch der gestiegene Kakaopreis kein sehr großes Problem darstellen sollte.

Wie kommt der Kakao bis in Ihre Manufaktur in Berlin-Reinickendorf?

Sie müssen sich das vorstellen wie ein Bäcker und ein Müller. Wir sind der Bäcker, wir stellen Pralinen her, das heißt, wir kaufen Schokolade nach festgelegten Rezepturen und Qualitätsmerkmalen bei Werken ein, die für uns die Schokolade herstellen. Denen geben wir vor, was für Bohnen benutzt werden sollen, wo die herkommen und wie letztlich die Schokolade zusammengesetzt ist. In unserem Fall kommen sie aus Westafrika und ein Teil des Edelkakaos kommt aus Südamerika oder Asien.

Es ist nicht der erste Einbruch der Kakaoproduktion. Wie zukunftsträchtig ist die Schokoladenherstellung überhaupt noch angesichts der Klimaextreme, denen die Kakaopflanzen ausgesetzt sind?

Die Schokoladenproduktion ist sehr zukunftsträchtig und steht wie alles andere heutzutage auch vor der Herausforderung, sich zu wandeln, von Monokulturen wegzukommen, andere Farmansätze hinzubekommen. Aber ich denke, der Kakao hat eine gute Zukunft.

Wir bezahlen in Zukunft mehr für Schokolade - bei den Bauern kommt davon nichts an. Was könnte man daran ändern?

Kakao Futures
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Wir zahlen selbst auch sehr hohe Preise. Wir würden diese viel lieber direkt an den Bauern zahlen als an den Rohstoffmärkten. Dafür muss das System der Beschaffung der Kakaobohnen verändert werden. Das ist ein größeres politisches Thema, was wir als kleiner Hersteller fast nicht beeinflussen können.

Könnten Sie die Bohnen auch direkt von den Kakaobauern beziehen?

Eigenes Sourcing von Kakaobohnen von verschiedenen kleinen Bauern direkt zu kaufen ist ein Thema, über das wir immer mal wieder nachdenken. Das ist sehr aufwändig und kompliziert, Stichwort Freihandelsabkommen. Preislich gesehen wäre es sowohl für uns als auch für den Bauern eigentlich von Vorteil und sicherlich eine Sache, die wir in der Zukunft auch bedenken werden.

Spekulanten treiben die Kakaopreise künstlich nach oben. Sollte mit Lebensmitteln wie Kakao spekuliert werden?

Das hat immer zwei Seiten. Spekulation kann Preise auch sichern und Dellen in der Beschaffung und in dem Bedarf ausgleichen. Das Problem ist der Exzess, den man im Augenblick hat, wenn die Spekulation nur noch um der Spekulation willen gemacht und nicht mehr als eigentliches Instrument genutzt wird, um die Preise stabil zu halten oder um sich abzusichern gegen eine schlechte Ernte und Währungsschwankungen. Die Lösung dafür ist auch sehr schwierig, denn keine Spekulation oder keine Rohstoffmärkte, ist auch keine Hilfe für Menschen, die Schokolade oder Kakaobohnen oder Weizen herstellen und auch nicht für die Abnehmer.

Wie wird sich der Schokoladenmarkt in nächster Zeit entwickeln?

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Der Schokoladenmarkt wird weiterhin hohe Preise haben. Das wird sich nicht so schnell wieder regulieren. Zumal wir über Pflanzen reden, es dauert, bis sie wieder gewachsen sind. Ich sehe den Markt aber ganz positiv, denn Schokolade bekommt vielleicht dadurch auch den Stellenwert, den sie sowieso haben sollte, nämlich als ein hochwertiges Produkt, was man gelegentlich zu besonderen Anlässen isst und nicht als Grundnahrungsmittel verwendet.

Mit Benno Hübel sprach Caroline Amme. Das Gespräch wurde zur besseren Verständlichkeit gekürzt und geglättet. Das komplette Gespräch können Sie sich im Podcast "Wieder was gelernt" anhören.

"Wieder was gelernt"-Podcast

Dieser Text ist eigentlich ein Podcast: Welche Region schickt nur Verlierer in den Bundestag? Warum stirbt Ostdeutschland aus? Wieso geht dem Iran das Wasser aus? Welche Ansprüche haben Donald Trump und die USA auf Grönland?

"Wieder was gelernt" ist ein Podcast für Neugierige. Hören Sie rein und werden Sie dreimal die Woche ein wenig schlauer.

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Quelle: ntv.de

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