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Bayern-Boss erhöht den CL-Druck Thomas Tuchel geht aus "Selbstschutz offline"

Thomas Tuchel begegnet dem Druck mit Leichtigkeit.

Thomas Tuchel begegnet dem Druck mit Leichtigkeit.

(Foto: dpa)

Bayern-Trainer Thomas Tuchel setzt darauf, dass seine Mannschaft im Champions-League-Spiel gegen Lazio Rom ein ganz anderes Gesicht zeigen wird als bei der klaren Niederlage gegen Bayer Leverkusen. Details zu System und Aufstellung behält er für sich.

Thomas Tuchel war entspannt. Zwingend zu erwarten war das nicht gewesen. Am vergangenen Samstag war seine Mannschaft im Topspiel der Fußball-Bundesliga in Leverkusen erst von einer abgezockten Bayer-Truppe hergespielt und hernach in den Medien zerrissen worden. Drei Tage später, an diesem Dienstagabend, wirkten die große Demütigung des FC Bayern und die hinterherfliegenden Watschn gut verdaut. Zumindest beim Coach, der "offline" gewesen war. Aus "Selbstschutz". Eine Maßnahme, die er unbedingt weiterempfehlen können.

Tatsächlich will der Trainer nichts von dem mitbekommen haben, was auf den Rekordmeister eingeprasselt war. Schon einmal, ebenfalls nach einer Blamage, im Pokal beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken, hatte er nach eigenen Angaben nichts an sich herangelassen. Lob oder Kritik, das mache immer was mit einem, hatte er gesagt. Etwa in Fragen der Aufstellung und des Systems. Die bekam er vor dem Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League bei Lazio Rom (Mittwoch, 21 Uhr bei DAZN und im Liveticker bei ntv.de) nun natürlich gestellt. Die Antworten, kleiner Spoiler, sind enttäuschend. Weil italienische Teams taktisch von der fuchsigen Seite sind, wolle er "rein gar nichts verraten". Immerhin ließ er durchblicken, dass Thomas Müllers Chancen auf einen Einsatz gut sind.

Die Jokerrolle des Routiniers war erneut eines der großen Themen gewesen, nach dem der FC Bayern mit 0:3 untergegangen war. Mit ihm und Joshua Kimmich saßen zwei Führungsspieler zu Beginn draußen. Die beiden einzigen? Torwart und Kapitän Manuel Neuer, der anders als sein Trainer die Demütigung noch nicht "verdaut" hat, sieht das anders. "Wir haben viele Führungsspieler in den eigenen Reihen", bekannte er, räumte aber auch Probleme ein. "Es ist schon so, dass man mit einer eingespielten Mannschaft und einer gewissen Achse einiges regeln kann." Wenn einer der beiden Anführer fehle, müssten andere ran. "Die, die auf dem Platz standen, sind auch erfahren", sagte Neuer: "Dann müssen Spieler, die nicht in der ersten Reihe stehen, sondern in der zweiten oder dritten, mehr Verantwortung übernehmen und im Sinne der Mannschaft und des Erfolges coachen."

Tuchel "zweifelt nicht an seiner Arbeit"

In dieser Verantwortung steht nun aber in erster Linie wieder Tuchel. Sportdirektor Christop Freund sagte über den Trainer: "Er zweifelt nicht an seiner Arbeit. Er versucht, in Lösungen zu denken." Die braucht er für sehr viele Probleme. Wie gelingt es, Starstürmer Harry Kane wieder besser in die Show zu bekommen? Immerhin darauf scheint eine Antwort gefunden: "Wir haben viel zu wenig steil und diagonal gespielt. Unser Spiel war nur rund um den sehr kompakten Leverkusener Block. Damit in komplett ungefährlichen Räumen", so Tuchel.

Wie gelingt es, Jamal Musiala aus seinem Formtief zu holen? Wie bringt er seinen Spieler wieder den Mut zurück, überzeugt in direkte Duelle zu gehen. Und wie lassen sich Tiefschlafphasen bei Gegentoren verhindern? All diese Probleme waren in Leverkusen in bemerkenswerter Dichte zutage getreten. Ein Schlüssel, vielleicht der wichtigste, dazu, laut Tuchel: "Es wird wichtig sein, dass unser Energielevel auf dem Maximum ist."

"Ich spüre keinen wachsenden Druck"

Nun also in Rom. Die Reise in die italienische Hauptstadt bestreitet der FC Bayern allerdings mit einem schweren Rucksack. "Es fühlt sich an, als wenn wir mit Gewicht spielen", bekannte Tuchel. Und warnte, "nicht komplett in Schutt und Asche zu gehen. Wir sind sehr selbstkritisch, trotzdem dürfen wir uns erlauben, selbstbewusst zu spielen. Es gilt, wieder bereit zu sein und eine Reaktion zu zeigen." Auch für ihn? "Ich spüre keinen wachsenden Druck", behauptete Tuchel. "Der Druck ist ein großes Privileg. Es ist ein sportlicher Druck, das habe ich noch nie anders empfunden. Je stärker die Geräusche werden, desto wichtiger ist es, ruhig zu bleiben."

Das sind durchaus erstaunliche Sätze, denn maximaler könnte der Druck kaum sein. "Ich habe schon am Anfang der Saison gesagt, dass es immer das Ziel des FC Bayern ist, auch das Champions-League-Finale zu erreichen", betonte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen, "das muss unser Anspruch sein." 2013 habe Bayern in London "diesen wunderbaren Triumph gefeiert" gegen Dortmund. "Es wäre doch eine fantastische Sache", meinte Dreesen, wenn der Rekordmeister zum Endspiel am 1. Juni "wieder dorthin fahren" dürfte. Ein erneut frühes Scheitern gegen einen Außenseiter, wie im Pokal (wobei die Außenseiter-Rolle da noch klarer war), dürften ihm die Bosse kaum durchgehen lassen. Schon jetzt ist die Trainerdebatte mächtig angeschoben.

"Selbst wenn Bayern verliert, geht die Sonne auf"

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Denn konstant ist bei den Münchnern in der elfmonatigen Zusammenarbeit mit dem Coach nur die unerklärliche Sprunghaftigkeit, der stete Wechsel zwischen "Ausreißern nach oben und nach unten", wie selbst Tuchel sagte: "Ich bin persönlich nicht zufrieden mit dem Level, auf dem wir spielen - konstant spielen." Einstellung, Wille, Offensiv- und Defensivleistung - in allen Bereichen müssen sich die Bayern in Rom steigern. Müller hatte das in seiner bemerkenswerten Brandherde auf den Tisch gelegt. Dort hatten die Münchner eigentlich ihre Topspiel-Trumpfkarten platzieren wollen. Stattdessen war es ein schlimmer Bluff, der taktisch und personell dem Coach angelastet worden war.

Der "Offline"-Tuchel, der davon ja nichts mitbekommen haben dürfte, begegnete dem Gerede mit Leichtigkeit und überraschend guter Laune. "Selbst wenn Bayern München verliert, geht die Sonne wieder auf", sagte er. "Auch wenn man es nicht glauben mag."

Quelle: ntv.de, tno

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