
Bei diesem Zukunftsentwurf für Berlin gliedert sich der Verkehr harmonisch ins Stadtbild ein.
(Foto: LAVA)
Staus, Smog, überfüllte Busse und U-Bahnen kennzeichnen die Mobilität in den heutigen Metropolen. Angesichts einer wachsenden Stadtbevölkerung dürften die Probleme zunehmen. Bei der Suche nach Lösungen mangelt es nicht an kreativen Vorschlägen. Auch Fahrräder könnten eine Rolle spielen.
Aufregend und visionär sieht die Fortbewegung durch die Stadt der Zukunft aus – zumindest in Filmen. In "Minority Report" fahren Autos die Wände der Wolkenkratzer hoch, in "Das fünfte Element" schweben sie gleich auf mehreren Ebenen durch die Megacities. Doch die fliegenden Autos lassen auf sich warten. Während die Informationstechnik sich rasant entwickelt, kriecht die Mobilität wie eine Schnecke in Richtung Zukunft.
Deutlich zu sehen ist das in den Städten, wo die Beförderung von Menschen zunehmend an ihre Grenzen stößt. Autos stauen sich auf den großen Zufahrtsstraßen, die Parkplatzsuche wird zum Geduldsspiel. Auch öffentliche Verkehrsmittel sind überfüllt und nehmen viel Zeit in Anspruch. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Arthur D. Little befindet sich bei der Mehrheit der 66 untersuchten Weltmetropolen die Mobilität in einem "Krisenzustand". Wobei deutsche Großstädte wie München und Berlin noch zu den am besten aufgestellten gehören.
Das Verkehrschaos dürfte auch künftig nicht geringer werden: Bis zum Jahr 2050 nimmt laut Uno die städtische Bevölkerung deutlich zu und wächst von heute 3,5 auf dann mehr als sechs Milliarden Menschen an. Die Fortbewegung dieser Menschenmassen würde sich dementsprechend weiter in die Städte verlagern - und sich innerhalb der kommenden 35 Jahre etwa verdreifachen.
Eine ökologische Wüstenstadt will auf Autos verzichten

Vollautomatisch soll das PRT in Masdar City die Menschen transportieren.
(Foto: picture alliance / dpa)
Es müssen also neue Konzepte her. An Ideen mangelt es nicht. Auf der arabischen Halbinsel existiert eine mögliche Antwort auf die Frage, wie Menschen sich in urbanen Räumen fortbewegen könnten: das Cabinentaxi oder auch PRT (Personal Rapid Transit). Für die derzeit entstehende "Ökostadt" Masdar City in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist das System als Verkehrsmittel im großen Stil angedacht und soll den urbanen Raum aus dem Würgegriff des Autoverkehrs befreien. Es handelt sich dabei um fahrerlose Kabinen für bis zu vier Personen. Über ein unterirdisches Wegenetz sollen die Fahrgäste auf magnetifizierten Spuren automatisch gesteuert zu ihrem Wunschziel transportiert werden.
Tausende dieser automatischen Kabinen sollen auf programmierten Routen bis zu hundert Stationen anfahren. Fast 150.000 Fahrten am Tag sind geplant, damit Masdar eine autofreie Stadt werden kann. Und eine CO2-neutrale: Strom für die Elektromotoren der Kabinen soll komplett aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Die Finanzkrise jedoch setzte dem Milliardenprojekt Masdar City gewaltig zu. Über ein Pilotprojekt mit zehn Personen-Kabinen ist das visionäre Transportsystem bis heute nicht hinausgekommen. Eine Variante des PRT ist im Londoner Flughafen Heathrow in Betrieb. Auch im südkoreanischen Suncheon verkehrt seit April vergangenes Jahr ein Cabinentaxi – beide Anlagen verfügen jedoch nur über eine kleine Zahl von Stationen.
Dem Konzept PRT bleibt der Durchbruch verwehrt

Der SkyTran ist eine Variante des PRT. Mit ihm sollen die Fahrgäste über den Verkehr der Städte schweben.
(Foto: www.skytran.com)
Immer wieder taucht das Konzept PRT in abgewandelten Formen als vermeintliche Lösung für die Verkehrsprobleme von Großstädten auf. So etwa will das US-Unternehmen SkyTran in der israelischen Metropole Tel Aviv ab 2016 eine magnetische Variante auf hohen Stelzentrassen errichten. Bei dem System SkySmart der Firma Shweeb wiederum handelt es sich um Gondeln, die per Muskelkraft angetrieben werden und ebenfalls an Trassen hängend von Station zu Station fahren.
Doch PRT hat es bisher schwer, sich durchzusetzen - trotz einiger unbestreitbarer Vorteile: Der Bedarf an kostbaren Flächen für parkende Autos in den Städten wird drastisch reduziert. Zudem ist der Transport energieeffzienter als mit Autos und gleichzeitig abgasfrei. Allerdings kann es auch beim PRT zu Staus an stark frequentierten Haltestellen kommen. Und ob die bisher entworfenen Systeme tatsächlich die Kapazität aufbringen, die Straßen spürbar zu entlasten, ist fraglich. Auch müsste in bestehenden Städten eine entsprechende Infrastruktur, etwa Hochtrassen, gebaut werden - was nicht nur teuer ist, sondern auch bei manchen Bewohnern auf Ablehnung stoßen dürfte.
Möglicherweise aber mausert sich dieses System durch die Hintertür zum städtischen Fortbewegungsmittel der Zukunft - in einer abgewandelten Variante: dem Roboter-Taxi. Grundlage dafür ist das autonome Fahrzeug, um das sich in den vergangenen Jahren ein regelrechter Hype entwickelt hat. Kaum ein namhafter Autohersteller, der nicht bereits in den Wettlauf um das erste einsatzfähige selbstfahrende Auto eingestiegen ist. Auch bisher branchenfremde Anbieter spielen mit - so will Google bereits 2017 ein selbstfahrendes Auto in den USA auf den Markt bringen. Und Mitte des Jahres gaben die japanischen Unternehmen Dena und ZMP bekannt, gemeinsam fahrerlose Taxis und Busse entwickeln zu wollen.
Roboter-Taxis vermindern CO2-Ausstoß

Die japanischen Unternehmen Dana und ZMP wollen mit dem "Robot Taxi" den Verkehr in den Innenstädten revolutionieren.
(Foto: REUTERS)
Diese Entwicklung bietet für den städtischen Verkehr der Zukunft ungeahnte Möglichkeiten. So könnten ganze Flotten selbstfahrender Taxis die Bevölkerung der Städte befördern und das private Auto mehr und mehr überflüssig werden lassen. Das autonome Taxi könnte bequem per Smartphone "herbeigepfiffen" werden. Man lässt sich zum gewünschten Ziel transportieren und steigt wieder aus. Das Auto reiht sich danach wieder in eine Art Cloud aus vielen Roboter-Taxis ein, die durch die Stadt zirkulieren.
Die weiteren Vorzüge der Roboter-Taxis ähneln denen von PRT. So ist der Transport für die Einzelperson vermutlich günstiger als mit dem Privatauto: Laut einer Studie des Earth Institutes in Columbia wäre eine Kostenreduktion pro gefahrener Meile um 75 Prozent möglich. Dies resultiert vor allem aus einer besseren Auslastung der Fahrzeuge. Aus Sicht der Benutzer würden zudem die Kosten für einen Parkplatz sowie die eingesetzte Zeit für die Suche danach wegfallen. Gleichzeitig müssten weniger der knappen Flächen in der Stadt für Parkplätze vorgehalten werden.
Zu guter Letzt könnten mit Roboter-Taxis laut einer Studie zweier US-Wissenschaftler die CO2-Emissionen um bis zu 94 Prozent reduziert werden. Der gewaltige Vorteil der Roboter-Taxis gegenüber dem PRT wäre, dass keine eigene Infrastruktur gebaut werden müsste, denn die fahrerlosen Wagen würden einfach die bestehenden Straßen nutzen.
Ohne Fahrrad ist die Mobilität der Zukunft kaum denkbar
Bevor es soweit ist, setzen die meisten Forscher bei der Mobilität der Zukunft vor allem auf Bewährtes: die optimierte Nutzung der bestehenden Verkehrsmittel. "Multimodalität" lautet das Stichwort, also die Kombination verschiedener Fortbewegungsmittel. Dabei könnte die sich so rasant entwickelnde Informationstechnik eine Schlüsselrolle einnehmen. Denn nur mit Informationen über Verkehrslage und Verfügbarkeit unterschiedlicher Verkehrsmittel kann der optimal Weg berechnet und vom Stadtbewohner per Smartphone abgerufen werden. Zur Auswahl stehen dann das private Auto oder Fahrrad, öffentliche Nahverkehrsmittel, Carsharing und Bikesharing sowie das Zufußgehen – oder jeweils die günstigste Kombination dieser Alternativen.
Dem Fahrrad weisen manche Städteplaner dabei eine besondere Rolle zu. Kein Wunder, es ist schmal und leicht, beansprucht also weniger Fläche und benötigt auch keine aufwendige Infrastruktur. Zudem schont es die Umwelt und ist CO2-neutral. Für Europas größte Metropole London etwa wurden bereits schwimmende Fahrradstrecken auf der Themse ins Spiel gebracht oder hunderte Kilometer Fahrradautobahnen auf Stelzen. Auf diesen könnten die Bewohner Londons auf dem Weg zur Arbeit einfach über Staus hinwegradeln. Vorbild dafür könnte die frisch eingeweihte Fahrrad-Schnellverbindung Cykelslangen in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen sein – die dänische Hauptstadt gilt übrigens zusammen mit Amsterdam als eine der fahrradfreundlichsten Städte überhaupt. In den kommenden Jahren sollen aber vor allem in London mit mehr als einer Milliarde Euro Radwege ausgebaut und das Radfahren gefördert werden. Auch Paris schickt sich an, fahrradfreundlicher zu werden: Millioneninvestitionen sollen den Anteil der Radverkehrs verdreifachen.
Quelle: ntv.de