Funktioniert auch mit Holz Chemikalie soll günstigen, CO2-neutralen Biosprit ermöglichen


Ist Biosprit doch nicht nur ein schöner Traum vom "Weiter so"?
(Foto: IMAGO/Zoonar)
US-Forschende entwickeln ein Verfahren, mit dem die Herstellung von kostengünstigem und CO2-neutralem Biosprit sogar aus Holz möglich sein soll. Alles, was es laut Studie dazu braucht, ist der Zusatz einer aus Biomasse-Zucker produzierten Chemikalie. Die Frage ist nur, ob es dafür genügend Holz gibt.
Ob aktuelle Biokraftstoffe ihren Namen verdienen, ist höchst umstritten. Denn meistens werden sie immer noch aus Mais, Getreide, Raps und anderen Pflanzen hergestellt, die extra angebaut werden. Unter anderem stehen die Rohstoffe als auch die benötigte Anbaufläche nicht zur Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung. Monokulturen und Abholzung von Wäldern sind umweltschädlich und können zusätzlich CO2 freisetzen, und der Aufwand für Anbau, Ernte und Verarbeitung ist oft zu hoch, um Biosprit kosten- und energieeffizient zu produzieren.
Kalifornische Forscher haben jetzt ihrer Studie zufolge aber einen Weg gefunden, Biokraftstoffe umweltgerecht, kostengünstig und CO2-neutral zu produzieren. Entscheidend ist dabei Lignin, ein komplexes organisch-chemisches Polymer in Zellwänden von Pflanzen, das deren Stabilität und Widerstandsfähigkeit erhöht. Genau diese Eigenschaften erschweren die Extraktion und Nutzung von Biomasse.
Um die Lignin-Hürde zu überwinden, hat Charles Cai an der University of California CELF entwickelt. Die Abkürzung steht für Co-Solvent Enhanced Lignocellulose Fractionation, was eine Methode zur Vorbehandlung von Biomasse darstellt.
"Die Verwertung von Lignin ist das Tor zu einer möglichst wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Nutzung von Biomasse", sagt Cai. "Die Entwicklung eines Prozesses, der sowohl das Lignin als auch die in der Biomasse enthaltenen Zucker besser nutzen kann, ist eine der spannendsten technischen Herausforderungen in diesem Bereich."
Lösungsmittel ist die Lösung
Sein Verfahren nutzt bei der Vorbereitung (Kochen) von Biomasse zusätzlich zu Wasser und verdünnter Säure das Lösungsmittel Tetrahydrofuran (THF), das bei niedrigeren Temperaturen von 140 bis 160 Grad hilft, die Zellstrukturen zu lockern (Salvatisierung). "Es verbessert die Gesamteffizienz und erweitert die Möglichkeiten zur Lignin-Extraktion", sagt Cai. "Das Beste ist, dass THF selbst aus Biomasse-Zuckern hergestellt werden kann."
CELF soll für die Produktion von sogenannten Biokraftstoffen der zweiten Generation geeignet sein. Das heißt, der Biosprit wird aus nicht essbarem Ausgangsmaterial wie Getreide- und Maisstroh oder Zuckerrohr-Bagasse gewonnen. Allesamt reichlich vorhandene, kostengünstige Nebenprodukte forstwirtschaftlicher und landwirtschaftlicher Betriebe.
Nach Angaben des US-Energieministeriums könnten laut Pressemitteilung der University of California allein in den USA jährlich bis zu einer Milliarde Tonnen Biomasse für die Herstellung von Biokraftstoffen und Bioprodukten zur Verfügung gestellt werden. Bis zu 30 Prozent des US-Erdölverbrauchs sollen so ersetzt werden können.
Sogar Bio-Kerosin soll rentabel sein
Die Forschenden stellten fest, dass eine CRLF-Bioraffinerie auch mit Holz von Pappeln funktioniert. Da der Rohstoff eine höhere Kohlenstoffdichte als etwa Maisstroh hat, ist aus ihm gewonnener Biokraftstoff noch wirtschaftlicher und ökologischer.
So soll sogar die Produktion von nachhaltigem Flugzeug-Treibstoff möglich sein, der mit Kerosin konkurrieren kann. Den Forschenden zufolge könnte eine US-Gallone (3,785 Liter) zu einem kostendeckenden Preis von 3,15 Dollar (2,93 Euro) produziert werden. Eine Gallone Kerosin kostet in den USA derzeit durchschnittlich rund 6 Dollar (5,60 Euro).
Mit dem neuen Verfahren soll auch Lignin isoliert und damit besser genutzt werden können, laut Studie etwa zur Gewinnung zyklischer Alkohole und Kohlenwasserstoffe. In herkömmlichen Raffinerien, in denen Biomasse in Wasser und Säure gekocht werde, verbrenne man es normalerweise zur Wärme- und Energiegewinnung, da sie meist nur den Zucker in der Biomasse nutzen könnten, sagt Cai. Das sei ein kostspieliges Unterfangen, bei dem viel Wert verloren gehe.
"Die Zugabe von THF trägt dazu bei, die Energiekosten der Vorbehandlung zu senken und Lignin zu isolieren, sodass es nicht mehr verbrannt werden muss", fasst Cai zusammen. "Darüber hinaus können wir erneuerbare Chemikalien herstellen, die uns dabei helfen, ein Treibhauspotenzial von nahezu Null zu erreichen. Ich denke, das verschiebt die Nadel von Gen-2-Biokraftstoffen zu Gen-2+." Das US-Energieministerium glaubt jedenfalls an einen möglichen Erfolg des Projekts und unterstützt den Bau einer kleinen CELF-Pilotanlage mit 2 Millionen Dollar.
Deutschland hat kein Holz übrig
Auch in Deutschland und der EU denkt man über Biokraftstoffe aus Holz nach. So ging das Verbundprojekt BIOKRAFT unter Leitung des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) der Frage nach, welche Mengen an holzartiger Biomasse zur Produktion von Biokraftstoffen in Deutschland und der EU zur Verfügung stehen und wie Biokraftstoffe zur Dekarbonisierung des Verkehrssystems beitragen könnten.
Das Ergebnis ist ernüchternd: "Für die Verwendung von Holz zur Herstellung von Biokraftstoffen sind keine ungenutzten Potenziale an holziger Biomasse verfügbar", heißt es im zugehörigen Projectbrief. "Eine Umnutzung von Mengen müsste mit politischen und marktlichen Instrumenten so gesteuert werden, dass sektorübergreifend insgesamt weniger CO2 emittiert wird."
Quelle: ntv.de