
Die zwei harmonieren prächtig.
(Foto: IMAGO/Pressinphoto)
In der Bundesliga waren Pierre-Emerick Aubameyang und Ousmane Dembélé prächtige Fußballer - aber auch streikende Problemprofis. Von ihrer besten Seite zeigen sie sich aktuell beim FC Barcelona. Eine wundersame Wandlung, auch für den Klub. Nun muss er bei Eintracht Frankfurt ran.
"Das ist weder für uns gut, noch für ihn." Das sagte Joan Laporta, der Präsident des FC Barcelona, ernüchtert nach Schließen des Winter-Transferfensters. Er sprach über Ousmane Dembélé, den der Klub nicht losgeworden war. Der 24-Jährige werde bis zum Sommer nicht mehr eingesetzt, nachdem er mehrere Wechsel-Offerten, aber auch eine Vertragsverlängerung abgelehnt hatte, so das Versprechen Laportas.
Zwei Monate später ist klar: Doller hätte sich der Präsident nicht irren können. Dembélé, obwohl bereits seit viereinhalb Jahren im Verein, wirkt wie ein Neuzugang. Mit dem tatsächlichen Winter-Neuzugang Pierre-Emerick Aubameyang versteht sich der französische Weltmeister bekanntermaßen blendend und auch mit dem für 55 Millionen Euro gewechselten Ferran Torres harmonieren die beiden - das schlägt sich sportlich nieder.
In den jüngsten sechs Spielen haben die drei zusammen 12 der 19 gefallenen Tore geschossen und 10 Vorlagen gegeben, allein 9 Scorer-Punkte gehen auf das Konto Dembélés. Eine Wahnsinnssteigerung für den Offensivmann, der zuvor für so viel Ärger gesorgt hatte. Neben häufigen Verletzungen, meist an Knie oder Oberschenkel, leistete er sich so viele Disziplinlosigkeiten und absurde Gehaltsforderungen, dass Barça ihn bereits suspendiert hatte. Ihm war ein Wechsel zunächst nahegelegt, dann als alternativlos in Aussicht gestellt worden.
"Ich habe gesagt, du sollst bleiben"
Nun ist alles anders. Für den Franzosen ist sogar eine Vertragsverlängerung drin, laut Berichten gab es bereits Treffen zwischen seinem Berater und dem Verein. Xavi betonte, dass es dabei auf den Offensivmann ankomme. Der Coach stellte zuletzt klar, dass "er einen Unterschied macht, er gibt uns Hilfestellungen, in unserer Spielweise ist er sehr wichtig für die Art und Weise, wie ich spielen will, denn er ist sehr gut im Eins-gegen-Eins." Auch Aubameyang will, dass Dembélé verlängert: "Ich habe gesagt, du sollst bleiben", berichtete er.
Seit die Chaos-Kumpels aus Zeiten bei Borussia Dortmund im selben Team spielen, zeigt Dembélé wieder, warum Barcelona ihn 2017 für 150 Millionen Euro nach Wochen des Streiks vom BVB verpflichtete. Es hätte dem Klub eine Warnung sein können, dass Dembélé nicht eben einfach zu händeln ist. Ausgestattet mit irre viel Können, aber eben auch mit Flausen und sturem Kopf. Die beiden waren mit dem BVB Vizemeister und Pokalsieger 2017 geworden, doch der wochenlange Trainingsboykott hat seine Spuren hinterlassen. Dass auch Aubameyang ein halbes Jahr später beim BVB das Training schwänzte und unerlaubt ins Ausland reiste, war ein Ausblick auf weitere Eskapaden.
Dass der Gabuner überhaupt zum FC Barcelona kam, war nur einem erneuten Eklat zu verdanken. Beim FC Arsenal war der 32-Jährige als Kapitän in die Saison gegangen, doch ein Vorbild scheint er nicht immer gewesen zu sein. Der Ärger entlud sich Mitte Dezember, als ihn Trainer Mikel Arteta suspendierte. Es ging nichts mehr zwischen den Parteien, der Klub löste den Vertrag des Unruhestifters auf. Plötzlich musste ein neuer Klub her, Barça holte ihn "eine Minute" vor Schließung des Transferfensters, wie Laporta sagte.
Statt für Chaos und Streit, sorgen die beiden zusammen nun für fußballerischen Hochgenuss. 4:0 besiegte der FC Barcelona Ende März den Erzfeind Real Madrid in dessen Stadion, eine Schmach für den Tabellenführer, ein Wahnsinnsspiel der drei. Zwei Tore von Aubameyang nach Vorlagen von Dembélé und Torres, dazu eine Vorlage für den Treffer von Torres. Dembélé legte dazu noch das Tor von Ronald Araujo vor und traf nach Vorlage von Torres selbst.
Sogar eine Absicherung ist da
Aubameyang als Mittelstürmer, Dembélé rechts und Torres, den Trainer Xavi von rechtsaußen nach links beorderte - da hat sich ein gefährliches Offensivtrio gefunden. Das klubimmanente Kurzpass- und Ballbesitzspiel, das Xavi mittlerweile gekonnt verknüpft mit Phasen, in denen seine Spieler den Gegner locken, Aubameyang hat es verinnerlicht. Immer wieder lässt er sich fallen, bietet Anspielstationen und achtet auf besser postierte Mitspieler. Das Offensivtrio macht sogar Barça-Legende Lionel Messi ein wenig vergessen. Und es gibt ein Backup. Denn Wunderkind Ansu Fati hat seit Ende November wegen einer Oberschenkelverletzung gar nicht spielen können.
Ebenfalls als Offensive im Kader stehen Memphis Depay, der in 21 Ligaspielen in dieser Saison immerhin auch schon auf zehn Tore kommt, sowie Klub-Rückkehrer Adama Traoré. Sie beide müssen sich mit ihren Rollen als Ersatzmänner und Auswechselspieler zufriedengeben. Und in der vordersten Reihe hört die neue Gefahr des FC Barcelona nicht auf. Das Trio weiß Pedri hinter sich. Der 19-Jährige war es, der den Siegtreffer im vergangenen Spiel gegen den FC Sevilla erzielte - nach Vorlage von Dembélé.
"Geschenk, das vom Himmel gefallen ist"
Seit zwei Monaten sind sie "das Geschenk, das vom Himmel gefallen ist", so nennt Xavi Aubameyang und Torres jetzt in Barcelona. Fünf Monate ist ihr Trainer (wieder) im Klub. Ein kurzer Zeitraum, in dem viel passiert ist. Der Pleite-Klub hat den Aufschwung wieder geschafft. Das Lästern über Pleiten, Pech und Pannen ist weitgehend verstummt - weil es sportlich läuft. In der Hinrunde lag Barça mit nur 31 Punkten in 19 Spielen auf Platz fünf der Tabelle, in der Rückrunde haben sie bislang zehn Spiele absolviert, eins weniger als Real Madrid, aber genauso viele Punkte gesammelt wie der Tabellenerste.
"Viele Spieler hier sind kritisiert und abgeurteilt worden", erinnerte Xavi nach dem grandiosen Sieg gegen Real an Zeiten, die gar nicht lang her sind. An die trotzdem nur noch die Tabelle erinnert, denn wenn auch mittlerweile auf Platz zwei gelegen, es fehlen noch immer zwölf Punkte (bei einem Spiel weniger) auf Real.
Und noch etwas erinnert an die dunklen Barça-Zeiten: Dass man international jetzt erst donnerstags spielt. Nur noch in der Europa League. Das Aus in der Gruppenphase der Champions League - unter anderem mit zwei 0:3-Niederlagen gegen den FC Bayern - war im Februar noch mal ein Rückschritt. Oder vielleicht doch einer voraus? Denn in der Europa League kämpft der FC Barcelona um einen Titel, den er noch nie gewonnen hat und von dem der Klub nie dachte, ihn gewinnen zu wollen oder können.
300.000 Ticketanfragen
Ein Verein, der sich wesentlich besser mit diesem Europapokal auskennt, ist Eintracht Frankfurt. Im Viertelfinale treffen Xavi und sein Team nun auf die Hessen, müssen zunächst die Reise nach Deutschland antreten (Donnerstag, 21 Uhr bei RTL, auf RTL+ und im ntv.de-Liveticker). Hinein in ein Stadion mit ekstatischen Eintracht-Fans. Für das Spiel hätte Frankfurt 300.000 Tickets verkaufen können, erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Vollauslastung erlaubt, 51.500 Personen passen rein.
"Die Partie gegen Barcelona ist auf jeden Fall eines der größten Spiele der Eintracht-Historie", sagte Sebastian Rode bei Sport1. "Aber wir hatten auch andere große Spiele. Die Jungs, die vor drei Jahren an der Stamford Bridge gegen Chelsea dabei waren, schwärmen heute noch davon." Es war das Halbfinale, erst im Elfmeterschießen war die Eintracht gescheitert.
"Frankfurt muss die Geilheit, die sie in den vergangenen Europa-League-Spielzeiten gezeigt haben, wieder abrufen", sagt Eintracht-Legende Charly Körbel im Interview mit ntv.de. Schwer wird es gegen das innerhalb weniger Monate wiederbelebte Barça aber auf alle Fälle. Mit den einstigen Chaos-Kumpels, die derzeit nur in der gegnerischen Abwehr für Chaos sorgen.
Quelle: ntv.de