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"Tatort: Warum" Marmorkuchen statt Prinzessinnentorte

Ob sie sich wohl auch die Frage nach dem "Warum" stellen? Kommissarin Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel, l.) und Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid).

Ob sie sich wohl auch die Frage nach dem "Warum" stellen? Kommissarin Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel, l.) und Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid).

(Foto: BR / Hager Moss Film GmbH / Hagen Kelle)

Trauernde Eltern, die Freundin am Boden zerstört, ein Mord (fast) ohne Motiv und ein Big Name als Mörder - alles schon mal gehört? In der Tat. Ein wenig mehr Pfiff hätte Voss und Ringelhahn in Nürnberg gut zu Gesicht gestanden.

Manchmal reicht der Klick mit den richtigen Begriffen in der Google-Suche, dann schreibt sich allein aus den Ergebnissen fast schon eine eigene Geschichte. Zwei der aufgeladensten Treffer, wenn man "Tatort" und "Warum" eingibt: "Warum ist der Tatort so schlecht?" und "Wo kann ich mich über den Tatort beschweren?". Insbesondere letzteres wäre wirklich mal eine interessante Frage, oder vielmehr eine köstliche Vorstellung. Irgendwo sitzt da ein armer Tropf von der ARD, in einer dieser mit Paneele ausgekleideten Amtsstuben, einer ehemaligen Drehkulisse womöglich, durch die früher Manne Krug oder Karin Anselm schlurften, und wartet auf wütende Anrufer.

Nach einem "Tatort" wie dem an diesem Sonntag bimmelt es vielleicht schon um 21.45 Uhr. Klaus Doldinger ist noch am Grooven, der letzte Akkord der Schlussmelodie kaum verhallt, irgendwo rückt sich Anne Will das Chasuble für die Anmoderation zurecht, da hagelt es schon Fragen über Fragen. Vielleicht nicht unbedingt jene danach, warum der "Tatort" denn, siehe oben, so schlecht ist. Weil … schlecht war er ja nun wirklich nicht. Vielleicht stattdessen die Frage, warum das Ding im letzten Drittel denn so vollends Richtung Klischee wegpröttelt - böse Industrielle, rachsüchtige Eltern, an Sinn und Verstand zweifelnde Kommissare - und dabei nicht den Hauch eines "Ach, das hätte ich ja nun wirklich nicht erwartet" aufzubieten hat.

An der Erfahrung und am Können der Macherinnen und Macher wird es nicht liegen, das "Gründungsteam" um Regisseur Max Färberböck vereint die volle Routine auf sich. Oder ist es vielleicht gerade das? Demokratie statt Kunst, Konsens statt Wagnis, Old School statt New Wave? Dramaturgisch ist am Ende alles dort, wo es hingehört, aber richtig britzeln tut es nicht, die Zutaten so ein bisschen wie eine Backmischung, alles bestens austariert, aber eben Marmorkuchen statt, sagen wir mal, schwedische Prinzessinnentorte. Irgendwie ganz lecker, aber raffiniert geht anders.

Eine Regel, so alt wie die Krimiwelt

Das Rezept: Dem Mordopfer wird am besten kein ihn umgebendes Motiv ins Stammbuch geschrieben, fassungslosen Eltern möglichst lange Sprechpausen zwischen dem wenigen Gewisperten verabreicht, ein guter Kommissar braucht hin und wieder eine Ich-häng-alles-an-den-Nagel-Sinnkrise und wenn Vattern schon so zertrauert ausschaut, als hätte nicht nur ein Altersheim, sondern gleich Walter Matthau persönlich in seinem Gesicht geschlafen, dann platzt dem Typen am Ende garantiert die Hutschnur.

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Bleibt die Sache mit dem Täter, und da reicht ein Blick auf die Credits, um wie Wickie mit dem Finger vor der Nase zu schnipsen: Natürlich war es am Ende der gute Götz Otto, Bond-Bösewicht, Wasserwellen-Beau und kompetenter Kinn-Träger. Eine Regel, so alt wie die Krimiwelt, aus einer Zeit, da hat Lindenbergs Udo noch das Intro getrommelt: Der Mörder ist nicht der Gärtner, sondern der Star. Also, Stars sind sie ja irgendwie alle, aber Sie wissen schon, was gemeint ist. Taucht abseits des Casts mit den üblichen Verdächtigen ein etwas strahlkräftigerer Name auf, kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der oder die etwas auf dem Kerbholz hat. Curd Jürgens früher, Karoline Eichhorn später, Götz Otto diesmal - und da von Florian Bartholomäi weit und breit nichts zu sehen war, blieb ja sonst keiner übrig.

Bleibt die Frage nach dem "Warum?", die wir an dieser Stelle auch nicht zufriedenstellend beantworten können. Nur jene nach dem "Wann?", die können wir auflösen: Nächsten Sonntag wieder. 20.15 Uhr.

Quelle: ntv.de

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