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"Das sind tolle Ergebnisse" Gelingt Forschern Durchbruch bei der Kernfusion?

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Bei der Trägheitsfusion wird eine Kapsel mit Wasserstoff mit Lasern beschossen - die Atome werden damit zur Verschmelzung gebracht.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Bei der Erforschung der Kernfusion als Energiequelle der Zukunft soll Forschern in den USA ein Durchbruch gelungen sein, heißt es in einem Medienbericht. Demnach gelingt es erstmals, mehr Energie freizusetzen, als für den Betrieb des Experiments benötigt wird. Können so bald Kraftwerke betrieben werden?

Es könnte ein Meilenstein der Energiegewinnung sein: Das US-Energieministerium will am Dienstag einen Durchbruch bei der Kernfusionsforschung verkünden. Demnach ist es Forschern das erste Mal gelungen, eine kontrollierte Fusionsreaktion zu erzeugen, die einen Netto-Energiegewinn bringt, wie die "Financial Times" berichtet. Das bedeutet, es wurde bei der Reaktion mehr Energie gewonnen, als hineingesteckt wurde. Das ist die entscheidende Anforderung an eine nutzbare Energiequelle.

Sollte es gelingen, die CO2-freie Kernfusion zur Energiegewinnung zu nutzen, wäre dies eine Möglichkeit, fossile und klimaschädliche Energieträger wie Öl, Kohle und Gas zu ersetzen. Und im Unterschied zur Kernspaltung, die bereits seit Jahrzehnten zur Energiegewinnung in Atomkraftwerken genutzt wird, fällt kein langlebiger radioaktiver Müll an. Zudem ist nur sehr wenig Brennstoff notwendig - ein Gramm Wasserstoff kann so viel Energie liefern wie elf Tonnen Kohle.

Bereits seit den 1950er-Jahren versuchen Forscher, Kernfusion als Energiequelle zu nutzen. Allerdings war es trotz intensiver Bemühungen bislang nicht gelungen. "Für die meisten von uns war dies nur eine Frage der Zeit", sagte ein leitender Fusionswissenschaftler, der mit der Arbeit in der National Ignition Facility (NIF) am Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien vertraut ist, wo die Entdeckung gemacht wurde, der "Washington Post".

Erster Erfolg bereits vor einem Jahr

Schon vor knapp einem Jahr waren Fortschritte bei der Kernfusion an dem Institut verkündet worden. Dabei sei die Zündung des Plasmas erreicht worden, berichtete ein Forschungsteam Anfang des Jahres in der Fachzeitschrift "Nature". Dies führt letztlich dazu, dass die Fusionsreaktion sich selbst erhält. Im Kernfusionsreaktor liegt der Brennstoff in Form von Plasma vor - dieser Aggregatzustand entsteht, wenn man ein Gas extrem erhitzt.

Am Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien arbeiten die Forscher mit der sogenannten Trägheitsfusion. Dabei wird eine mit Wasserstoff gefüllte Kapsel mit dem größten Laser der Welt beschossen. In den vergangenen zwei Wochen soll es gelungen sein, mehr Energie zu erzeugen als für den Betrieb der Anlage benötigt wird, heißt es in der "Financial Times": Die Fusionsreaktion in der Anlage habe etwa 2,5 Megajoule Energie erzeugt, was etwa 120 Prozent der 2,1 Megajoule Energie in den Lasern entspricht, sagten mit den Ergebnissen vertraute Personen.

US-Energieministerin Jennifer Granholm wolle sich am Dienstag zu einem "großen wissenschaftlichen Durchbruch" äußern, hieß es weiter. Das Labor in Kalifornien bestätigte, dass es jüngst zu einem erfolgreichen Experiment gekommen war. "Die genaue Ausbeute wird jedoch noch ermittelt, und wir können zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen, dass sie über dem Schwellenwert liegt", hieß es. Die Ergebnisse würden noch ausgewertet.

Fusionskraftwerk in Reichweite?

"Das sind tolle Ergebnisse, zu denen wir den Kollegen bei NIF gern gratulieren", sagte Prof. Dr. Sibylle Günter, Wissenschaftliche Direktorin des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP), in einer ersten Reaktion auf Anfrage von ntv.de. "Es wurde erstmals mehr Energie durch Fusionsreaktionen freigesetzt als der Laser eingestrahlt hat." Allerdings sei bei dem Energiegewinn nicht die Effizienz der Laser bei der Umwandlung von elektrischer in Laser-Energie mit einberechnet worden.

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Rückt der Traum von einem Fusionskraftwerk damit in Reichweite? Bei der in Kalifornien getesteten Laserfusion gehe es zunächst mal um die "Zündung" eines Pellets, erklärt Prof. Günter. Das durch direkten Beschuss durch Laser zu machen, sei aber schwierig. "Deshalb verwendet man bei NIF einen sogenannten Hohlraum, in dem die Laser erst auf eine Wand schießen und dort Röntgenstrahlung erzeugen, die sehr homogen ist." Eine homogene Bestrahlung des Pellets sei außerordentlich wichtig, sonst treten Instabilitäten auf, die es nicht erlauben, die hohen Dichten und Temperaturen zu erreichen, die für eine Nutzung der Fusionsenergie erforderlich sind.

Für ein Kraftwerk sei die in Kalifornien eingesetzte Technik aber vermutlich zu ineffizient, denn dafür müsse der Brennstoff direkt bestrahlt werden. "Außerdem müsste man in einem Kraftwerk so ein Pellet mindestens zehnmal pro Sekunde zünden. Diese und viele andere technologische Fragestellungen müssen noch geklärt werden, bevor man an den Bau eines Kraftwerks denken kann."

Quelle: ntv.de

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