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In den USA bereits zugelassen Neues Implantat hilft bestimmten Rheuma-Patienten

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Als zentraler Bestandteil des parasympathischen Nervensystems hilft der Vagusnerv bei der Regulierung wichtiger unwillkürlicher Funktionen wie Herzfrequenz, Atmung und Verdauung.

Als zentraler Bestandteil des parasympathischen Nervensystems hilft der Vagusnerv bei der Regulierung wichtiger unwillkürlicher Funktionen wie Herzfrequenz, Atmung und Verdauung.

(Foto: IMAGO/Depositphotos)

Rheuma ist eine vielschichtige und oftmals schmerzhafte Erkrankung. Nicht allen Betroffenen kann mit Medikamenten geholfen werden. Ein Implantat, das einen bestimmten Nerv stimuliert, überzeugt - auch die Zulassungsbehörde in den USA.

Ein Implantat kann die Beschwerden von Menschen mit einer bestimmten Art von Rheuma, die nicht auf herkömmliche Therapien reagieren, lindern. Bei dem Gerät handelt es sich um einen etwa 2,5 Zentimeter großen Nervenstimulator. Der Erfinder, Neurochirurg und Immunologe Kevin Tracey vom Feinstein Institute for Medical Research in New York hat es in Zusammenarbeit mit SetPoint Medical entwickelt. Es wird aktuell in weiteren Untersuchungen getestet.

Zuletzt konnte das Gerät, das mit einem minimalinvasiven Eingriff am Hals implantiert wird, in einer sogenannten klinischen Phase-3-Studie mit 242 Betroffenen bestehen. Alle Patienten, die an der Untersuchung teilnahmen, leiden unter rheumatoider Arthritis, einer chronischen Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Abwehrsystem die Innenhaut der Gelenke und sogar Organe angreift. Das kann zu Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und schließlich zu irreversiblen Versteifungen der Gelenke und Organschäden führen.

Nach Ansicht Traceys ist der Vagusnerv ein entscheidender Angriffspunkt, um fehlgeleitete Reaktionen des Immunsystems, wie sie für Autoimmunkrankheiten wie rheumatoider Arthritis typisch sind, rückgängig zu machen. Seine Forschungen haben maßgeblich zur Neuroimmunologie beigetragen, einem interdisziplinären Fachgebiet, bei dem sich Neurologie und Immunologie überschneiden. Es beschäftigt sich mit der Diagnose und Therapie von Entzündungen und Autoimmunerkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems sowie der Muskulatur.

Aktivierung nur einmal am Tag

Der neue Neuroschrittmacher, der direkt mit dem Vagusnerv verbunden wird, sendet einmal pro Tag einen Impuls, um ihn zu stimulieren. Auf diese Weise sollen entzündungshemmende Stoffe vom Körper freigesetzt werden. Programmiert wird das Implantat per Bluetooth mit einem iPad. Es könne bis zu zehn Jahre lang automatisch elektrische Impulse abgeben, schreibt "NewScientist" dazu.

Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmenden lag bei 56 Jahren, 86 Prozent waren weiblich und alle litten im Schnitt seit 12 Jahren unter mittelschwerer bis schwerer rheumatoider Arthritis mit durchschnittlich 15 schmerzempfindlichen und 10 geschwollenen Gelenken. Verschiedene Therapien schlugen bei den Betroffenen nicht gut an oder wurden nicht gut vertragen. Bei allen Probanden und Probandinnen wurden die Implantate am Hals eingesetzt, aber nur bei der Hälfte wurden die Geräte auch aktiviert.

Bei der Auswertung der Daten zeigte sich, dass es nach 12 Wochen bei 35,2 Prozent derjenigen mit aktiviertem Gerät zu einer messbaren Verbesserung der Beschwerden um 20 Prozent gekommen war. "Die Idee, einen sicheren Computerchip anstelle teurer, kaum wirksamer Medikamente mit schweren Nebenwirkungen zu verwenden, dürfte für viele Patienten eine attraktive Option sein", sagt Tracey laut "NewScientist". Das Gerät wurde von der Firma SetPoint Medical entwickelt, dem US-amerikanischen Gesundheitstechnologieunternehmen, das er vor etwa zwei Jahrzehnten mit begründete.

Weitere Anwendungen werden geprüft

Die Ergebnisse der Untersuchung konnten auch die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA überzeugen. Sie ließ das Gerät als erstes seiner Art zum Einsatz bei einer Autoimmunerkrankung zu. Dieser Schritt könnte auch den Weg für weitere Anwendungen, die im Zusammenhang mit der Stimulation des Vagusnervs stehen, ebnen, darunter Herzinsuffizienz, Diabetes und sogar neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson. Das Gerät von SetPoint Medical kommt aktuell in klinischen Tests bei Multipler Sklerose und entzündlichen Darmerkrankungen zum Einsatz. Ob es sich auch in diesen Bereichen bewährt, muss abgewartet werden.

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden auf dem Jahreskongress der European Alliance of Associations for Rheumatology in Barcelona und in der Fachzeitschrift "Annals of the Rheumatic Diseases" vorgestellt.

Quelle: ntv.de

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