Politik

Der Kriegstag im Überblick Mariupol steht kurz vor dem Fall - Nehammer wenig optimistisch nach Putin-Treffen

Russische Truppen und Kämpfer der Separatistengebiete haben Mariupol fast vollständig erobert.

Russische Truppen und Kämpfer der Separatistengebiete haben Mariupol fast vollständig erobert.

(Foto: picture alliance/dpa/TASS)

Die russischen Truppen bereitet sich im Osten der Ukraine auf eine Großoffensive vor, große Teile der nach Belarus zurückgezogenen Einheiten seien auf dem Weg in den Osten. Im Süden sind die verbliebenen ukrainischen Kämpfer auf verlorenem Posten. Mariupol ist fast vollständig in der Hand russischer Truppen. Österreichs Kanzler Nehammer ist nach seinem Treffen mit Wladimir Putin skeptisch, dass eine Chance auf ein Ende der Kriegshandlungen besteht. Die Europäische Union kann sich nicht auf ein Ölembargo einigen, will aber die Militärhilfe der Ukraine aufstocken. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock fordert derweil mehr schwere Waffen für die Ukraine. Die könnte der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall liefern.

Mariupol: Nur noch wenige Verteidiger mit wenig Munition

Die direkten Kampfhandlungen in der Ukraine beschränken sich derzeit hauptsächlich auf die Hafenstadt Mariupol. Dort seien nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vermutlich Zehntausende Menschen getötet worden. Die verbliebenen ukrainischen Streitkräfte bereiten sich nach eigenen Angaben auf eine "letzte Schlacht" um Mariupol vor. "Heute wird wahrscheinlich die letzte Schlacht sein, da die Munition zur Neige geht", erklärte die 36. Marinebrigade der ukrainischen Streitkräfte auf Facebook. Die Soldaten seien von der russischen Armee "zurückgedrängt" und "umzingelt" worden. Die Eroberung werde "den Tod für einige von uns und Gefangenschaft für den Rest" bedeuten.

Im Laufe des Tages sollen Truppen pro-russischer Separatisten den Hafen der Stadt eingenommen haben, berichten russische Nachrichtenagenturen. Die ukrainischen Verteidiger, ihre Zahl gaben die pro-russischen Separatisten mit 1500 bis 3000 Kämpfern an, hätten sich in den Stahlwerken Asowstal und Asovmach verschanzt.

Darüber hinaus wird weiterhin die großangelegte Offensive der russischen Truppe im Osten der Ukraine erwartet. Nach Angaben verschiedener westlicher Geheimdienste wird ein Teil der russischen Truppen, die sich zuvor nach Belarus zurückgezogen hatten, nun nach Osten verlegt, um dort die Offensiven rund um die Stadt Isjum und auf die Stadt Charkiw zu verstärken.

Nehammer trifft Putin

Als erster EU-Regierungschef reist der österreichische Kanzler Karl Nehammer zu Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Moskau. Die Ergebnisse sind aus seiner Sicht aber eher ernüchternd, wenngleich die Gespräche sehr direkt, offen und hart geführt worden seien. Er habe die schweren Kriegsverbrechen in Butscha und anderen Orten angesprochen und deutlich gemacht, dass an der Sanktionsschraube gedreht werde, solange Menschen in der Ukraine sterben. Er habe zudem Fluchtkorridore für die ukrainische Zivilbevölkerung gefordert. "Ich habe generell keinen optimistischen Eindruck, den ich Ihnen mitbringen kann von diesem Gespräch mit Präsident Putin", resümiert der österreichische Kanzler. Offensichtlich werde eine Offensive "massiv vorbereitet".

Auch innerhalb der Europäischen Union gehen die Gespräche über den Umgang mit der russischen Invasion weiter. Nach Ansicht von Außenministerin Annalena Baerbock brauche die Ukraine schnell mehr militärische Unterstützung, um sich gegen russische Angriffe verteidigen zu können. "Was klar ist: Die Ukraine braucht weiteres militärisches Material, vor allem schwere Waffen", sagte die Grünen-Politikerin vor dem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. "Jetzt ist keine Zeit für Ausreden", fügte sie hinzu. Parallel wolle die EU die Militärhilfe für die Ukraine auf 1,5 Milliarden Euro aufstocken. Das teilte der Außenbeauftragte Josep Borrell während des Treffens mit.

Ein deutscher Rüstungskonzern könnte hierbei eine Rolle spielen. Rheinmetall bietet die Lieferung von Panzern des Typs Leopard 1 an die Ukraine an. "Der erste Leopard 1 könnte in sechs Wochen geliefert werden", zitiert das "Handelsblatt" Vorstandschef Armin Papperger. Voraussetzung dafür sei eine Zustimmung der Bundesregierung. Rheinmetall könnte bis zu 50 Leopard 1 an die Streitkräfte der Ukraine liefern, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Papperger. Es handle sich um Altbestände anderer Armeen, die gebrauchtes Gerät häufig an die Lieferanten zurückgäben.

EU uneins über Ölembargo

Kein Vorankommen gibt es dagegen bei einem möglichen Embargo russischen Öls. Die EU-Außenminister haben nur eine allgemeine Diskussion geführt, sagt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem Treffen der Minister in Luxemburg. Er betont jedoch mit Blick auf weitere Sanktionen gegen Russland wegen der Invasion in die Ukraine: "Nichts ist vom Tisch, einschließlich Sanktionen gegen Öl und Gas." Die OPEC gibt unterdessen zu bedenken, dass sie einen möglichen Ausfall der Lieferungen von russischem Öl nicht ausgleichen, wie in einem Redemanuskript von OPEC-Generalsekretär Mohammed Barkindo ersichtlich wird. Die von Saudi-Arabien angeführte OPEC arbeitet in der Gruppe OPEC+ eng mit Russland zusammen.

Ungeachtet der Streitfrage rund ums Öl gibt es weitere Sanktionen gegen Russland. So beendet die französische Großbank Société Générale alle ihre Geschäfte in Russland. Dazu gehöre auch der Verkauf der Beteiligung an der russischen Rosbank, teilte die Société Générale mit. Der Schritt werde die Bank 3,1 Milliarden Euro kosten. Die Société Générale bot in Russland auch Versicherungen an. Auf Sardinien wurde derweil eine Villa durch italienische Behörden beschlagnahmt. Die Immobilie ist mehr als 100 Millionen Euro wert und wird mit dem 23-jährigen russischen Rennfahrer Nikita Masepin und dessen Vater, dem Milliardär Dmitri Masepin, in Verbindung gebracht. Beide stehen auf der EU-Sanktionsliste.

Der Krieg hat massiven Einfluss auf die ukrainische Wirtschaft. Nach Schätzungen der Regierung hat sie durch die Invasion russischer Truppen bisher Schäden in Höhe von bis zu einer Billion US-Dollar erlitten. Das sagte der stellvertretende Wirtschaftsminister Olexander Griban bei einer Regierungssitzung. Die Verluste seien schlicht "kolossal", die Aufstellung sei noch nicht vollständig. Die Summe ergebe sich aus Schäden an der Infrastruktur, dem Gesundheitswesen und im Bildungswesen.

Weitere Artikel zum Ukraine-Krieg

Alle weiteren Entwicklungen des Tages können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen