Achtung bei ImpfungenTattoofarben beeinträchtigen Arbeit des Immunsystems

Tätowierungen sind ein Teil des Selbstausdrucks und der Identität. Die Farben, die unter die Haut gestochen werden, könnten jedoch auch Einfluss auf das Immunsystem haben. Das zeigen zumindest aktuelle Versuche an Nagern.
Tätowieren kann einer Studie zufolge das Immunsystem beeinflussen. Ein Teil der Tattoo-Pigmente sammelt sich in Lymphknoten an und schädigt dort Immunzellen, wie ein europäisches Forschungsteam anhand von Mäuse-Versuchen berichtet. Auch zwei Monate nach der Tätowierung seien noch Folgen in den Lymphknoten nachweisbar, schreibt das Team in den "Proceedings" der US-nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS").
In Deutschland hat etwa jeder fünfte Erwachsene nach eigenen Angaben ein Tattoo, wie aus einer Yougov-Umfrage im Auftrag der dpa im Jahr 2022 hervorging. Beim Tätowieren werden Farbpigmente und diverse Zusatzstoffe in die mittlere Hautschicht (Dermis) eingebracht. Mit der Körperflüssigkeit, der Lymphe, gelangt der Studie zufolge ein Teil bis zum nächstgelegenen Lymphknoten, einige Partikel noch zu weiteren.
Farbpigmente bleiben lange in Lymphknoten
Im Zuge von Tätowierungen seien schon lange vergrößerte Lymphknoten beobachtet worden, schreibt das Team um Santiago González vom Institute for Research in Biomedicine (IRB) in Bellinzona (Schweiz). Frühere Studien hätten zudem gezeigt, dass die Fresszellen des Immunsystems (Makrophagen) diese Pigmente aufnehmen. "Obwohl empfohlen wird, Impfungen auf frisch tätowierter Haut zu vermeiden, gibt es keine spezifischen Studien, die den Einfluss von Tätowierungen auf die Impfwirksamkeit ... untersucht haben", heißt es in der Studie.
Das Team wählte drei der am häufigsten verwendeten Tattoo-Farben - Schwarz, Rot und Grün - von einem der weltweiten Anbieter. Ein Teil der in die Pfoten der Mäuse injizierten Pigmente sammelte sich in den Lymphknoten der Kniekehlen an, die innerhalb von 24 Stunden größer wurden. Die Forscher beobachten zudem eine kurzfristige und eine langfristige Entzündungsreaktion.
Zunächst nahmen der Studie zufolge vor allem die Fresszellen in den Lymphknoten die Pigmente auf. Die Zahl der Fresszellen stieg. Sie bauten die Tinte jedoch nicht ab, wie sie es bei Krankheitserregern tun würden. Stattdessen starben die Fresszellen ab.
Zudem bildeten sich in den Lymphknoten Entzündungen: Die Zahl anderer Immunzellen stieg rasch an und auch die von Zytokinen - das sind Botenstoffe, die etwa bei Entzündungen eine Rolle spielen. Bei einigen Arten von Immunzellen und Zytokinen waren die Zahlen auch in einer Messung nach zwei Monaten noch erhöht. Verschiedene Studien am Menschen hätten Tintenpigmente in den Lymphknoten noch Jahre nach dem Tätowieren nachgewiesen, schreibt das Team.
Andere Studien haben den Autoren zufolge chronische Entzündungen bereits mit mehreren Erkrankungen, darunter Krebs, in Verbindung gebracht. Eine aktuelle Analyse habe einen Zusammenhang zwischen Tätowierungen und einem erhöhten Risiko für einen Krebs im Lymphsystem bestätigt. Auch hier seien weitere Studien nötig, betonen die Forschenden.
Tattoos beeinflussen Reaktion auf Impfungen
Tätowierungen haben zudem Auswirkungen auf Impfungen, die in deren Nähe verabreicht werden: Nach einer mRNA-Impfung gegen Covid zeigten tätowierte Mäuse eine geringere Produktion von Antikörpern und des Spike-Proteins der Coronaviren, das gewöhnlich das Immunsystem aktiviert. Dagegen wurde die Immunantwort auf einen Grippeimpfstoff verstärkt. Zukünftige Studien am Menschen seien notwendig, um solche Reaktionen genauer zu erforschen, schreibt das Team.
"Trotz der zunehmenden Verbreitung von Tätowierungen ist die Regulierung von Tattoo-Tinten weniger streng als die in der Pharmaindustrie oder von anderen Produkten, die für die Anwendung am Menschen bestimmt sind", schreibt das Team. Tätowierfarben bestehen aus Lösungsmitteln, Konservierungsmitteln, Zusatzstoffen und den unlöslichen Farbpartikeln. Daher seien weitere Analysen erforderlich, um die Sicherheit von Tätowierfarben zu verbessern.
Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom Mai gibt es bisher keine Positivliste mit gesundheitlich unbedenklichen Farben. Es mangele an aussagekräftigen wissenschaftlichen Daten und Testmethoden. Wirkungen auf die Gesundheit könnten sofort nach dem Tätowieren, Wochen oder Jahre danach auftreten. "Die überwiegende Mehrheit der Komplikationen sind lokale Hautreizungen oder allergische Hautreaktionen", schreibt das BfR. Viele Fragen im Zusammenhang mit gesundheitlichen Risiken durch Tätowierungen und Tätowiermittel seien allerdings bisher noch ungeklärt.