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Krim-Kongo-Erreger in Europa Wie groß ist die Virus-Gefahr für Deutschland?

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Die Hyalomma-Zecke ist bis zu zwei Zentimeter groß und verfolgt ihre Wirte.

Die Hyalomma-Zecke ist bis zu zwei Zentimeter groß und verfolgt ihre Wirte.

(Foto: picture alliance/dpa)

Ein gefährliches Virus breitet sich unbemerkt in Europa aus: Im Süden Frankreichs ist der Krim-Kongo-Erreger laut einer neuen Studie in Nutz- und Wildtieren bereits etabliert. Übertragen wird er durch die Hyalomma-Zecke - ein tropischer Parasit, der inzwischen auch Deutschland erreicht hat.

Lange galt das Krim-Kongo-Fieber als exotische Krankheit, die nur Tiere und Menschen in entfernten Regionen der Erde betrifft. Doch neue Daten zeigen: Das Virus ist längst in Europa angekommen. So wiesen Forschende zuletzt Antikörper gegen den Erreger in Nutz- und Wildtieren in Südfrankreich nach - ein Hinweis darauf, dass das Virus dort bisher unbemerkt zirkuliert. Was bedeutet das nun für Europa und vor allem Deutschland, den direkten Nachbarn von Frankreich? Gibt es Grund zur Sorge?

Das sogenannte Krim-Kongo-Virus ist besonders tückisch: Es kann verschiedene Tiere befallen, die aber eine Infektion in der Regel ohne jegliche Symptome überstehen. Bei Menschen verursacht das Virus hingegen oft hohes Fieber - das Krim-Kongo-Hämorrhagische Fieber (CCHF) - sowie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden und Blutungen. Bis zu 50 Prozent der Infizierten sterben an der Erkrankung, während andere nichts bemerken. Übertragen wird der Erreger durch Zecken, hauptsächlich tropische Hyalomma-Zecken.

Mit einer Länge von bis zu zwei Zentimetern ist diese Zeckenart wesentlich größer als ihre heimischen Verwandten und gilt als besonders aggressiv. Denn anders als die ursprünglich in Europa heimischen Zecken lauert die Hyalomma-Zecke nicht auf Gräsern, sondern verfolgt ihre Wirte aktiv - bis zu 100 Meter weit. Ursprünglich stammen Hyalomma-Zecken aus trockenen Regionen Afrikas und Asiens. Durch den Klimawandel sowie Viehtransporte über längere Strecken kommen sie mittlerweile auch dort vor, wo dies in der Vergangenheit nicht der Fall war - auch in Deutschland. In Südeuropa gelten sie mittlerweile als etabliert.

Vereinzelte Infektionsfälle in Europa

In Deutschland wurde die Hyalomma-Zecke bislang nur vereinzelt nachgewiesen. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) wurden im Jahr 2018 insgesamt nur 19 Hyalomma-Zecken identifiziert. Keines der Tiere trug demnach das Virus in sich. Und auch eine lokale Häufung konnte damals nicht festgestellt werden. Allerdings warnen Experten, dass durch den Klimawandel eine zunehmende Einwanderung auch nach Deutschland denkbar ist. Studien zeigen, dass Hyalomma-Zecken sich bei wärmeren Frühjahrsbedingungen hierzulande besser entwickeln könnten.

Bislang gibt es dem RKI zufolge noch keinen dokumentierten Fall, in dem sich Menschen in Deutschland mit dem Krim-Kongo-Virus angesteckt hätten. Experten stufen das Risiko daher eher als gering ein. Langfristig könnten steigende Durchschnittstemperaturen, heiße Sommer und mildere Winter allerdings Bedingungen schaffen, unter denen Hyalomma-Zecken nicht nur importiert werden, sondern ganzjährig überleben und sich etablieren. Damit steigt auch das Risiko, dass das Virus in einem Tierreservoir heimisch wird und sporadische Infektionen beim Menschen entstehen.

Ein Blick in andere europäische Länder zeigt: Auch dort gibt es bislang nur vereinzelte Infektionen mit dem Krim-Kongo-Virus. Spanien etwa berichtet seit 2013 über mehrere lokal übertragene Fälle. Zuletzt verzeichnete Portugal 2024 einen tödlichen Fall bei einem 80-jährigen Landwirt. Und auch Nordmazedonien meldete im selben Jahr zwei neue Infektionen nach Jahrzehnten ohne einen einzigen Nachweis.

Schutz vor Zecken

Auch wenn es also eher unwahrscheinlich ist, sich in Europa mit dem Krim-Kongo-Virus zu infizieren, ist es dennoch sinnvoll, sich vor Zecken jeglicher Art zu schützen. Denn die Parasiten können auch andere gefährliche Krankheiten wie die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oder Borreliose übertragen. Fachleute raten zu geschlossener, heller Kleidung, die Zecken leichter sichtbar macht, sowie zu Insektenschutzmitteln für Haut und Kleidung. Nach Aufenthalten in Wald und Wiese sollte der Körper gründlich abgesucht werden - denn je schneller eine Zecke entfernt wird, desto geringer ist das Ansteckungsrisiko.

Besonders Menschen, die mit Nutztieren oder Wildtieren arbeiten, gelten als gefährdet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt ihnen, Handschuhe und Schutzkleidung zu tragen und die Tiere regelmäßig auf Zeckenbefall zu kontrollieren.

Langfristig hilft Experten zufolge nur eine bessere Kontrolle. So sehen die Autoren der aktuellen Studie in ihren Ergebnissen ein klares Warnsignal. Man müsse die Ausbreitung von Zecken und Viren in Europa viel besser überwachen, heißt es in ihrer Arbeit. Die Kombination aus wachsender Zeckenpopulation, Klimaerwärmung und fehlendem Schutz für Mensch und Tier mache die Lage besonders riskant.

Quelle: ntv.de

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