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Krisen, Krankheiten, Todesfälle So kann man im Alter Tiefs überwinden

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Auch wenn die Zipperlein oder andere Schwierigkeiten sich im Alter häufen - es sei nie zu spät, sich wieder zu erholen, schließen die Wissenschaftlerinnen in ihrer Studie .

Auch wenn die Zipperlein oder andere Schwierigkeiten sich im Alter häufen - es sei nie zu spät, sich wieder zu erholen, schließen die Wissenschaftlerinnen in ihrer Studie .

(Foto: picture alliance/dpa)

Oft häufen sich mit zunehmendem Alter die gesundheitlichen Probleme oder andere belastende Situationen. Das ist schwer zu verkraften. Doch ein Forschungsteam macht Hoffnung: Der Weg zurück zum Wohlbefinden gelinge oft. Was ist für die Widerstandskraft älterer Menschen entscheidend?

Eine schlimme Krankheit oder eine psychisch belastende Phase - solche Krisen können einer Studie zufolge auch Ältere noch gut überwinden. Auch im Alter sei ein Rückgang des Wohlbefindens nicht unumkehrbar, betont ein Forschungsduo nach der Analyse kanadischer Daten im Fachjournal "PLOS One". Vielfach lässt sich der Lebensweg älterer Menschen, die mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, demnach gezielt verbessern.

"Es ist unglaublich ermutigend, zu sehen, dass viele ältere Menschen mit der richtigen Unterstützung und Lebensweise ihre volle Gesundheit, ihr Glück und ihre Unabhängigkeit zurückgewinnen können - selbst nach schweren gesundheitlichen Problemen", sagte Erstautorin Mabel Ho von der Universität Toronto.

Als optimales Gesamtwohlbefinden werten Ho und Esme Fuller-Thomson, ebenfalls von der Universität Toronto, eine Kombination aus körperlichem, psychischem/emotionalem, sozialem und selbst eingeschätztem Wohlbefinden, unabhängig von chronischen Erkrankungen und körperlichen Behinderungen.

Neuer Studienansatz

Vorangegangene Studien hätten gezeigt, dass dafür Lebensstilfaktoren wie körperliche Aktivität, ein gesundes Körpergewicht, die Vermeidung von Schlafproblemen, Nichtrauchen und die Teilnahme an sozialen Aktivitäten entscheidend sind. Bisher gebe es aber wenig Analysen dazu, wie sich aufgrund gesundheitlicher oder psychischer Probleme verlorenes Wohlbefinden wiedererlangen lasse.

Ho und Fuller-Thomson untersuchten nun Daten einer kanadischen Längsschnittstudie zum Altern, bei der die Teilnehmenden mindestens 20 Jahre lang oder bis zu ihrem Tod alle drei Jahre an einer Umfrage teilnehmen. Berücksichtigt wurden mehr als 8000 ältere Erwachsene, die zu Beginn die Kriterien für optimales Wohlbefinden nicht erfüllten. Drei Jahre darauf, als die einbezogenen Menschen mindestens 60 Jahre alt waren, wurde ihre Situation erneut bewertet.

Vier Kriterien wurden für den jeweiligen Status geprüft: Beim körperlichen Wohlbefinden ging es zum Beispiel um einschränkende Schmerzen oder Beschwerden, beim psychischen/emotionalen darum, keine Angstzustände, Depressionen, Belastungsstörungen oder Gedächtnisprobleme sowie nie oder nur manchmal depressive Gefühle zu haben.

Dritter Punkt war das soziale Wohlbefinden: jemanden zu haben, der in einer Krise Ratschläge gibt, Liebe und Zuneigung zeigt oder dem man sich anvertrauen kann. Das selbst bewertete Wohlbefinden, also die eigene Einschätzung zum Alterungsprozess sowie zur körperlichen und geistigen Gesundheit, wurde als viertes Kriterium verwendet, um das Wohlbefinden einzustufen.

Zurück zu supergut - das ist möglich

Fast ein Viertel der Erwachsenen ab 60 Jahren, die anfangs über ein schlechtes Gesamtwohlbefinden berichteten, erreichte demnach innerhalb von drei Jahren wieder ein optimales. Es sei nie zu spät, sich wieder zu erholen, schließen die Wissenschaftlerinnen. Positiv wirkte sich der Analyse zufolge zum Beispiel aus, verheiratet, körperlich aktiv, Nichtraucher und nicht fettleibig zu sein. Auch ein Einkommen über der Armutsgrenze und das Fehlen bestimmter Krankheiten wie Diabetes hatten Einfluss. Zudem trug zur positiven Entwicklung bei, wenn das soziale Umfeld gut bewertet wurde.

Das Leben könne auch nach schwierigen Zeiten noch erfüllend sein, sagte Ho. "Eine gute Gesundheit ist wichtig, aber ebenso wichtig sind die Menschen, der Sinn und die Freude, die wir in unserem Leben haben." Teilnehmer mit psychischem und emotionalem Wohlbefinden zu Studienbeginn erlangten am ehesten ein optimales Gesamtwohlbefinden wieder - fast fünfmal häufiger als diejenigen, die das zu Beginn der Studie nicht hatten.

In der Summe unterstrichen die Ergebnisse den Wert eines aktiven und gesunden Lebensstils, die Bedeutung von Prävention und Behandlung chronischer Krankheiten - und vor allem, wie wichtig es ist, das psychische, emotionale und soziale Wohlbefinden zu fördern. Das subjektive Befinden - insbesondere Lebenszufriedenheit, Glücksgefühle und Lebenssinn - sei ein entscheidender Faktor für eine optimale Gesundheit im Alter.

Medizin konzentriert sich auf körperliche Gebrechen

"Das krankheitsorientierte medizinische System konzentriert sich häufig auf die Diagnose und Behandlung spezifischer Krankheiten und vernachlässigt dabei den breiteren Kontext der Gesundheit und des Wohlbefindens älterer Menschen, insbesondere in den Bereichen des psychischen und des sozialen Wohlbefindens", heißt es von den Forscherinnen.

Kontraproduktiv sei auch, dass das Alter häufig negativ wahrgenommen und Altern mit Verschlechterung in Verbindung gebracht werde, erläutern sie. Stereotypen sorgten für eine übermäßige Angst vor dem Altern oder Älterwerden. Altersdiskriminierende Erfahrungen wiederum wirkten sich nachweislich negativ auf die Gesundheit aus und führten zu einem erhöhten Risiko für Abhängigkeit, Krankheiten und einer langsameren Genesung.

Nötig ist ein anderer Blick aufs Alter

In der Summe gebe es also eine Reihe möglicher Ansatzpunkte, die Widerstandsfähigkeit älterer Menschen zu stärken und ihnen zu ermöglichen, nach Schwierigkeiten wieder ein optimales Wohlbefinden zu erlangen. "Dies ist nicht nur eine Geschichte über Resilienz - es ist auch ein Fahrplan dafür, wie wir mehr älteren Menschen helfen können, sich zu erholen und gut zu fühlen", sagte Ho.

Die Gesellschaft müsse sich stärker auf die Stärken älterer Menschen und nicht ihre Einschränkungen konzentrieren, fordern die Expertinnen. "Wir möchten mit dieser Studie die Sichtweise der Gesellschaft auf das Altern verändern", so Ho. "Mit dem richtigen Umfeld, den richtigen Ressourcen und der richtigen Unterstützung überleben ältere Menschen nicht nur, nachdem sie mit Gesundheits- oder Wohlbefindensproblemen zu kämpfen hatten - sie blühen auf."

Einschränkend geben die beiden Forscherinnen unter anderem zu bedenken, dass Kanadier freien Zugang zu medizinisch notwendigen Leistungen haben und sich die Ergebnisse möglicherweise nicht auf Länder übertragen lassen, in denen Patienten für Gesundheitsleistungen bezahlen müssen.

Quelle: ntv.de, Annett Stein, dpa

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