#EmbraceEquity "Gleichberechtigung ist ein Kampf"
08.03.2023, 11:32 Uhr Artikel anhören
Professorin Dr. Gabriela Jaskulla zeigt sich zum Weltfrauentag kämpferisch.
(Foto: Fachhochschule des Mittelstandes)
Der Internationale Frauentag wird seit mehr als 100 Jahren am 8. März begangen. Doch bis heute müssen sich Frauen gegen Benachteiligung starkmachen. Das Motto lautet in diesem Jahr: #EmbraceEquity, was so viel bedeutet wie, umarme die Gleichberechtigung. Die Fachhochschule des Mittelstandes hat anlässlich dieses Tages vier ihrer Wissenschaftlerinnen, die an vier verschiedenen Standorten wirken, gebeten, ein Statement zum Weltfrauentag abzugeben. Diese reichen von historisch bedeutsam über wertschätzend bis hin zu kämpferisch.
"Embrace Equity? Das ist ja wieder mal typisch weichgespülter Marketing-Slogan! Wen sollen wir denn umarmen? Den politischen Gegner? Die "Schwestern"? Weit gefehlt, anscheinend hat frau niemanden als, sich selbst. Konsequent: Selena Gómez hat sich gleich selbst geheiratet, nachdem andere Promi-Frauen wie Sarah Jessica Parker das im Fiction-Format vorgemacht hatten. Nein, Leute. So wird das nichts. Gleichberechtigung ist ein Kampf. Es geht um die Verteilung von Ressourcen, allen voran um Geld und Macht", sagt Professorin Dr. Gabriela Jaskulla, die als Wissenschaftliche Leiterin an der FHM in Hannover arbeitet.
"An der Fachhochschule des Mittelstands engagieren wir uns im Kampf der angewandten Wissenschaften. Das bedeutet: Das gesellschaftlich Wünschbare wird auf Herz und Nieren geprüft. So untersuchen unsere Studierenden beispielsweise, ob "Equal Pay" im Fußball den Frauen wirklich Vorteile bringt. Wir forschen im Bereich Diversität, weil wir nicht nur eine Meinung zu dem Thema haben wollen, sondern vor allem Evidenzen: Ist die Digitalisierung ein Karriere-Booster für Frauen? (Spoiler: Jein). Bringt die Diversität als Maßstab auch mittelständischen Unternehmen etwas ein? (Spoiler: Ja). Und so fort. Heißt: Gleichberechtigung muss auf vielen Ebenen nach wie vor erstritten werden. Unsere Ebene ist die der Wissenschaftlichkeit. Es geht um die ganze Bandbreite der politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Wirklichkeit. Und wenn die Forschung gelingt, dann, ja, dann umarmen wir uns auch mal," so die Hochschullehrerin, die in Hannover und Berlin für die Themenfelder Journalistik und Medien zuständig ist.
"Nicht mit uns"
Mit einem etwas anderen Fokus betrachtet Professorin Dr. Roswitha Gembris, die Gleichstellungsbeauftragte der FHM in Bielefeld, den Weltfrauentag: "Der Internationale Frauentag ist in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg entstanden, um das Wahlrecht und mehr Gleichberechtigung für Frauen bei der Arbeit zu fordern. Das war eine große Errungenschaft. Bis heute hat sich einiges bewegt - das gilt es zu sehen und zu würdigen. Aber: Das reicht bei Weitem nicht aus! Noch immer sind Frauen aufgrund Ihres Geschlechts Anfeindungen ausgesetzt in Form verschiedenster Ausprägungen wie Ungleichheiten, Antifeminismus, Sexismus und Frauenhass."
Gembris, die Expertin auf dem Gebiet Gesundheitswissenschaften und Kindheitspädagogin ist, verweist vor allem auf ein relativ neues Phänomen: "In den sozialen Medien nimmt Frauenhass mittlerweile als Internetphänomen eine ganz neue Dimension an. Umso wichtiger ist es, das zu erkennen und dem etwas entgegenzusetzen, mit einem deutlichen "Nicht mit uns". Für mich ist der Internationale Frauentag ein Tag von Bedeutung, weil er ein Zeichen setzt, die Lebenswirklichkeiten von Frauen weltweit in den Blick zu nehmen und gegen jegliche Form von Diskriminierung, Ungleichheit, Ungerechtigkeit, Gewalt gegenüber Frauen die Stimme zu erheben. Frauenrechte sind Menschenrechte - deshalb muss der Fokus auf Geschlechtergerechtigkeit ein Teil der DNA jeder Gesellschaft sein. In diesem Sinne hat der Internationale Frauentag Aufforderungscharakter für ein 'Misch` dich ein', für ein 'Miteinander und Füreinander' und das nicht nur an diesem Tag."
"Lasst euch feiern!"
Für Professorin Dr. Silke Pfeiffer, die als Wissenschaftliche Leiterin an der FHM Rostock arbeitet, ist der Frauentag ein Kulturgut, der in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern bereits ein Feiertag ist. "Frauen wie Clara Zetkin haben ihn lange vor unserer Generation durchgesetzt. Frauen haben oft immer noch Beruf und Familie in besonders herausfordernder Weise in Einklang zu bringen. Folgerichtig war der Frauentag in der DDR und ist aktuell wieder in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin ein Feiertag."
Mit dem Aufruf: "Lasst euch feiern nicht nur an diesem Tag und nicht nur in M-V und Berlin, liebe Frauen!" will die Expertin für Entwicklungspsychologie, Inklusions- und Schulpädagogik alle Frauen stärken. "Für mich bedeutet der Frauentag eine symbolische Wertschätzung meiner Lebensgeschichte als Tochter, Frau, Partnerin, Mutter und Freundin und nicht zuletzt in meinem Beruf. Als Lehrerin war ich beruflich ganz überwiegend von Frauen umgeben, Frauen, die oft Vorbild für mich waren, weil sie eine eigene Idee für ihr Leben hatten, was vielen Generationen vor uns verwehrt war. Letztlich geht es um Akzeptanz und Chancengleichheit, unabhängig vom Geschlecht und solange das nicht eingelöst ist, brauchen und wollen wir Frauen den Frauentag."
"Symbolisches Datum"
"Der Weltfrauentag tritt nach mehr als 100 Jahren als symbolisches Datum in Erscheinung, an dem sich auf beeindruckende Weise das Engagement von Frauen für Geschlechtergerechtigkeit und zugleich für den Abbau von Diskriminierung bündelt. Nach wie vor werden jedoch Frauen in den unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitsbereichen benachteiligt. Aus meiner Perspektive als Hochschullehrerin ist es dringend erforderlich, den Zugang zu Bildung, die Arbeitsbedingungen und die Chancengleichheit von Frauen nachhaltig zu verbessern. Ob es um die Stellenbesetzung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder um individuelle Fragen der Karriereplanung und Qualifizierung geht, die Gleichstellung der Geschlechter muss zu einer zentralen Stellgröße werden, sagt Professorin Dr. Nicole Stollenwerk, die als Wissenschaftliche Leiterin an der FHM Köln arbeitet.
Die Expertin für Bürgerengagement und Freizeitpädagogik erklärt: "Der Weltfrauentag bedeutet für mich, Menschen dafür zu sensibilisieren, das wichtige Thema der Frauenrechte weiterzuverfolgen und zu realisieren. Zudem bedeutet der Weltfrauentag, Frauen wertzuschätzen und zu würdigen für das oft verborgene Engagement in unterschiedlichsten Bereichen unserer Gesellschaft."
Quelle: ntv.de, FHM