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Kaum noch Bären in der Wildnis Weniger Inzucht bei Pandas in Gefangenschaft

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Pandaweibchen Meng Meng in ihrem Gehege im Zoo Berlin - sie hat kürzlich Zwillinge geboren, in Gefangenschaft.

Pandaweibchen Meng Meng in ihrem Gehege im Zoo Berlin - sie hat kürzlich Zwillinge geboren, in Gefangenschaft.

(Foto: picture alliance/dpa)

Zoos und Tierparks weltweit kooperieren bei Zuchtprogrammen, um gefährdete Tierarten zu bewahren - etwa bei Pandas. Die Tierhaltung in Zoos wird aber auch kritisiert. Nun zeigt eine große Erbgut-Untersuchung: Bei in Gefangenschaft lebenden Pandas ist Inzucht seltener als bei ihren wild lebenden Artgenossen.

Bei in Gefangenschaft lebenden Pandas gibt es weniger Inzucht als bei ihren in Freiheit lebenden Artgenossen. Zu diesem Ergebnis kommt eine chinesisch-dänische Forschungsgruppe, welche das Erbgut Hunderter Pandabären entschlüsselt und darauf basierend eine umfassende Genomkarte erstellt hat. Diese Karte könnte helfen, die noch bestehenden, wild lebenden Populationen zu schützen, berichtet das Team im Fachblatt "PNAS".

Am 23. August verkündete der Berliner Zoo bei X: "Sie sind da!" Panda-Dame Meng Meng habe am Tag zuvor Zwillinge und damit zum zweiten Mal Nachwuchs bekommen. Schlagzeilen wie diese freuen nicht nur Fans der tollpatschigen Riesen - sie sind auch wichtig im Kontext der internationalen Erhaltungsmaßnahmen: Denn der Große Panda (Ailuropoda melanoleuca) gilt immer noch als gefährdet, obwohl die Zahl der in freier Wildbahn lebenden Tiere in den letzten Jahren gestiegen ist.

Internationale Zuchtprogramme für bedrohte Tierarten

Um den Bestand der beliebten Bären zu sichern, kooperiert China seit den 1990er Jahren mit mehreren Zoos weltweit, an welche Pandas ausgeliehen werden. Ähnliche Programme gibt es auch für andere bedrohte Tierarten: So koordiniert etwa der Europäische Dachverband für Zoologische Gärten die Erhaltungszucht und Wiederansiedlung des bedrohten Europäischen Wisents, andere Zuchtprojekte von Zoos bewahren das Przewalski-Pferd oder den Sumatra-Tiger.

Die Zusammenarbeit der chinesischen Regierung mit Zoos rund um den Globus hat allerdings auch eine politische Dimension, sodass von Panda-Diplomatie gesprochen wird. Darüber hinaus betreibt China in Chengdu eine Forschungsstation mit aufwendigem Zuchtprogramm und bemüht sich darum, in Gefangenschaft geborene Tiere auszuwildern.

Schrumpfende Verbreitungsgebiete

Der Lebensraum der in China beheimateten Pandas ist durch zunehmende Fragmentierung bedroht. Straßen und Schienen zerschneiden ihre Verbreitungsgebiete, die durch landwirtschaftliche Nutzflächen schrumpfen. Inzwischen gibt es 33 relativ isolierte Teilpopulationen in den Bergwäldern von sechs Gebirgszügen in den Provinzen Sichuan, Shaanxi und Gansu, schreibt eine Gruppe unter Leitung von Forschenden der Universität von Kopenhagen und der Zhejiang-Universität.

Das Team sequenzierte die Genome von 74 in Gefangenschaft lebenden und 538 wild lebenden Großen Pandas aus sechs Gebirgszügen. Auf diese Weise entstand eine hochauflösende Karte der genomischen Variationen bei den Tieren, die mehr als 20 Millionen Varianten enthält.

Eine derartige Karte ist wichtig, weil sie Aufschluss über verschiedene Populationsrisiken gibt - zum Beispiel mit Blick auf gefährliche Mutationen im Erbgut der Bären. Je isolierter eine Population ist und je weniger genetischer Austausch stattfindet, umso größer wird dieses Risiko.

Kartiertes genetisches Risiko

Tatsächlich stellte die Forschungsgruppe fest, dass das geschätzte Ausmaß an Inzucht und schädlichen Mutationen bei den in Gefangenschaft lebenden Individuen im Vergleich zu den Wildpopulationen geringer war. Das passt zu den sorgfältig geplanten Paarungen des chinesischen Zuchtprogramms, bei dem darauf geachtet wird, dass die Elterntiere nicht zu eng miteinander verwandt sind.

Dabei ist die Befruchtung der Bambus fressenden Tiere ohnehin schon eine Herausforderung: Pandas sind nur einmal im Jahr für etwa 72 Stunden bereit zur Empfängnis. Die Tragzeit beträgt in der Regel drei bis sechs Monate. "Pandas haben einen sehr ungewöhnlichen Fortpflanzungsmechanismus", erklärt Tierarzt Thomas Hildebrandt, der die Abteilung Reproduktionsmanagement am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin leitet. Zum einen nistet sich das Baby - oder die Babys, wie in etwa der Hälfte der Fälle - lange nicht ein. Und wenn es sich in die Gebärmutterschleimhaut eingenistet hat, ist die Phase des Wachstums in der Gebärmutter sehr kurz.

Neben der Vermeidung von Inzucht ist allerdings bei der Zucht von Pandas auch wichtig, dass der genetische Hintergrund der Tiere nicht zu unterschiedlich ist. "Die Freilassung von in Gefangenschaft lebenden Individuen mit einem genetischen Hintergrund, der dem der Empfängerpopulation ähnelt, scheint eine vorteilhafte genetische Rettungsstrategie für die Erholung der wild lebenden Pandabären-Bestände zu sein", schreiben die Autorinnen und Autoren dazu. Ihre hochauflösende Karte könnte bei der Erstellung präziser Leitlinien zur Erhaltung des Großen Pandas helfen.

Quelle: ntv.de, Alice Lanzke, dpa

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