Tote Gämsen untersucht Neues Zeckenvirus in den Alpen entdeckt
06.02.2025, 12:13 Uhr Artikel anhören
Zecken können gefährliche Krankheiten wie FSME übertragen.
(Foto: picture alliance / blickwinkel/F. Hecker)
Zecken übertragen bekanntermaßen eine Reihe von Krankheitserregern auf den Menschen. Kommt jetzt ein weiterer hinzu? Forscher haben in den österreichischen und italienischen Alpen ein bisher unbekanntes Virus in den winzigen Blutsaugern nachgewiesen. Bei Gämsen löst es eine Gehirnentzündung aus.
In den Alpen hat ein internationales Forschungsteam ein neues Virus nachgewiesen, das durch Zecken übertragen wird. Der Erreger heißt Alpine chamois encephalitis virus (ACEV) und ist ein Subtyp des Flavivirus. Flaviviren werden von Zecken und Stechmücken auf den Menschen übertragen, was zu schweren neurologischen Krankheiten führen kann. ACEV könnte daher nicht nur für die Tierwelt, sondern auch für den Menschen weitreichende Folgen haben, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Viruses".
Der Wiener Virologe und Erstautor der Studie Norbert Nowotny identifizierte das Virus bereits 2017 im Gehirn einer in den österreichischen Alpen erschossenen Gämse. Auch bei zwei weiteren Gämsen in den italienischen Alpen wurde das gleiche Virus nachgewiesen. Ein Tier wurde 2023 tot im Piemont aufgefunden, das andere lag wenige Monate später sterbend mit Muskelzuckungen in der Lombardei. Alle drei Tiere hatten eine Gehirnentzündung, heißt es in der Studie. Zudem hafteten an ihnen Zecken, in denen das neue Virus ebenfalls nachweisbar war.
Bei Untersuchungen stellte sich heraus, dass die bei den Gämsen gefundenen Virusstämme gemeinsam "mit dem Spanischen Ziegenenzephalitisvirus eine unabhängige genetische Gruppe" bilden, erklärt Nowotny in einer Pressemitteilung der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Dies sei ein Argument für die Einstufung des ACEV als neuer Virus-Subtyp. Und dieser Subtyp sei bereits weit in den Alpen verbreitet, schreibt das Team um Nowotny in der Studie. Denn "die Fundorte in Italien und Österreich liegen bis zu 390 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt."
Risiko ist noch ungewiss
Was bedeutet das für Menschen in der Region? Ob der Mensch überhaupt empfänglich ist für solch eine Virusinfektion, sei noch völlig unklar, sagt Nowotny. Es brauche weitere Forschung dazu. "Das zoonotische Potenzial dieses neu identifizierten Virus-Subtyps sowie sein Wirtsspektrum bei anderen Tierarten, einschließlich Nutztieren, muss unbedingt weiter untersucht werden", so der Wissenschaftler. Aber er betont auch: "Sollten etwa auch Ziegen oder Schafe für dieses neu entdeckte Virus empfänglich sein, bestünde auch die Gefahr von Infektionen des Menschen durch den Genuss von Rohmilch-Produkten dieser Tierarten."
Ob es bereits Menschen gibt, die sich mit ACEV infiziert haben, ist laut dem Forschungsteam ebenfalls unklar. In Zentraleuropa ist bisher nur ein einziges durch Zecken übertragenes Flavivirus bekannt, das bei Mensch und Tier zu neurologischen Symptomen führen kann: das FSME-Virus. Die Frühsommer-Meningoenzephalitis kann bei Menschen schwere Gehirnhautentzündungen verursachen. Eine FSME-Impfung kann davor jedoch schützen.
Quelle: ntv.de, hny