Kündigung von Bausparverträgen Warten auf die Schicksalsentscheidung
25.11.2016, 11:37 Uhr
Der Streit um lukrative Bausparverträge wird final vorm BGH ausgefochten.
Geteiltes Leid ist doppeltes Leid. Zumindest, wenn es ums Thema Bausparen geht. Hier hängen momentan alle Beteiligten in der Luft: Die Gesellschaften, die Kunden – und die Juristen, die beide Seiten beraten.
Spießig, aber effektiv: Mit diesem Schlagwort ließ sich vor nicht allzu langer Zeit noch das Stimmungsbild zum Thema Bausparen in Deutschland beschreiben. Bausparverträge mit Riesterförderung verkauften sich wie geschnitten Brot, Bausparkassen und angehende Eigenheimbesitzer waren zufrieden.
Die anhaltenden Mikro-Zinsen haben dieses Idyll jedoch zerstört. In den vergangenen Jahren mussten immer mehr Gesellschaften feststellen, dass ihre Altkunden lieber die (im Marktvergleich) üppigen Haben-Zinsen von bis zu fünf Prozent mitnahmen, statt ein (im Marktvergleich) viel zu teures Bauspardarlehen anzurufen. Wüstenrot & Co. waren darüber nicht erbaut und sannen auf Methoden, die ungeliebten Kunden loszuwerden.
Zwei Juristen, drei Meinungen

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Ein beliebter Weg: Die Mitteilung der Bausparkasse, dass der Bausparvertrag seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sei und während dieser Zeit ein Darlehensanspruch bestanden habe. Da der Kunde den Kredit aber nun einmal nicht abgerufen habe, so die Argumentation der Gesellschaften, dürfen sie den Vertrag kostenfrei und vorzeitig kündigen. Das sei nur fair – schließlich dürften Verbraucher im umgekehrten Falle auch kündigen. Nämlich dann, wenn sie ein Darlehen mit einer Zinsbindung von mehr als zehn Jahren abgeschlossen haben. In diesem Fall sei es nach Ablauf der Dekade möglich, sich kostenfrei von dem Vertrag loszusagen (vgl. Paragraf 489 BGB).
Es gibt nur ein Problem: Die Rechtsauffassung ist juristisch angreifbar. Noch streiten die Gelehrten, ob die beiden Fälle wirklich vergleichbar sind. Die Klagen zu diesem Thema füllen Bibliotheken.
Eine eindeutige Linie der Rechtsprechung sucht man allerdings vergebens: Einige Gerichte gaben bisher den Bausparkassen recht und andere wiederum den Bausparern. Nun könnte das höchste deutsche Zivilgericht Rechtssicherheit schaffen: Im kommenden Jahr steht eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) an.
Banger Blick nach Karlsruhe
Sollte der BGH gegen die Bausparkassen entscheiden, wird es für die Gesellschaften richtig unangenehm. Darauf, dass es so kommen könnte, deutet ein Urteil von November 2016. Darin untersagte das Gericht den Bausparkassen die Darlehensgebühr und machte klar, dass die schlechte wirtschaftliche Lage der Bausparkassen bei der Rechtsprechung für das allgemeine Geschäftsgebaren keine Rolle spielen darf (Az.: XI ZR 552/15).
Ebenso gut denkbar ist es aber, dass der BGH die Kündigungen erlaubt. Dann werden wir vermutlich Kündigungswellen historischen Ausmaßes erleben. Ob das den Ruf der Bausparkassen verbessert, ist eine andere Frage. Unterstellt man, dass die derzeitige Zinssituation noch einige Jahre andauert, dann werden die Bausparkassen es nicht leichter haben, die neuen Tarife mit noch nicht genau bekannten Zinsätzen zu verkaufen.
Das aber müssen sie. Denn ohne nachwachsende Kundschaft stehen sie mit leeren Händen da, wenn dann die Bauzinsen in einigen Jahren wieder gestiegen sind und viele Bausparer plötzlich ein billiges Bauspardarlehen haben wollen.
Möglicherweise müssen sich Wüstenrot & Co also doch irgendwann einmal Gedanken über ihre eigene Zukunft machen. Ob sie je einen Weg zurück in das Idyll von früher finden, ist jedenfalls mehr als fraglich.
Quelle: ntv.de