Studie untersucht Zusammenhang Tattoos könnten Krebsrisiko deutlich erhöhen
29.05.2024, 18:06 Uhr Artikel anhören
Die Tinte unter der Haut kann Infektionen, Fremdkörperreaktionen und Allergien auslösen. Aber auch Krebs?
(Foto: picture alliance / Hans Lucas)
Manche wollen durch sie ihre Persönlichkeit darstellen, andere finden sie einfach cool und für einige sind sie lediglich eine Jugendsünde: Tattoos. Die unter die Haut gestochenen Bilder werden immer beliebter. Doch ist die Körperkunst auch ein Gesundheitsrisiko? Eine neue Studie liefert dafür erste Hinweise.
Ob Tribale, Anker oder das Porträt des Liebsten - Tattoos werden immer beliebter. In Deutschland hat sich Umfragen zufolge fast jede(r) Dritte schon einmal unter die Tätowiernadel gelegt. Eine neue Studie, die im Fachmagazin "eClinical Medicine" veröffentlicht wurde, zeigt nun: Tattoos könnten gefährlicher sein als bisher angenommen.
Frühere Forschungsarbeiten lieferten zwar bereits Hinweise auf mögliche Risiken wie Infektionen und allergische Reaktionen. Das Wissen über langfristige gesundheitliche Auswirkungen der Körperkunst ist bislang jedoch gering. Ein Team der schwedischen Universität Lund hat daher einen möglichen Zusammenhang zwischen dem weltweiten Anstieg der Popularität von Tätowierungen und einem weitgehend unerklärlichen Anstieg der Häufigkeit von Lymphdrüsenkrebs (malignes Lymphom) untersucht.
Für ihre Studie werteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten von 11.905 Probanden aus, darunter 2938 Personen im Alter von 20 bis 60 Jahren, die an Lymphomen erkrankt waren. Von diesen waren 21 Prozent tätowiert, verglichen mit 18 Prozent in der Kontrollgruppe ohne Lymphom. Das Ergebnis: "Nach Berücksichtigung anderer relevanter Faktoren wie Rauchen und Alter stellten wir fest, dass das Risiko, an einem Lymphom zu erkranken, bei denjenigen, die tätowiert waren, um 21 Prozent höher war", schreiben die Autorinnen und Autoren.
"Das Bild ist komplexer, als wir dachten"
Über die Ursache kann das Team nur spekulieren. Interessant dabei ist jedoch, dass die Größe der Tätowierung offenbar keine Rolle spielt. "Wir wissen noch nicht, warum dies der Fall war. Man kann nur spekulieren, dass eine Tätowierung, unabhängig von ihrer Größe, eine niedriggradige Entzündung im Körper auslöst, die wiederum Krebs auslösen kann", heißt es in einer Mitteilung der Universität. "Das Bild ist komplexer, als wir zunächst dachten."
Die meisten Menschen lassen sich nach Anhaben des Forschungsteams in jungen Jahren zum ersten Mal tätowieren. Das bedeute, dass sie einen großen Teil ihres Lebens der Tätowiertinte in ihrer Haut ausgesetzt sind. Frühere Untersuchungen hatte bereits gezeigt, dass Farbpigmente und toxische Stoffe als winzige Partikel durch den Körper wandern. "Wir wissen, dass, wenn die Tätowiertinte in die Haut injiziert wird, der Körper dies als etwas Fremdes interpretiert, das dort nicht hingehört, und das Immunsystem aktiviert wird", sagt Studienautorin Christel Nielsen laut Mitteilung. "Ein großer Teil der Tinte wird von der Haut weg zu den Lymphknoten transportiert, wo sie sich ablagert."
Kein Grund zur Panik
Tätowierte Menschen müssen jedoch nicht in Panik verfallen, beruhigen Experten. "Es wäre falsch zu sagen, dass wer tätowiert ist, bekommt mit 20 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit diese Lymphtumore", sagt Toxikologe Jan G. Hengstler im Gespräch mit ntv/RTL. Die Studie liefere zwar Hinweise, aber eine eindeutige Aussage könne man dadurch nicht treffen. Grund seien statistische Unsicherheiten. So könnten trotz Berücksichtigung einiger Variablen, darunter Alter und Rauchverhalten der Probanden, andere wichtige Faktoren für ein erhöhtes Krebsrisiko wie etwa genetische Prädispositionen oder andere Umwelteinflüsse nicht ausgeschlossen werden.
Und auch die Autorinnen und Autoren betonen, dass sie lediglich einen Zusammenhang und keine Kausalität nachweisen konnten. Dafür bedürfe es weiterer Untersuchungen. Ihr Ziel sei es zudem nicht, Menschen von Tattoos abzubringen, sondern nur ein sicheres Verfahren zu gewährleisten. "Für den Einzelnen ist es gut zu wissen, dass Tätowierungen die Gesundheit beeinträchtigen können und man sich an seinen Arzt wenden sollte, wenn man Symptome verspürt, von denen man glaubt, dass sie mit der Tätowierung zusammenhängen könnten", resümiert das Forschungsteam.
Verbot von Chemikalien und Pigmenten
Ob Tattoos krebserregend sind, beschäftigt die Wissenschaft bereits seit Langem. Einen eindeutigen Beweis gibt es bislang nicht. Chronische Krankheiten wie Krebs treten oft erst viele Jahre nach einer bestimmten Einwirkung auf. Deshalb können Fachleute sie nur schwer mit Tätowierungen in Verbindung bringen. Fakt ist allerdings, dass die Tinte unter der Haut Infektionen, Fremdkörperreaktionen und Allergien auslösen kann. Diese können laut Bundesamt für Risikobewertung (BFR) direkt nach dem Stechen auftreten.
Inzwischen sind rund 4000 Chemikalien in Tattoo-Farben in der EU verboten worden. Zuletzt wurden unter anderem die Pigmente "Blau 15:3" und "Grün 7" aus dem Verkehr genommen. Sie waren auch in vielen Mischfarben enthalten. Die Tätowierflüssigkeit besteht außerdem aus weiteren Inhaltsstoffen wie Konservierungs- oder Verdickungsmitteln. Über die Langzeitwirkungen ist grundsätzlich wenig bekannt. Es fehlt an Studien.
Quelle: ntv.de