
Mats Moukoko!
(Foto: REUTERS)
Alles ist wieder wie immer: Der FC Bayern führt die Fußball-Bundesliga an. Bemerkenswert: Das gelingt ohne Superstürmer Robert Lewandowski. Für den FC Schalke und für den FSV Mainz 05 geht die Horrorserie dagegen weiter. Und auch Herthas Coach Labbadia wartet auf Erlösung.
Die Großen siegen auch ohne ihre Sieggaranten
Der FC Bayern und Borussia Dortmund gewinnen an diesem sechsten Spieltag der Fußball-Bundesliga. Sie fragen sich, warum das eine Erwähnung wert ist? Wo die beiden Klubs doch mit jeweils 15 Punkten auf Platz eins und zwei der Tabelle stehen. Wo sie von sechs Spielen fünf gewinnen konnten. Nun, weil beide Trainer ein erstaunliches Risiko eingingen. Ja, auch wenn sie vermeintlich nur gegen den 1. FC Köln (Bayern) und Aufsteiger Arminia Bielefeld (BVB) spielten. Denn Robert Lewandowski bekam eine Pause verordnet und Erling Haaland musste sie sich wegen Knieproblemen nehmen. Beide Topstürmer standen nicht im Kader. Er habe "Gefallen gefunden" an der Entscheidung, sagte Trainer Hansi Flick über Lewandowski. "Belastungssteuerung" ist jetzt schon das Wort der Saison.
Die Statistik zeigt, dass Lewandowski in Köln fehlte. Nur sieben Torschüsse gaben die Münchner ab, zwei davon gingen rein, so reichte es zum 2:1 gegen den seit nun 16 Spielen sieglosen Effzeh. "Am Ende ist alles gut ausgegangen", sagte Flick. So auch beim BVB, denn da übernahm eine ungewohnte Personalie das Toreschießen: Mats Hummels. Eigentlich Verteidiger, nun "Mats Moukoko Hummels" wie eben die BVB-Sturm-Verheißung Yousouffa Moukoko höchstpersönlich bei Instagram schrieb. Während Hummels beim ersten Tor nach einer Standardsituation kaum noch ausweichen konnte und fast zwangsläufig in die Statistik eingehen musste, köpfte er den zweiten Treffer sehenswert per Aufsetzer ins linke Eck.
Mit nun schon drei Toren in dieser Saison kletterte Hummels auf Platz neun der Torjägerliste. Die freilich Lewandowski anführt - zehn Treffer in fünf gespielten Partien sind unerreicht. Haaland dagegen muss seinen dritten Platz hinter dem verletzten Hoffenheimer Andrej Kramaric nun mit Lucas Alario von Bayer Leverkusen teilen. Auch der kommt auf fünf Tore in fünf Spielen. Wenn die Sieggaranten fehlen, siegen die Großen also trotzdem. Die Souveränität aber fehlt, der absolute Wille zum Toreschießen, die Urgewalt. Das ging so wohl nur gegen die Klubs von Platz 15 und 16.
Gladbach besiegt den RB-Fluch - und mehr
Borussia Mönchengladbach gewinnt 1:0 gegen RB Leipzig. Das klingt erst einmal ziemlich unspektakulär, ist aber eine kleine Sensation. Denn es brauchte neun Versuche, bis die Gladbacher erstmals die Sachsen besiegen konnten. Wobei Trainer Marco Rose sich eines Tricks bemühte - denn es war letztlich die RB-Leihgabe Hannes Wolf, die seinen eigentlichen Arbeitgeber geschlagen heimschickte. Der verstand den Trubel übrigens gar nicht: "Ich sehe mich als Spieler von Borussia Mönchengladbach. Ich wollte etwas beweisen und heute ist der Knoten geplatzt", sagte Wolf nach dem ersten Bundesliga-Tor seiner Karriere, mit dem er Leipzig mal eben von der Tabellenspitze geschossen hatte. Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann nahm es sportlich, dass ausgerechnet Wolf traf und siegte: "Wenn man sich sorgt, dass ein Spieler einen zu einer Niederlage schießt, sollte man ihn vielleicht nicht verleihen."
Es war aber nicht nur der RB-Fluch, dem Wolf ein Ende bereitete. Rose konnte auch wegen gleich zwei weiterer Fakten aufatmen: Erstmals seit dem 8:0-Sieg im DFB-Pokal gegen den FC Oberneuland spielte sein Team zu null, was immerhin sieben Spiele lang nicht gelungen war. Außerdem verbockte es seine Mannschaft nicht noch selbst, indem sie wieder mal ein spätes Gegentor kassierte wie in der Champions League zweimal, gegen Inter Mailand und Real Madrid. Gladbach weiß also jetzt, wie es geht. Das dürfte Rose im Hinblick auf Dienstag (18.55 Uhr im ntv.de-Liveticker), wenn er und sein Team schon wieder in der Königsklasse ran müssen, erleichtern. Es geht schließlich gegen Tabellenführer Schachtar Donezk, die als Einzige in der Gruppe B schon ein Spiel gewinnen konnten. Denn auch das ist ein Fakt, der Gladbach Mut machen sollte: Die Hochkaräter Real Madrid und Inter Mailand leisten sich ebenfalls Schwächen. Mit zwei Unentschieden ist noch alles drin - genauso wie in der Bundesliga, wo das Rose-Team auf Platz fünf kletterte.
Hertha nötigt Labbadia zu Geduldsprobe
Bruno Labbadia steht vor seinem 100. Sieg in der Bundesliga. Schon seit ein paar Wochen, denn seitdem das Jubiläum für den Coach ansteht, hat sein Team das Siegen verlernt. Immerhin gab es nun nach vier Niederlagen wieder mal einen Punkt - ein 1:1 gegen den VfL Wolfsburg. Mit vier Punkten aus sechs Spielen steht Hertha BSC in dieser Saison so schlecht da wie zuletzt im Jahr 2009 - und da folgte der Abstieg. Ziemlich trostlos also - oder? Nicht, wenn es nach Labbadia geht. "Ich bin davon überzeugt, durch meine Erfahrung, dass wenn wir dranbleiben, so wie wir es gemacht haben, werden wir über kurz oder lang mehr Punkte holen." Klar, der Trainer muss das sagen, aber in der Tat gibt es gute Gründe, warum er so überzeugt ist. Weil nämlich sein Team gegen Wolfsburg nicht schlecht spielte - und eigentlich hätte gewinnen müssen. Weil Hertha schon gegen RB Leipzig am Vorspieltag mehr Pech als Glück hatte. Weil das Team allein von den Namen her deutlich weiter oben in der Tabelle mitspielen müsste - aber da wird die Hertha auch Opfer ihrer eigenen Anspruchshaltung. Ein Lichtblick war etwa Matteo Guendouzi, der ab der 57. Minute sein Debüt gab. "Ich finde, dass er unserem Spiel eine Note gebracht hat, die wir brauchen", lobte Labbadia. Wahrscheinlich also, dass der Franzose am kommenden Spieltag wieder ran darf. Und mit einem Sieg beim FC Augsburg könnten die Hertha-Kritiker womöglich (vorerst) verstummen - und Labbadia endlich sein Jubiläum feiern.
Mainz steht am Abgrund
Sechs Spieltage, sechs Niederlagen: Beim 1. FSV Mainz 05 herrscht bereits Endzeitstimmung. So schlecht war vor ihnen nur Fortuna Düsseldorf in der Saison 1991/92 - und stieg am Ende ab. Das Team von Trainer Jan-Moritz Lichte ist aktuell kaum konkurrenzfähig. Zwar ging es gegen den FC Augsburg - mal wieder - in Führung, verlor letztlich aber 1:3. "Es ist verständlich, dass die Jungs nicht vor Selbstvertrauen strotzen, dass wir an Rückschlägen, und wir kriegen relativ viele, zu arbeiten haben", konstatierte Lichte. Deutlicher wurde sein Linksverteidiger, Daniel Brosinski: "Insgesamt war das von den Elf, die da auf dem Platz waren und angefangen haben, nicht bundesligatauglich." Der Beweis: Inkonsequente Defensive, mangelnde Offensive, Spielaufbau schlampig - da reicht es vorn und hinten und in der Mitte nicht.
Einziger Lichtblick: Der nächste Gegner heißt FC Schalke 04. Und hat doch eigentlich den Titel als Liga-Lachnummer gepachtet. "Jetzt ist Schalke daheim und ich glaube, jeder weiß für sich selbst vor der Länderspielpause, was das heißt", sagte denn auch Sportvorstand Rouven Schröder. Die Schalker haben immerhin schon zwei Punkte auf dem Konto, eine Statistik von dem die Mainzer momentan nur träumen können.
Die Liga ist privilegiert - und zum Durchhalten gezwungen
Der Vereinssport wird dichtgemacht, Fitnessstudios und Schwimmhallen geschlossen. Die Corona-Pandemie zwingt das öffentliche Leben weitgehend in die Knie. Wie bereits im März. Anders als damals - es ist gerade einmal acht Monate her - bleibt der Profisport diesmal weitgehend verschont. Nicht ohne Gerede, aber ohne politische Entscheidung. Es dürfen keine Zuschauer mehr in die Stadien, aber daran hatte man sich ja schon fast gewöhnt. Der FC Bayern etwa durfte seit Beginn der Pandemie kein Heimspiel mit Zuschauern austragen. Der BVB fühlte sich trotz des einigermaßen glimpflichen Ausgangs der Corona-Maßnahmen genötigt, einen offenen Brief an seine Fans zu schreiben und darin zu betonen, dass der Profifußball nachweislich kein Pandemietreiber sei. Es sei schwer zu akzeptieren, dass die Politik diese Fakten nicht gewürdigt hätte. Dem setzte die zweite Borussia etwas entgegen. Sportdirektor Max Eber sagte: "Da kann man nicht immer sagen: Die Regierung ist schuld. Wir sind verantwortlich. Jeder Einzelne von uns. Und genau so sehe ich das im Fußball auch." Man müsse nun "einfach mal die Faust in der Tasche" lassen: "Wir haben das verdammt noch mal zu akzeptieren."
Klar, im Stadion verlaufen sich ein paar Tausend Zuschauer schnell, allerdings müssen sie ja auch hin- und wieder wegkommen und die meisten Fans nutzen nun einmal öffentliche Verkehrsmittel. Bus und Bahn, die schnell voll - zu voll? - sind. Und die Teams selbst? Die leben weiter in ihrer Blase, werden aber selbst da Infektionen kaum verhindern können. So eine Blase kann durch einen kleinen Piks platzen. So ein kleiner Piks könnte etwa auch ein Europa-Spiel sein. Eines, in dem die Teilnehmer gezwungen sind, zu reisen - auch in Hochrisiko-Gebiete. Ein Piks mit noch dickerer Nadel sind dann die Länderspiele, bei denen unweigerlich Spieler verschiedener Klubs über mehrere Tage zusammentreffen. So wie in knapp zwei Wochen wieder, wenn der fünfte und sechste Spieltag der Nations League anstehen. Da wird das Privileg der Liga schnell mit einer Durchhalteparole versehen.
Quelle: ntv.de