Nur Hasan stresst das DFB-Glück Hochdruckgebiet "Hansi"
07.10.2021, 19:09 Uhr
Die Menschen in Deutschland haben offenbar wieder Spaß an der Nationalmannschaft gefunden. Das Spiel gegen Rumänien am Freitagabend ist ausverkauft (unter Corona-Einschränkungen). Der Mann, der den Menschen die Freude wiedergibt, heißt Hansi Flick. Und der ist gut drauf.
Hansi Flick wird diesen Hasan Salihamidžić verdammt nochmal nicht los. Hansi Flick und dieser Hasan Salihamidžić, man erinnert sich mit Schrecken, waren beim FC Bayern die ganz großen Rivalen. Dabei hätten sie eigentlich zusammenarbeiten sollen. Und müssen. Aber das klappte so gar nicht. Denn es ging um die Hoheit in der Kaderplanung des Rekordmeisters. Der Eine (Flick) wollte arg mehr Einfluss. Der Andere (Salihamidžić) wollte davon nichts abgeben. Dieser Dissens führte im Sommer zur Trennung und den Trainer zum Deutschen Fußball-Bund. Dort ist er nun der Bundes-Flick.
Natürlich hat er in dieser Rolle sehr viel mit dem FC Bayern zu tun. Das ist die beste Mannschaft des Landes. Und dort spielen viele Fußballer, die wichtig für Deutschland sind. Aber nur weil Flick weiter im Kontakt mit dem FC Bayern ist, muss es ja nicht zwingend um den Sportvorstand gehen. Der aber hatte sich zuletzt gewundert. Und das über den Trainer. Auch, wenn er den nicht direkt ansprach. Der Mann aus München fand es komisch, dass der angeschlagene Dortmunder Marco Reus vorzeitig von der Nationalmannschaft abreisen durfte. Für Spieler des Rekordmeisters wähnte Salihamidžić solche Privilegien nicht immer. Seine Stichelei kam nicht gut an. Die Borussen bellten, er sollte die "Klappe halten". Was Flick von der subtilen Attacke hielt, das war nicht klar - bislang.
Denn nun, wo er bei seinem zweiten Lehrgang der Nationalmannschaft, erstmals zur Medienrunde kam, sagte er etwas dazu. Nicht aus freien Stücken heraus. Er war gefragt worden. "Wir haben einen Mannschaftsarzt, der ja auch der Mannschaftsarzt von Bayern München ist", erinnerte Flick. "Wenn er sagt, dass es nicht geht, finde ich es legitim, dass man den Spieler nach Hause schickt." Bei Thomas Müller sei es ja ähnlich gewesen. Er hätte im September vielleicht im letzten Spiel spielen können, so Flick, "aber auch da war es nicht sicher. Also haben wir ihn zurück nach München geschickt."
Aus Problemen werden Lösungen
Nun war dieser Moment der einzige, der dunkle Wolken über Hamburg aufziehen ließ. Diese waren dann aber schnell wieder verfolgen, als es um das Flick'sche Kerngebiet ging. Das DFB-Team. Das hat der Bammentaler erstaunlich schnell aus der Löw-Lethargie gezogen. Diese bemerkenswerte Qualität hatte er bereits während Rekordmeister nachgewiesen. Dort hatte er nicht nur das arg verunsicherte Ensemble zu einem Erfolgsmonster transformiert, sondern auch Spielern wie Jérôme Boateng und Thomas Müller wieder einen Karriere-Sinn gegeben. Er hatte sie zu Leistungsträgern gemacht. Diese Rolle könnte ihnen auch für Deutschland wieder zufallen. Müller ist bereits dabei, Boateng dagegen noch nicht. Aber zumindest weiß er, dass der Weg zurück nicht völlig verwuchert ist.
Allerdings ist die Lage unterschiedlich. Müller wird seinen Platz finden. Es wird ein prominenter sein. Trotz eines Kai Havertz und des mächtig nachschiebenden Florian Wirtz. Zu wichtig ist der Mann mit seiner undefinierbaren Art des Fußballspielens und als Chef der Themengebiete Kommunikation und Anleitung. Was Terrence Hill für Bud Spencer war, das ist Müller für Flick. Boateng hat diesen Status nicht mehr. Das liegt auch an Antonio Rüdiger und Niklas Süle. Die beiden Innenverteidiger haben eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich und sind derzeit das Beste, was das Land zu bieten hat. Wichtige Ergänzung: Es ist nicht nur das Beste, sondern auch verdammt gut. Und nun gesetzt. Das hat der Bundestrainer verraten. Das ist etwas Besonderes. Denn er sagt solche Dinge nicht gerne.
Wo früher über Probleme geredet wurde, werden jetzt Lösungen präsentiert. "Wir sind auf jeder Position doppelt besetzt. Wir haben die Qual der Wahl. Wir haben eine enorme Qualität im Kader", findet und freut sich Flick. Auch den Positionen der Außenverteidiger bieten sich Thilo Kehrer und der polyvalente Jonas Hofmann an. Aber auch David Raum drängt auf seine Chance. Einzige die Sache mit dem Stoßstürmer, die lässt sich nicht so leicht wegdiskutieren. Denn den gibt es noch nicht auf Top-Niveau. Karim Adeyemi von RB Salzburg könnte der Mann der Wahl werden. Noch ist er es aber nicht. Für Timo Werner könnte das indes gelten. Der Trainer vertraut dem Stürmer, der beim FC Chelsea keine leichte Zeit hat. Ja, in Deutschland werden die Sachen wieder konkret, es geht nicht mehr um Umbruch und so.
Die Rumänen träumen groß
Ein solider Beleg: Das WM-Qualifikationsspiel gegen Rumänien am Freitagabend (20.45 Uhr bei RTL und im Liveticker bei ntv.de) in Hamburg ist ausverkauft. Das war nicht immer so. Allerdings dürfen wegen Corona auch nur 25.000 Zuschauer ins Stadion. Das macht die Sache einfacher. Was gegen diesen Gegner zu erwarten ist? Nun, ein Sieg natürlich. Und eine gute Leistung. In der Mannschaft spürt der Trainer diesen unbändigen Trieb, es besser zu machen als in den vergangenen Jahren. So musste er am Mittwoch sogar das Training abbrechen, weil die Intensität zu hoch war. So heiß waren sie alle. Womöglich erinnerte sie auch irgendjemand an das peinliche 1:5. Das gab es vor 17 Jahren. Allerdings war nur einer der Protagonisten des Freitags involviert. Der rumänische Coach Mirel Radoi. Er orchestrierte das Spiel aus dem Mittelfeld heraus. Entsprechend mutig geht er seine Ziele an: "Wir fahren nach Deutschland, um einen, wenn nicht sogar drei Punkte zu holen."
Vor nicht allzu langer Zeit wäre das vermutlich eine Ansage gewesen, der man Glauben geschenkt hätte. Aber die Zeiten haben sich blitzgeändert. So wie die deutsche Mannschaft zuletzt gespielt hatte, wirkt Rumänien nicht wie eine Nation, die Böses anrichten kann. Die ganz großen Zeiten sind eh vorbei. Zwar spielt mit Ianis immer noch ein Hagi in der Offensive. Der ist allerdings längst nicht so ein internationaler Star wie sein Vater Gheorge einst. Dass man sich in Deutschland nun keine Sorge vor einer Blamage, oder zumindest einer Unannehmlichkeit, macht, das liegt am Hochdruckgebiet "Hansi".
Dass nun allerlei Wetter-Metaphern gezogen werden, das hat sich der DFB selbst anzukreiden. Wobei sie das vermutlich gar nicht tun werden, sie sind ja froh, dass sich die von DFB-Direktor Oliver Bierhoff einst besungenen "dunklen Wolken" endlich verzogen haben. "Man hat das Gefühl", so Bierhoff, "dass die (Wolken) inzwischen verschwunden ist." Und wenn das Wort Aufbruchstimmung nicht so absolut fürchterlich wäre, dann wäre sie nun wohl tatsächlich da. Man spüre einen "positiven Geist" und eine "unheimliche Freude". Dies sei "ein großes Verdienst von Hansi und seinem Team, die diese Euphorie vermitteln", berichtet der DFB-Direktor. Und das Ziel ist ja bereits klar benannt. "Wir wollen zurück an die Weltspitze, da zählt jedes Spiel." Und der Trainer. Der kennt nur (noch) ein Tiefdruckgebiet. Es heißt "Hasan".
Quelle: ntv.de