Einfacher Faktor gibt Auskunft Wer zu wenig trinkt, hat doppelt Stress
26.08.2025, 18:08 Uhr Artikel anhören
Ein guter Flüssigkeitshaushalt hilft auch bei der Stressbewältigung.
(Foto: IMAGO/Addictive Stock)
Wasser gehört zum Leben. Viele Menschen trinken über den Tag hinweg jedoch zu wenig. Vor allem bei Stress ist das kontraproduktiv, wie eine aktuelle Untersuchung zeigt.
Wer langfristig zu wenig trinkt, kann Stresssituationen deutlich schwerer bewältigen als Personen, die ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Forschenden der John Moores University in Liverpool. Die damit verbundene übertriebene Ausschüttung von Cortisol könnte langfristig ungesund sein, schreibt das Team um Daniel Sean Kashi und Neil Walsh im "Journal of Applied Physiology".
Die Forschenden suchten in einer nationalen Datenbank nach passenden Personen. Sie gewannen für ihre Untersuchung gesunde junge Erwachsene, von denen 16 zu den gewohnheitsmäßig wenig Trinkenden zählten. Sie gaben an, täglich weniger als 1,5 Liter zu trinken. Ihnen wurden 16 weitere Personen gegenübergestellt, die zu den gewohnheitsmäßig viel Trinkenden gezählt werden konnten. Diese Personen gaben an, täglich mehr als 2,5 Liter Flüssigkeit täglich zu sich zu nehmen.
Stresstest im Labor
Alle Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen sollten für eine Woche ihr Trinkverhalten beibehalten und wurden dann zum Stresstest ins Labor geladen. Die Aufgaben waren Kopfrechnen und Reden während eines simulierten Vorstellungsgesprächs. Vorab zeigte sich bei den Teilnehmenden aus beiden Gruppen Nervosität mit einem Anstieg der Herzfrequenz.
Das Forschungsteam maß neben dem Flüssigkeitshaushalt in Blut und Urin auch die Cortisolspiegel im Speichel aller Studienprobanden. Dabei zeigte sich in der Gruppe mit geringer Flüssigkeitszufuhr ein deutlich höherer Anstieg des Stresshormons als in der Gruppe der Personen mit hoher Flüssigkeitszufuhr.
"Cortisol ist das wichtigste Stresshormon des Körpers und eine übertriebene Cortisol-Reaktivität auf Stress ist mit einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten, Diabetes und Depressionen verbunden", sagt Neil Walsh laut Uni-Mitteilung. Die Forschenden betonten, dass die Personen in der Gruppe mit geringer Flüssigkeitszufuhr keinen größeren Durst im Vergleich zu denen mit hoher Flüssigkeitszufuhr hatten. Das sei ein Hinweis dafür, dass Durst allein kein zuverlässiges Körpersignal für fehlende Flüssigkeit sei.
Hormone regulieren Wasserhaushalt und Stress
Die Forschenden erklärten außerdem, wie zu einer Stressverstärkung durch Dehydration kommt. Der menschliche Körper besitzt ein hochentwickeltes System des Wassermanagements. Befinde sich insgesamt zu wenig Wasser im Körper, schütte das Gehirn das Hormon Vasopressin aus, das ein Signal an die Nieren sende, Wasser zu sparen, so das Team laut Mitteilung. Ziel dieser Aktion ist es, das Blutvolumen im Körper aufrechtzuerhalten.
Vasopressin wirke jedoch nicht nur auf die Nieren, sondern beeinflusse gleichzeitig das Stressreaktionssystem im Gehirn, das wiederum die Ausschüttung von Cortisol erhöhen könne. Eine Doppelbelastung im Körper tritt auf. Hält diese langfristig an, wird man nicht nur stressanfälliger, sondern setzt auch seine Gesundheit aufs Spiel.
Der Teufelskreis kann nur durch eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme unterbrochen werden. Doch wie viel muss man dafür trinken? Die benötigte Flüssigkeitsmenge ist individuell verschieden und hängt von mehreren Faktoren wie Alter, Aktivitätsniveau und Umgebungstemperatur ab. In den meisten Leitfäden wird der Flüssigkeitsbedarf von Männern mit zweieinhalb Litern und der von Frauen mit zwei Litern pro Tag angegeben. Wobei man hier auch Kaffee, Tee und alle wasserreichen Lebensmittel einbezieht.
Auf dem Klo mal genauer hinschauen
Doch genaues Abmessen oder Mitrechnen muss gar nicht sein, denn es gibt eine einfache Methode, um jederzeit selbst zu überprüfen, ob man genug getrunken hat - oder eben nicht. Die Farbe des Urins verrät bei gesunden Menschen, wie es um den Wasserhaushalt im Körper steht. Hellgelb weist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr hin, dunklere Gelbtöne dagegen auf eine unzureichende Flüssigkeitszufuhr. In diesen Fällen sollte man unbedingt zu Wasser greifen. Doch bringt ein Hinunterstürzen von großen Mengen nicht so viel, denn entscheidender beim Aufrechterhalten des Flüssigkeitshaushalts sei Beständigkeit statt Perfektion, schreiben die Autoren.
Die Forschenden sind sich im Klaren darüber, dass Wassertrinken nicht das Allheilmittel gegen Stress darstellt. Sie betonen aber auch, dass eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ein neuer, wichtiger Punkt auf der Liste der Lebensstilfaktoren ist, die die Stressresistenz beeinflussen. Wasser(-trinken) reiht sich damit neben Schlaf, Bewegung, soziale Kontakte und Ernährung ein.
"Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr kann dem Körper helfen, Stress besser zu bewältigen", sagt Kashi. "Wenn Sie beispielsweise wissen, dass Sie einen stressigen Terminplan haben, vielleicht eine Deadline bevorsteht oder Sie eine Rede halten müssen, kann es eine gute Angewohnheit sein, eine Wasserflasche in der Nähe zu haben. Das kann sich positiv auf die langfristige Gesundheit auswirken."
Quelle: ntv.de, jaz